Die beschlossene Reform der steuerlichen Außenprüfung erhöht die Mitwirkungspflichten insbesondere grenzüberschreitend tätiger Unternehmen in Deutschland deutlich. Zugleich werden die nationalen Vorlagefristen für Verrechnungspreisdokumentationen vereinheitlicht, mithin für die meisten Fälle von 60 auf künftig 30 Tage verkürzt.
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Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/514 des Rates vom 22. März 2021 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts (kurz: DAC7-Umsetzungsgesetz) wurden die steuerliche Behandlung digitaler Plattformen geregelt und die Reform der steuerlichen Außenprüfung beschlossen. Durch die Reform der steuerlichen Außenprüfung werden sich Mitwirkungspflichten insbesondere grenzüberschreitend tätiger Unternehmen in Deutschland deutlich erhöhen. Zugleich werden die nationalen Vorlagefristen für Verrechnungspreisdokumentationen vereinheitlicht, mithin für die meisten Fälle von 60 auf künftig 30 Tage verkürzt.

Auch für Plattformen ergeben sich künftig vollkommen neue Mitwirkungs- und Meldepflichten. Das Gesetz soll dabei der Umsetzung neuer Regelungen zur Behandlung beziehungsweise der Besteuerung digitaler Plattformen dienen mit dem Ziel, mehr Steuergerechtigkeit zu erreichen und vor allem Finanzbehörden einen besseren Zugang zu Informationen zu ermöglichen, die für eine gleichmäßige und gesetzmäßige Besteuerung erforderlich sind.

Reform der steuerlichen Außenprüfung, Verkürzung der Vorlagefristen für Verrechnungspreisdokumentationen und Meldepflicht für Plattformen

Am 16. Dezember 2022 hat, nachdem der Bundestag bereits am 11. November 2022 zugestimmt hatte, auch der Bundesrat dem DAC-Umsetzungsgesetz zugestimmt.

Im Kern dieses Gesetzes steht die Umsetzung neuer Regelungen zur Behandlung bzw. Besteuerung digitaler Plattformen, mit dem Ziel mehr Steuergerechtigkeit zu erreichen und vor allem Finanzbehörden einen besseren Zugang zu Informationen zu ermöglichen, die für eine gleichmäßige und gesetzmäßige Besteuerung erforderlich sind. Wir informieren Sie nachfolgend über die Kernpunkte des Gesetzes.

Besteuerung digitaler Plattformen: DAC7-Meldepflicht

Im Rahmen des DAC7-Umsetzungsgesetzes wird inländischen Betreibern digitaler Plattformen auferlegt, umfangreiche Informationen über die auf der Plattform vertretenen Anbieter an das Bundeszentralamt für Steuern zu übermitteln. Im Sinne dieses Gesetzes ist eine Plattform „jedes auf digitalen Technologien beruhende System, das es Nutzern ermöglicht, über das Internet mittels einer Software miteinander in Kontakt zu treten und Rechtsgeschäfte abzuschließen“. Vereinfacht handelt es sich hierbei um typische Online-Plattformen, die Inserenten/Anbieter und Konsumenten zusammenbringen („mehrseitige Märkte“). Im Fokus der Meldung stehen Plattformen, über die Rechtsgeschäfte direkt abgeschlossen werden können (zum Beispiel für Übernachtungs- oder Beförderungsleistungen). Ausgenommen von der Meldepflicht sind reine Zahlungsabwickler, Webseiten, die Angebote auflisten („Online Kleinanzeigen“) beziehungsweise Werbeangebote anzeigen, sowie Webseiten, die Fremdangebote anzeigen und Nutzer auf andere Plattformen weiterleiten. Der erste Meldetermin ist der 31. Januar 2024 für den Zeitraum des Kalenderjahres 2023.

Das Gesetz sieht jedoch keine Ausnahme für zentral betriebene Plattformen vor, die ausschließlich von verbundenen Anbietern genutzt werden (zum Beispiel ein „konzerneigener“ Online-Shop). Diese Fälle fallen somit auch unter die DAC7-Meldepflicht.

Verstöße gegen die DAC7-Mitwirkungs- und Meldepflichten können mit einem Bußgeld bis zu 50.000 Euro geahndet werden. Dem Bundeszentralamt für Steuern ist auferlegt, eine technische Möglichkeit für die automatische Übermittlung der Datensätze zu schaffen und die genauen technischen Anforderungen an die automatisierten Datensätze zu veröffentlichen. Analog zur Übermittlung der Country-by-Country Reportings und der DAC6-Meldungen erwarten wir eine technische Lösung über die ELMA5 Massendatenschnittstelle und Übermittlung über das ELSTER/BoP Portal.

Mitwirkungs- und Vorlagepflichten nach § 90 AO

Es werden gezielte Änderungen in der Abgabenordnung (AO) vorgenommen, um zunächst die bisher schon bestehende Beweisvorsorgepflicht Steuerpflichtiger stärker hervorzuheben und zugleich den Ablauf der Außenprüfung zu beschleunigen (siehe hierzu weiter unten). Es ist jedoch zu befürchten, dass aus Verrechnungspreissicht diese Änderungen zu einer weiteren Erhöhung der steuerlichen Mitwirkungs- und Vorlagepflichten grenzüberschreitend tätiger Unternehmen in Deutschland führen.

