Das Wachstumschancengesetz beinhaltet eine Reform der Unternehmensbesteuerung. Wir informieren Sie über potenzielle Auswirkungen für die Finanzindustrie.

Wachstumschancengesetz – Reform der Unternehmensbesteuerung

Der am 30.08.2023 verabschiedete Regierungsentwurf für ein Wachstumschancengesetz soll die Liquiditätssituation der Unternehmen verbessern und Impulse setzen. So sollen Unternehmen dauerhaft mehr investieren. Insgesamt soll damit eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, der Wachstumschancen und des Standortes Deutschland erreicht werden. Zusätzlich beabsichtigt das Bundesministerium der Finanzen (BMF) durch eine Vereinfachung des Steuersystems an zentralen Stellen und durch das Anheben von Schwellenwerten und Pauschalen besonders kleine Betriebe bürokratisch zu entlasten. Hervorzuheben sind folgende Maßnahmen:

1. Einführung einer Investitionsprämie zur Beförderung der Transformation der Wirtschaft in Richtung Klimaschutz. 

  • Befristete Wiedereinführung der degressiven AfA für bewegliche Wirtschaftsgüter.
  • Befristete Einführung einer degressiven AfA für Wohngebäude.
  • Verbesserung des steuerlichen Verlustabzugs.
  • Änderungen bei der Thesaurierungsbegünstigung (§ 34a EStG).
  • Steigerung der Attraktivität der Option zur Körperschaftsbesteuerung nach § 1a KStG.
  • Die Pflicht zur Mitteilung von grenzüberschreitenden Steuergestaltungen wird auf innerstaatliche Steuergestaltungen ausgeweitet.
  • Anpassung der Zinsschranke an die EU-Anti-Steuervermeidungsrichtlinie.
  • Einführung einer Zinshöhenschranke.
  • Anpassung der Abgabenordnung und anderer Steuergesetze an das MoPeG

2. 4k EStG im BMF-Entwurf – Hybride Finanzierung im Fokus

4k EStG wurde durch das ATADUmsG eingeführt, um Besteuerungsinkongruenzen in Zusammenhang mit hybriden Gestaltungen zu neutralisieren. Da es sich bei der Vorschrift um eine für das deutsche Steuerrecht neuartige Regelung handelt, die sehr umfangreich ausländische Besteuerungsfolgen in den Tatbestand aufnimmt, sind zahlreiche Auslegungsfragen zu klären. Mit dem äußerst komplexen BMF-Schreiben nimmt die Finanzverwaltung nun (vorläufig) Stellung zu einigen dieser Fragen.

3. BMF-Entwurf zum AStG – Aus Sicht der Finanzindustrie

Nachdem die Hinzurechnungs- und Wegzugsbesteuerung anlässlich des ATAD-Umsetzungsgesetzes überarbeitet wurde, musste auch der aus dem Jahr 2004 stammende AEAStG dem neuen Rechtsstand angepasst werden. Die inhaltliche Gliederung des Erlasses entspricht grundsätzlich der des Vorgängerschreibens. Der Umfang des Entwurfs eines neuen Außensteuererlasses übertrifft damit bei weitem den Umfang des bisherigen Außensteuererlasses aus 2004. Die wesentlichen Inhalte des aktuellen Entwurfs betreffen:

  • die gesetzliche Änderungen durch das ATAD-Umsetzungsgesetz und das Steueroasen-Abwehrgesetz sowie
  • die neuen Entwicklungen in der BFH-Rechtsprechung.

