Zu Beginn des Jahres 2023 zählten Inflation, Cyberangriffe und der Konjunkturrückgang zu den drei Gefahren, die den Führungskräften im Mittelstand am meisten Sorge bereiten. Nach Informationen aus dem International Business Report (IBR), der weltweiten Umfrage von Grant Thornton unter mittelständischen Unternehmen, sehen mehr als die Hälfte (51 %) der Wirtschaftsführer die Inflation als anhaltende Bedrohung an, während 47 % Cyberangriffe und 50 % die Konjunkturabschwächung zu Beginn dieses Jahres als Gefahr nannten. Zum Frühlingsanfang haben sich jedoch auch in Teilen des Bankensektors Turbulenzen bemerkbar gemacht. Auch wenn die Unruhe im Bankensektor zu Beginn des Jahres nicht direkt als Bedrohung genannt wurden, sind sie doch eine direkte Folge der hohen Inflation und der notwendigen geldpolitischen Maßnahmen, die das Klima der Unsicherheit für viele Unternehmen noch verstärkt haben.

Die größten Bedrohungen für mittelständische Unternehmen

Wie Unternehmen auf diese Bedrohungen reagieren ist entscheidend dafür, dass ihr anhaltender Optimismus nicht unbegründet ist. Wenn Unternehmen ihre Grundlagen gut beherrschen und auf kurzfristige Bedrohungen innovativ reagieren, können sie ihren Wert schützen und darüber hinaus langfristig davon profitieren, wenn der wirtschaftliche Druck nachlässt.

Dave Munton„Angesichts einer solchen Vielzahl von Bedrohungen müssen die Führungskräfte mittelständischer Unternehmen einige schwierige Entscheidungen treffen. Unter diesen Bedingungen ist es wichtig, dass sie die richtigen Experten am Tisch haben, die ihnen beim Durchdenken der verschiedenen Szenarien helfen. Sie müssen sich intensiv mit ihrem Vorstand und ihrer Geschäftsleitung auseinandersetzen und dafür sorgen, dass sie maximal eingebunden werden. Sie müssen aber auch in größeren Dimensionen denken, sagt David Munton, Global Leader - International Capabilities and Support, Grant Thornton International.

"Gegebenenfalls müssen Sie Fachwissen von Dritten einholen, von verschiedenen Organisationen, von Zulieferern, von Kunden, von Regulierungsbehörden, aber auch von Marktstörern einbringen – nur um Ihre Überlegungen zu hinterfragen.

Sie können sich nicht darauf verlassen, dass alles so weiterläuft wie bisher. Führungskräfte müssen ihr eigenes Denken überprüfen und sich ständig fragen: Wie können wir innovativ sein? Von wem können wir lernen? Was können wir besser machen?
Obwohl sich die Weltwirtschaft in den letzten Jahren als belastbar erwiesen hat, sind Unternehmen und Verbraucher weiterhin von den Lebenshaltungskosten, höheren Energiekosten und steigenden Zinssätzen betroffen. In den USA hat sich die Inflation zwar insgesamt etwas abgeschwächt, der Verbraucherpreisindex bleibt jedoch nach wie vor hoch. Er stellt damit für Verbraucher eine Herausforderung dar und bremst das Wachstum der Unternehmen. Regierungen auf der ganzen Welt bemühen sich, die Inflation einzudämmen. Finanzminister wie die indische Ministerin Nirmala Sitharaman wollen die Preise „kontinuierlich überwachen“ und Maßnahmen zum Schutz der Verbraucher ergreifen.[i]  

Unternehmen müssen handeln, sonst droht ein hoher Preis für die Inflation

Für mehr als die Hälfte der mittelständischen Unternehmen weltweit stellt (51%) die Inflation eine echtes Problem dar. Besonders besorgt sind die Unternehmen in der Association of Southeast Asian Nations (ASEAN), wo 60% die Inflation als Risiko bezeichnen. In Lateinamerika gaben drei von vier Unternehmen (77%) an, dass die Inflation eine Bedrohung für ihre Zukunft darstellt.

Inflationsgefahr für verschiedene Regionen

Daniel Maranhao„Brasiliens lange Historie der Inflation stellt eine anhaltende Herausforderung dar. Auch wenn die Inflation seit einiger Zeit unter Kontrolle ist, werden einige Maßnahmen zum Schutz der Unternehmen vor der Inflation weiter fortgeführt. In Brasilien gilt es z. B. als faire Geschäftspraxis, die Inflationsrate als Maßstab für die Vertragserneuerung heranzuziehen. Brasilianische Firmen, die den Markt und ihre Mandanten kennen, können sich anpassen und einen Weg finden, ihren Wert zu schützen.“ - Daniel Maranhão, Chief Executive, Grant Thornton Brasilien.