Die gesetzlichen Änderungen betreffen die Pflicht zur Erstellung einer Verrechnungspreisdokumentation nach § 90 AO. Der bestehende § 90 Absatz 3 AO wird mit Wirkung für Besteuerungszeiträume, die nach dem 31. Dezember 2024 beginnen, teilweise neu gefasst und um zwei Absätze erweitert.

War zuvor die steuerliche Außenprüfung als vorrangiger Anlass, eine Verrechnungspreisdokumentation zu verlangen, explizit genannt worden, entfällt dies nunmehr. Gemäß § 90 Absatz 4 AO-E kann die Betriebsprüfung beziehungsweise die jeweils zuständige Finanzbehörde jederzeit die Vorlage einer Verrechnungspreisdokumentation beziehungsweise entsprechender Aufzeichnungen verlangen. Dies stellt zwar im Grunde keine materielle Neuerung der Rechtslage dar (auch der aktuellen Gesetzeslage folgend können Verrechnungspreisdokumentationen außerhalb einer Außenprüfung, beispielsweise im Rahmen eines Verständigungsverfahrens angefordert werden), jedoch wird der besonderen Beweisvorsorgepflicht des Steuerpflichtigen bei Auslandssachverhalten eine stärkere Bedeutung beigemessen.

Gemäß § 90 Absatz 4 AO-E sind im Falle einer Außenprüfung Aufzeichnungen beziehungsweise Verrechnungspreisdokumentationen ohne gesondertes Verlangen vorzulegen. Das heißt, dass es keiner gesonderten Aufforderung über die Prüfungsanordnung bedarf und Verrechnungspreisdokumentationen beziehungsweise Aufzeichnungen grundsätzlich innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung der Betriebsprüfung zu übergeben beziehungsweise zu übermitteln sind. Wurde bislang auf die Erstellung einer Verrechnungspreisdokumentation verzichtet, da davon ausgegangen wurde, dass diese „ohnehin“ nicht angefordert werden würde, ist die Erstellung nunmehr - bei Vorliegen von Geschäftsbeziehungen zu nahestehenden Personen im Ausland - im Falle einer Außenprüfung obligatorisch beziehungsweise „unvermeidlich“.

Ebenfalls neu geregelt ist, dass die Vorlagefrist aller Aufzeichnungen, das heißt für außergewöhnliche und „gewöhnliche“ Geschäftsvorfälle, künftig einheitlich 30 Tage beträgt; Fristverlängerungen bleiben in begründeten Einzelfällen möglich. Der Verkürzung der Vorlagefrist von 60 auf 30 Tage für die meisten Fälle (das heißt laufende Verrechnungspreisdokumentation) wird damit begründet, dass die insgesamt „unvermeidliche Abgabepflicht in Außenprüfung“ zu einer ohnehin „regelmäßig bereits laufenden Vorbereitung entsprechender Dokumentationen“ führen wird. Auch an dieser Stelle wird die besondere Beweisvorsorgepflicht des Steuerpflichtigen bei Auslandssachverhalten erhöht und die Notwendigkeit der zeitnahen Verrechnungspreisdokumentationserstellung stärker betont.

Es ist zu befürchten, dass die Neuregelung zusätzlichen Aufwand und eine einseitige Pflichtenausweitung zu Lasten des Steuerpflichtigen erzeugt, ohne dass die Verfahrenseffizienz auf Seiten der Finanzbehörden erhöht oder etwaige Antrags- oder Mitwirkungsrechte der Steuerpflichtigen gestärkt werden. So ist es unseres Erachtens fraglich, ob eine Verkürzung der Vorlagefrist um 30 Tage eine spürbare Beschleunigung der Außenprüfung bedingt.

Die automatische Anforderung der Verrechnungspreisdokumentation mit der Prüfungsanfrage macht es erforderlich, dass Steuerpflichtige, die die Erleichterungen nach § 6 der Gewinnabgrenzungsaufzeichnungs-Verordnung (GAufzV) für sich beanspruchen wollen, sehr sicher sein sollten, ob die Voraussetzungen der de-minimis-Regelungen für kleinere und mittlere Unternehmen auch tatsächlich erfüllt sind. Stellt sich im Nachgang heraus, dass die Schwellenwerte gemäß § 6 GAufzV wider Erwarten doch „gerissen“ wurden, wäre die Verrechnungspreisdokumentation ggf. nicht mehr rechtzeitig zu erstellen, sodass die Beweislast auf die Steuerpflichtigen übergeht.

Zeitnahe Betriebsprüfung

Die Neuregelungen sollen daneben die „zeitnahe Betriebsprüfung“ stärken und eine engere Kooperation zwischen Finanzverwaltung und Unternehmen ermöglichen, wobei Betriebsprüfung und Steuerpflichtige stärker in die Pflicht genommen werden sollen. Dabei kann die Betriebsprüfung künftig explizite Prüfungsschwerpunkte benennen, regelmäßige Zwischengespräche mit Steuerpflichtigen anbieten und bindende Teilabschlüsse ergehen lassen, das heißt im Rahmen einer Außenprüfung für den Prüfungszeitraum ermittelte und abgrenzbare Besteuerungsgrundlagen können künftig gesondert festgestellt werden.

Sie haben Fragen zur Umsetzung dieser Pflicht in Ihrem Betrieb? Wir unterstützen Sie gerne! Sprechen Sie uns an!

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