4. FASTER – Was heißt das für das deutsche Kapitalertragsteuersystem?

Am 19.06.2023 hat die EU-Kommission den Entwurf der sogenannten FASTER-Richtlinie veröffentlicht. Sie hat die die Einführung eines gemeinsamen EU-weiten Verfahrens für den Quellensteuerabzug und die damit verbundenen Entlastungsmöglichkeiten auf quellensteuerpflichtige Zahlungen (namentlich genannt Dividenden und Zinsen) von börsennotierten Wertpapieren zum Gegenstand. Dazu gehört auch eine standardisierte Meldepflicht. So sollen grenzüberschreitende Investitionen in der EU und eine vereinfachte Besteuerung gefördert sowie missbräuchliche Quellensteuergestaltung vermieden werden. Dazu soll eine Initiative zur Einführung eines gemeinsamen EU-weiten Verfahrens für den Quellensteuerabzug und die damit verbundenen Entlastungsmöglichkeiten auf quellensteuerpflichtige Zahlungen ergriffen werden (sog. Faster and Safer Relief of Excess Withholding Taxes; abgekürzt: FASTER). Am 19.06.2023 hat die Kommission den ersten Entwurf veröffentlicht, der auch eine standardisierte Meldepflicht vorsieht. So sollen die Finanzbehörden einen vollständigen Überblick über die involvierten Finanzintermediäre zur Überprüfung der Entlastungsberechtigung erhalten. Neben dem Ziel, Steuerbetrug im Bereich der Quellensteuer zu verhindern, sollen gleichzeitig Voraussetzungen geschaffen werden, Anträge auf Quellensteuerentlastung (Freistellung oder Erstattung) schnell und effizient zu bearbeiten.

5. Mindestbesteuerungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz

Die Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7-13 AStG betrifft niedrigbesteuerte passive Einkünfte (z.B. aus Zinsen oder Lizenzen), die von inlandsbeherrschten ausländischen Gesellschaften erzielt werden. Nach aktuellem Recht liegt eine Niedrigbesteuerung vor, wenn die passiven Einkünfte zu weniger als 25 Prozent ertragsteuerlich belastet werden. Angesichts der Festlegung eines globalen Mindeststeuersatzes von 15 Prozent soll die Niedrigsteuergrenze ab 1. Januar 2024 auf 15 Prozent abgesenkt werden. Die Absenkung betrifft nicht nur die Hinzurechnungsbesteuerung aufgrund Beherrschung (§ 7 AStG), sondern ebenfalls die Hinzurechnungsbesteuerung für Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter (§ 13 AStG) sowie die verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung (§ 9 StAbwG). Die ursprünglich im Referentenentwurf geregelte Abschaffung Gewerbesteuerpflicht des Hinzurechnungsbetrages ist im Regierungsentwurf nicht mehr enthalten. Dies ist widersprüchlich, weil schon mit der Belastung mit Körperschaftsteuer von 15 Prozent der globale Mindeststeuersatz erreicht wird.

6. Vorsteuerabzug der Holding (Folgeurteil des BFH zu W-GmbH)

Am 15. Februar 2023 entschied der Bundesfinanzhof (BFH) im Rahmen einer Folgeentscheidung (BFH, Urteil vom 15.2.2023 – XI R 24/22 (XI R 22/18)) in seinen Leitsätzen: Einer Holdinggesellschaft ist der Vorsteuerabzug für Eingangsleistungen zu versagen, die nicht in einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit von der Holding erbrachten steuerpflichtigen Dienstleistungen, sondern mit von ihr als Gesellschafterbeitrag geschuldeten unentgeltlichen Dienstleistungen stehen, nicht in direktem und unmittelbarem Zusammenhang mit den eigenen Umsätzen der Holding, sondern mit den Umsätzen Dritter (der Tochtergesellschaften) stehen, in den Preis der an die Tochtergesellschaften erbrachten steuerpflichtigen Umsätze keinen Eingang finden und nicht zu den allgemeinen Kostenelementen der eigenen wirtschaftlichen Tätigkeit der Holding gehören.

7. Neue umsatzsteuerliche Berichtspflichten für Zahlungsdienstleister.

Das neue zentrale elektronische Zahlungsverkehrsinformationssystem (CESOP) soll den Umsatzsteuerbetrug bei grenzüberschreitenden Zahlungen im E-Commerce bekämpfen. Ab 1. Januar 2024 gelten neue Aufzeichnungs- und Meldepflichten für Banken und Zahlungsdienstleister. Ziel ist es, durch die Speicherung der Informationen in einer zentralen Datenbank möglichen Umsatzsteuerbetrug im E-Commerce leichter aufzudecken. Banken und Zahlungsdienstleister müssen jetzt beginnen, die Umsetzung und die technischen Voraussetzungen vorzubereiten.

Fragen zum Wachstumschancengesetz und der Reform der Unternehmensbesteuerung beantworten wir gerne. Wir helfen der Finanzindustrie bei der optimalen Nutzung Ihrer steuerlichen Potentiale. Sprechen Sie uns gerne an.