Können menschenverachtende und beleidigende Äußerungen in privaten Chatgruppen bei WhatsApp über andere Personen des Unternehmens arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen? Dazu hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) jetzt eine Entscheidung getroffen.

In einem Urteil vom 24.08.2023 (Az. 2 AZR 17/23) hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass Arbeitnehmer, die sich in privaten WhatsApp-Chats menschenverachtend und beleidigend über Vorgesetzte und Kollegen geäußert haben, gekündigt werden können.

Die Ausgangslage

In einer privaten Chatgruppe, die aus sieben Arbeitskolleginnen und -kollegen bestand, die langjährig befreundet und teilweise miteinander verwandt waren, tauschten sich die Teilnehmenden zu verschiedenen Themen aus. Neben rein privaten Themen äußerte sich eine Person dieser Gruppe zu Vorgesetzten und Kollegen rassistisch, sexistisch, beleidigend, menschenverachtend und sogar, so die Pressemitteilung des Gerichts, in „zu Gewalt aufstachelnder Weise“. Als Vorgesetzte von diesen Chatverläufen erfuhren, wurde dieser Person fristlos gekündigt.

In den ersten beiden Instanzen war der Kläger mit seiner Kündigungsschutzklage erfolgreich. Die Gerichte deklarierten die Chatgruppe als privat geschützten Bereich, in dem der Kläger darauf vertrauen durfte, dass hier nichts nach außen dringt. Die von dem Arbeitgeber eingelegte Revision hatte jedoch nun beim BAG Erfolg. Es entschied, dass für den Arbeitgeber ein Grund für eine außerordentliche Kündigung vorliegen könne, wenn Beschäftigte sich menschenverachtend über Kollegen oder Vorgesetzte äußerten.

Chats als geschützte private Räume

Das Gericht gab zur Begründung an, dass Beteiligte an einer Chatgruppe nur bedingt erwarten könnten, dass ein Chat vertraulich behandelt werde. Bei menschenverachtenden Äußerungen sei damit zu rechnen, dass Inhalte öffentlich würden. Entsprechend müssten Beschäftigte darlegen, warum zu erwarten gewesen sei, dass Nachrichten nicht weitergegeben würden. Dafür sieht das BAG die Art der Nachricht und die Größe der Gruppe sowie deren personelle Zusammensetzung als entscheidenden Faktor an. In diesem Fall war das BAG also auch damit betraut, ein Urteil darüber zu fällen, inwieweit Vertraulichkeit in Chatgruppen vorausgesetzt werden kann. Die Richter des höchsten Arbeitsgerichts gaben in ihrer Entscheidung klar zu verstehen, dass Vertraulichkeit in Chatgruppen in Messengerdiensten nicht als gegeben angesehen werden kann und es dem Betroffenen obliegt, darzulegen, warum in seinem Fall von Vertraulichkeit auszugehen war. WhatsApp und andere soziale Medien seien durch einfache Funktionen darauf ausgelegt, Aussagen und Mitteilungen zu teilen und schnell weiterzuleiten, was in erster Linie gegen die Annahme einer Vertraulichkeit spreche.

Der Fall geht nun zurück ans Landesarbeitsgericht (LAG), wo die Klägerseite darlegen kann, welche Eigenschaften der Chatgruppe als Veranlassung gesehen wurden, eine Vertraulichkeitserwartung an die Gruppe zu haben.

Auswirkungen für die Praxis

Für Entscheidungstragende in Unternehmen gilt, dass sie beleidigende Äußerungen in Chatverläufen bei Bekanntwerden nicht einfach hinnehmen müssen. Das Urteil des BAG liefert eine Grundlage dafür, in welchen Fällen Vorgesetzte eine Handhabe gegen die Aussagen von Beschäftigten auch im virtuellen Raum haben.