Angesichts des vorherrschenden Inflationsdrucks und der anhaltenden wirtschaftlichen Unsicherheit werden die Verbraucher im Laufe des Jahres wahrscheinlich immer kostenbewusster. Zwar haben viele Unternehmen versucht, einen Teil der steigenden Kosten aufzufangen, dies reicht jedoch als nachhaltige Lösung auf keinen Fall aus. Etwas mehr als die Hälfte (51%) der mittelständischen Unternehmen geht davon aus, dass sie ihre Verkaufspreise im kommenden Jahr erhöhen müssen. Dies wirkt sich natürlich direkt auf die Verbraucher aus, dennoch ist es ein leichter Rückgang gegenüber 53% im ersten Halbjahr 2022, was zeigt, dass sich die Unternehmen bemühen die Kundentreue zu erhalten und sie vor noch stärkeren Preiserhöhungen zu bewahren.

„Ganz gleich, welche Preisstrategie Sie verfolgen – Sie müssen die Auswirkungen auf Ihre Marke berücksichtigen. Den Unternehmen ist bewusst, dass es für alle eine schwierige Zeit ist, nicht nur für sie selbst, sondern auch ihre Kunden. Es besteht ein echtes Bestreben, verantwortungsvoll zu handeln, nicht nach aggressivem Wachstum zu streben, sondern gute Geschäftspartner zu sein und langfristige Beziehungen zu den Kunden aufzubauen.“ - Dianne Neurauter, Principal, Grant Thornton US

Trotz steigender Kosten erwarten 55% der Unternehmen im nächsten Jahr eine Steigerung der Wirtschaftlichkeit. Die Unternehmen müssen sich um operative Effizienz bemühen, neue Märkte identifizieren und sorgfältig planen, wie sie diese Ziele erreichen, ohne ihre Bestandskunden zu verlieren. Weltweit geben 37% der Unternehmen an, dass sie eine Preisstrategie zu Verbesserung ihrer Gewinnspanne verfolgen, und 49%, wollen sie auf dem gleichen Stand halten, indem sie die Preise entsprechend den Kosten erhöhen.

Ziele der Preisstrategie in verschiedenen Branchen

Cyberangriff - „Auf einer Skala von eins bis fünf erreichen diese Risiken eine Sechs!“

Es wird davon ausgegangen, dass die Kosten der Cyberkriminalität in diesem Jahr 8 Billionen Dollar erreichen werden.[ii] Bis 2025 werden Angriffe und Betrug aus dem Internet die Unternehmen 10,5 Billionen Dollar kosten, da die Hacker immer raffinierter vorgehen. Kein Wunder also, dass 47% der Führungskräfte mittelständischer Unternehmen für 2023 Cyberangriffe als eine Bedrohung für ihr Unternehmen angeben.

„Seit der Pandemie haben sich die Betrugsfälle verdreifacht. Mittelständische Unternehmen sind ein verlockendes Ziel für Betrüger. Sie sind ein lukratives Ziel, verfügen aber oft nicht über die Ressourcen und die Sicherheit größerer Unternehmen. Besorgniserregend ist jedoch, dass viele Unternehmen das Problem nicht sehen wollen. Cyberrisiken sollten bei der Risikobewertung aller Unternehmensleiter auf der Liste ganz oben stehen. Auf einer Skala von eins bis fünf erreichen diese Risiken eine Sechs. Wenn die Unternehmen jetzt die richtigen Maßnahmen ergreifen, können sie das Risiko erheblich reduzieren und die Gefährdung begrenzen. - Dianne Neurauter, Principal, Grant Thornton US

Zur Bewältigung der sich ständig weiterentwickelnden Bedrohung durch kriminelle Hacker und Internet-Betrug müssen Wirtschaftsführer alles tun, um das Risiko zu verstehen und innovativ zu reagieren, Experten zu Rate zu ziehen und sich auf den Ernstfall vorzubereiten. Regieren Unternehmen hier gleichgültig oder betrachten das Thema nur für das IT-Team als eine Herausforderung, mit der sich die Führungsebene nicht befassen muss, laufen sie Gefahr, sich großen Problemen auszusetzen. Das wäre ein großer Fehler! Mit der richtigen Planung und einer guten Cyber-Hygiene könnten 80 % aller Cyber-Angriffe potenziell vermieden werden.[iii]

 „Für jedes Unternehmen sind die Entwicklung einer guten Cybersicherheitskultur und -hygiene und die Integration der Sicherheit in ihren Change-Management-Prozess von entscheidender Bedeutung. Damit werden nicht nur die Risiken durch bessere Kontrollen und ein besseres Verständnis der Bedrohungslandschaft gemindert, sondern auch die Beziehungen zu den Partnern verbessert“, so Alexandre Blanc, Berater für Strategie und Sicherheit bei VARS, Raymond Chabot Grant Thornton

