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Gastbeitrag

„Logistik ist das Rückgrat unserer vernetzten Wirtschaft“

Dr. Werner Grünewald

Kaspar Filipp ist Gründer und Geschäftsführer von Colonia Technologies GmbH. Das in Köln ansässige Unternehmen hat er gemeinsam mit Alvaro Hurtado und Jakob Sadoun gegründet, mit dem Ziel, die Straßenlogistik nachhaltiger und wettbewerbsfähiger zu machen. Die Verkehrs- und Mobilitätswende ist eine Konstante in seinem Berufsleben: Der studierte Betriebswirt, Volkswirt und Politikwissenschaftler begann seine berufliche Laufbahn bei der Strategieberatung Monitor Deloitte, wo er Automobilhersteller bei der Einführung von e-Fahrzeugen beratend zur Seite stand. Daraufhin unterstütze er den Verein Grüner Wirtschaftsdialog e.V. und dessen Vorstand, den ehemaligen Bundestagabgeordneten Dr. Thomas Gambke beim Aufbau des Fachbereichs „Nachhaltige Automobilindustrie und Mobilität“. Im Interview mit unserem Experten Dr. Werner Grünewald beschreibt Kaspar Filipp die Erfolgsgeschichte seines Unternehmens und zeigt auf, wie Unternehmen im Rahmen der Digitalisierung und mit Unterstützung der Technik eine bessere Auslastung ihrer Fahrzeugflotten generieren können

Können Sie Colonia kurz vorstellen?
Colonia ist ein LogiTech-Startup aus Köln. Wir bringen Logistikunternehmen ins 21. Jahrhundert. Unsere Vision ist es, die gesamte europäische Flotte von Sattelzugmaschinen und Sattelaufliegern in eine dezentrale und digital vernetzte Flotte zu bringen. Der Zugang zum Fahrzeug soll so einfach sein wie das Buchen einer Mitfahrgelegenheit über Uber. Durch unser Sharingmodell machen wir den Straßengüterverkehr nachhaltiger und erhöhen gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit von Logistikunternehmen.

Welches Problem lösen  Sie und wie funktioniert Ihr Geschäftsmodell?
Das typische Logistikunternehmen hat eine sehr unbeständige Nachfrage, sowohl quantitativ als auch qualitativ. Die volatile Auftragslage erfordert somit eine starke Flexibilität. Für jeden Auftrag braucht das Unternehmen nicht nur die richtige Anzahl von Sattelaufliegern und Sattelzugmaschinen – sondern auch die richtige Kategorie an Fahrzeugen.

Auf der einen Seite berichten uns 65 Prozent* aller Logistikunternehmen, dass sie Aufträge verlieren, weil sie keinen einfachen Zugang zum richtigen Fahrzeug haben. Auf der anderen Seite gelingt es einer Mehrheit der Unternehmen nicht, die eigene Flotte auszulasten.

Der Grund: Statt flexibel gebucht zu werden, geht heute noch der große Teil aller Zugmaschinen und Auflieger in Deutschland in den traditionellen Verkauf und steht dann für Jahre in Zeiten niedriger Auslastung ungenutzt auf dem Hof. Das bedeutet ein hohes finanzielles Risiko. Wertvolles Kapital wird gebunden.

Hier kommen wir ins Spiel. Wir bieten unseren Kunden über eine digitale Lösung flexiblen Zugang zum richtigen Fahrzeug, am richtigen Ort, zur richtigen Zeit. Für eine feste monatliche Gebühr ist alles inklusive: von der Versicherung bis zum Pannenservice. Wir arbeiten mit Partnern in ganz Deutschland. So können wir eine große geographische Abdeckung und eine sehr breite Auswahl an Fahrzeugen gewährleisten.

Die sehr hohe Relevanz des Marktes ist dabei eine unserer Antriebskräfte. Logistik ist das Rückgrat unserer vernetzten Wirtschaft: 4,6 Millionen Zugmaschinen und Auflieger** befördern 76%*** aller Güter in Europa.

Wie sind die Idee und das Konzept für das Start-up entstanden?
Wir sind ein vielfältiges Gründerteam: Alvaro Hurtado, ein Programmierer, Jakob Sadoun, ein Betriebswirt und schließlich ich selbst, Politikwissenschaftler und Volkswirt.

Was uns alle eint: Wir haben den größten Teil unserer beruflichen Laufbahn damit verbracht, die Verkehrs- und Logistikwende voranzutreiben. Alvaro in Startups, Jakob in der Strategieberatung und ich in der Beratung und Politik.

Jakob und ich haben vor allem die Corona-Pandemie genutzt, um neue Geschäftsmodelle im Logistiksektor zu testen. Dabei wurde uns deutlich, wie verkrustet und antiquiert der Zugang zu Fahrzeugen ist. Jeder kann ein Auto mit ein paar Klicks buchen. Warum funktioniert das nicht auch für Sattelzugmaschinen und Sattelauflieger? Dieses Problem zu lösen, wurde somit zu unserer neuen Mission und gleichzeitig der Grundstein unserer Geschäftsidee.

Wie habt Ihr die Unternehmensfinanzierung gestemmt?
Mit dem Berliner Wagniskapitalgeber Atlantic Labs tauschen wir uns schon seit längerem über verschiedene Geschäftsmodelle aus. Somit war es keine Überraschung, dass wir uns mit Atlantic sehr schnell auf ein Investment in Colonia geeinigt haben, noch bevor wir die ersten Umsätze generiert haben. Parallel haben wir uns eine Reihe Angel Investoren an Bord geholt. Dabei handelt es sich um erfahrene Gründer und Führungskräfte aus der Startup-Szene, die uns mit Rat und Tat zur Seite stehen. Dafür sind wir sehr dankbar.

Was sind die nächsten Schritte bzw. Meilensteine und wie unterstützt Grant Thornton dabei?
Wir möchten zunächst eine weitere Finanzierungsrunde abschließen, um das Geld in Expansion und Produktentwicklung zu investieren. Bald werden wir erste Elektro-Fahrzeuge anbieten können. Zudem bauen wir eine Flottenmanagement-Software. Wir haben eine fabelhafte Ausgangslage mit tollen Kunden und starkem Umsatzwachstum. Besonders stolz bin ich auf unser fantastisches Team von motivierten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Es ist sehr erfüllend zu sehen, wie sehr sich alle für unsere Vision ins Zeug legen.

Grant Thornton ist für uns an vielen Stellen ein verlässlicher und kompetenter Partner. Das reicht von Beratung in steuerlichen Angelegenheiten bis zu Tipps in der Verhandlung bei M&A Aktivitäten. Der Austausch ist sehr kollegial und offen.

Ich bedanke mich für das Gespräch.

*Quelle: Zielgruppenumfrage Colonia

**Quelle: European trailer market: This time is different | Article | ING Think
https://www.kba.de/DE/Statistik/Fahrzeuge/Bestand/FahrzeugklassenAufbauarten/2019/[…]c=3524712&yearFilter=2019&fromStatistic=3524712&yearFilter=2019 und https://www.acea.auto/files/ACEA-report-vehicles-in-use-europe-2022.pdf  (3 Mio Auflieger + 1,6 Mio Trucks)

***Quelle: Freight transport statistics - modal split - Statistics Explained (europa.eu) (Inland Transport)