Der Bundesfinanzhof (BFH) hat klargestellt, dass Nachforderungszinsen gemäß § 233a Abgabenordnung (AO) nur für solche Zeiträume gerechtfertigt sind, in denen der Unternehmer tatsächlich einen Liquiditätsvorteil hat. Bestand kein Liquiditätsvorteil und wurden dennoch Zinsen festgesetzt, ist ein Erlass zu gewähren.
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Fordert das Finanzamt – in der Folge einer geänderten Festsetzung – Steuern nach, werden die Nachforderungen gemäß § 233a der Abgabenordnung (AO) verzinst. Hierdurch sollen zu Gunsten des Steuerpflichtigen entstandene Liquiditätsvorteile abgeschöpft und Wettbewerbsvorteile ausgeglichen werden. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte darüber zu entscheiden, ob die Festsetzung solcher Nachforderungszinsen sachlich unbillig ist, wenn ein möglicher Liquiditätsvorteil vor Beginn des Zinslaufs wieder entfallen ist.

Im Rahmen der Sollbesteuerung entsteht Umsatzsteuer grundsätzlich mit Ablauf des Monats, in dem die Leistung erbracht wurde. Im Streitfall hatte der Steuerpflichtige seine Umsätze aber in rund 90 Prozent der Fälle erst mit Rechnungsstellung und damit einen Monat zu spät erklärt. Um die falsche Zuordnung zu korrigieren, ordnete die steuerliche Außenprüfung 90 Prozent der für Januar angemeldeten Umsätze dem Vorjahr zu. In den entsprechend den Prüfungsfeststellungen geänderten Umsatzsteuerbescheiden für die Jahre 2009 bis 2011 setzte das Finanzamt Nachzahlungszinsen in Höhe von insgesamt rund 1,9 Millionen. Euro fest.

Der Steuerpflichtige beantragte daraufhin den Erlass der Zinsen, da es jeweils nur zu einer Verschiebung um einen Monat kam und die Festsetzung daher unverhältnismäßig sei. Den Antrag lehnte das Finanzamt ab. Der Steuerpflichtige erhob hiergegen Klage und erhielt in der Vorinstanz Recht.

Entscheidung des BFH

Der BFH bestätigte die Entscheidung des Finanzgerichts. Durch die Erhebung von Nachforderungszinsen sollen nur Zinsvorteile abgeschöpft werden, die auch tatsächlich vorhanden sind. Eine um einen Monat verspätete Steueranmeldung darf daher nicht zu einem Zinslauf von beispielsweise zwölf Monaten führen. Denn der erlangte Liquiditätsvorteil wird durch die Anmeldung und Zahlung des Folgemonats wieder ausgeglichen, sodass durch die verspätete Steuerfestsetzung kein Vorteil erzielt wurde.

Dem Erlass der Zinsen steht auch nicht entgegen, dass es zu mehreren aufeinanderfolgenden jahresübergreifenden Umsatzverlagerungen gekommen ist und der Steuerpflichtige somit permanent Liquiditätsvorteile generierte. Maßgeblich ist hierfür auch, dass die Änderung der zeitlichen Zuordnung eines Umsatzes anders als die Gewinnverlagerung aufkommensneutral ist. Zu beachten ist außerdem, dass Vorauszahlungen gem. §233a AO nicht verzinst werden. Hieraus leitet der BFH ab, dass ein monatlicher Zinsvorteil nicht als Begründung für die fehlende Unbilligkeit einer Zinsfestsetzung herangezogen werden kann.

Unterjährige Zinsvorteile sind bei der Prüfung eines Liquiditätsvorteils im Rahmen des Billigkeitserlasses von Nachforderungszinsen unbeachtlich.

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