Wir stellen die Reformpläne der Ampelkoalition zur sektorübergreifenden Patientenversorgung vor und gehen der Frage nach, ob die Behandlung von ambulanten Patienten künftig zum Erfolgsmodell für die betriebswirtschaftliche Ausrichtung von Krankenhäusern wird.

Die Bundesregierung hat Ende September 2022 ihre Pläne zur Ambulantisierung von stationären Leistungen vorgestellt[1]. Dies kann ein erster Schritt hin zu einer besseren und umfassenden sektorübergreifenden Versorgung zur Behandlung von Patienten sein. Dafür sollen die Kliniken künftig nach drei neuen Kriterien vergütet werden: Vorhalteleistungen, Versorgungsstufen und Leistungsgruppen.

Ein Großteil der in Deutschland behandelten stationären Patienten sind heute bereits sogenannte „Kurzlieger“. Insofern stellt sich hier naturgemäß die Frage, ob und inwieweit diese Behandlungen kostengünstiger ambulant erfolgen können. Dies wird eines der zentralen Themen der Strukturveränderungen in der deutschen Gesundheitsversorgung der kommenden Jahre sein.

Deutschland verfügt seit Jahrzehnten über eine eingeschwungene medizinische Infrastruktur. Niedergelassene Ärzte, Fachärzte sowie Medizinische Versorgungszentren (MVZ) und ambulante OP-Zentren jedweder Art bilden eine stabile Struktur im ambulanten Bereich. Parallel hierzu ist im stationären Bereich die flächendeckende Krankenhausversorgung ein wichtiger Bestandteil dieser Infrastruktur. Was jedoch nicht immer funktioniert, ist die Verzahnung dieser Strukturen. Die dahinterstehenden Vergütungssysteme[2] sind zu starr auf ihre Budget- und Vergütungsmechanismen ausgerichtet, als dass sie Platz für eine Verknüpfung in die anderen Bereiche zuließen. Diese Lücken zwischen den Vergütungssystemen wirken sich auch auf die tatsächliche Leistungserbringung an den Schnittstellen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung aus. So entsteht teils auch ein Zuständigkeitsvakuum, das in der Praxis immer wieder zu Schwierigkeiten führt.

Maßnahmen und Handlungsfelder zur Ambulantisierung

Die bisherigen Formen der Abrechnungssysteme bieten aus sich heraus keine Lösungen. Es wird sich im Laufe der anstehenden Diskussionen in der Branche zeigen, wie weit Mut und Durchsetzungskraft der maßgeblichen Akteure gehen, die bisherigen Vergütungssysteme zu verändern, in Teilen neu auszurichten oder sogar vollständig abzulösen. Hierbei sind sektorübergreifende Konzepte gefragt.

Die nunmehr vorgelegten Pläne der Bundesregierung sehen eine Modifikation der bestehenden Vergütungssysteme vor. Die Richtung ist insoweit vorgegeben, dass die Ambulantisierung von medizinischen Leistungen vorangetrieben werden soll.

Tagesgeldbehandlung

Die sicherlich größte Veränderung wird die Einführung von Tagesbehandlungen sein. Krankenhäusern soll es erstmalig gestattet sein, sämtliche bislang vollstationär erbrachten Behandlungen auch als sogenannte Tagesbehandlungen durchzuführen, soweit dies im Einzelfall medizinisch vertretbar ist. Das System der Tagebehandlung ist neu und stellt eine signifikante Durchbrechung des bisherigen DRG-Fallpauschalensystems dar. Die Möglichkeit der Tagesbehandlung darf nicht zu einer Leistungsausweitung durch das Krankenhaus führen, denn nur Leistungen, die bislang stationär durchgeführt wurden und für die die Infrastruktur eines Krankenhauses erforderlich ist, sollen als Tagesbehandlung erbracht werden dürfen. Wann eine solche Erforderlichkeit gegeben ist, gilt es insoweit noch weiter zu konkretisieren, um Abgrenzungsprobleme in der Praxis zu vermeiden.

Hybrid-DRG (Diagnosis Related Groups)

Auch die Etablierung von sogenannten Hybrid-DRG´s könnte die bisher bestehenden Vergütungssysteme aufbrechen. Hierbei werden einzelne geeignete DRG als Hybrid-DRG identifiziert, die dann auch für die Erbringung von Leistungen im vertragsärztlichen Bereich geöffnet werden.

Versorgungsaufträge und Krankenhausplanungen

Ebenfalls zu nennen ist der neu gestaltete Krankenhausplan des Landes Nordrhein-Westfalens. Er löst sich vom Kriterium der Anzahl der Betten eines Krankenhauses und stellt auf das gesamte Leistungsspektrum des jeweiligen Hauses ab. Diese Planungen werden bundesweit beobachtet und könnten richtungsweisend sein, auch für die Strukturbemühungen einer sektorübergreifenden Versorgung.

 

 


[1] Zweite Stellungnahme und Empfehlung der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung vom 22. September 2022.

[2] Gebührenordnung für Ärzte, Gebührenkatalog EBM - einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM) - oder G-DRG-Fallpauschalensystem

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