„Die Angreifer gehen sehr geschickt vor. Wenn sie ein Unternehmen angreifen, wollen sie nicht nur schnelles Geld machen, sondern es oft als Eintrittspunkt für weitere Angriffe auf größere Ziele nutzen, wie z.B. große Unternehmenspartner, Regierungsdienstleister oder sogar kritische Industriesysteme.“

Bankenprobleme tragen zur wirtschaftlichen Unsicherheit bei

Die wirtschaftliche Unsicherheit ist ein andauerndes Problem für den Mittelstand. Der IWF berichtet, dass ein hohes Maß an Unsicherheit das Wachstum bremst.[iv]  Die Weltbank geht davon aus, dass sich das globale Wachstum bis 2023 auf das drittschwächste Tempo seit fast drei Jahrzehnten verlangsamen wird.[v] Die Erwartungen gehen jedoch dahin, dass viele wichtige Märkte eine Rezession vermeiden wollen, wobei das Weltwirtschaftsforum davon ausgeht, dass der wirtschaftliche Druck nur vorübergehend sein wird.[vi]

Im Frühjahr dieses Jahres tauchte mit den Turbulenzen im Bankensektor infolge der hohen Inflation und der geldpolitischen Reaktion eine neue Bedrohung für die Weltwirtschaft auf. Davor sahen nur 12% der Wirtschaftsführer die Zinssätze oder den Zugang zu Finanzmitteln als erhebliche Bedrohung an.

Die Erschütterungen bei der Silicon Valley Bank, First Republic und Credit Suisse zeigen jedoch, wie schnell der Markt von Schockwellen erfasst werden kann. Inmitten der wirtschaftlichen Unsicherheit und der Rettungsaktionen im Bankensektor erweist sich 2023 als ein nervenaufreibendes Jahr für Wirtschaftsführer, aber Unternehmen, die vorausschauend planen und vorbereitet sind, werden mit dem Wandel am besten zurechtkommen.

„Unternehmen bewerten heute die grundsätzliche Stabilität der Banken, mit denen sie zusammenarbeiten, in einer Weise, wie wir es schon lange nicht mehr gesehen haben“, erklärt Kelli Knoble, National Tax Business Leader bei Grant Thornton US.

„Wir haben mit Mandanten gesprochen, die sich Sorgen um ihre Zahlungsströme machen und ihre Bankbeziehungen genauer unter die Lupe nehmen - es liegen heute viel mehr Informationen über Banken vor als noch 2008. Wir haben außerdem festgestellt, dass sie ihre Bankbeziehungen zur Vermeidung potenzieller Risiken diversifizieren, damit Unternehmen bei Bedarf schnell Geld von einer Bank zur anderen transferieren können.“

Dianne Neurauter, Principal bei Grant Thornton US, betont: „Die Erschütterungen im Bankensektor haben dazu geführt, dass Unternehmer sich Fragen stellen, die seit 2008 wahrscheinlich nicht mehr im Vordergrund standen. Sie schauen sich ihre Bankbeziehungen an und versuchen ihr Risiko einzuschätzen.

„Sie denken auch darüber nach, wie sie sich breiter aufstellen können, um nicht so sehr von einer einzigen Bank abhängig zu sein. Die Unternehmen sollten auch alle Möglichkeiten in Betracht ziehen und sich fragen: Was können wir anders machen? Was ist innovativ? Risikokapital oder privates Beteiligungskapital könnten in Betracht kommen. Zunehmend beginnen mittelständische Unternehmen, nach kreativeren Lösungen zu suchen.

In einer Zeit wirtschaftlicher Unsicherheit, in der langfristige Bedrohungen und kurzfristige Erschütterungen für Turbulenzen sorgen, sind mittelständische Unternehmen potenziell verwundbar. Mit der richtigen Strategie und dem richtigen Team können sie jedoch befähigt werden, den Herausforderungen gewachsen zu sein.

Vorheriger Artikel: Handelsplätze

Grant Thornton Netzwerk

Persönliche Kontakte für Ihren Erfolg – weltweit

Durch unser starkes Netzwerk sind Unternehmen mit uns international erfolgreich. Wir teilen mit unseren internationalen Kollegen dieselben Werte und Ziele. Was uns verbindet, ist unser Streben nach den besten Lösungen. Unser Netzwerk ist in über 150 Ländern vertreten. Hinter unserem Erfolg stehen 68.000 Mitarbeiter. Für Sie. Überall auf der Welt!

i. www.reuters.com - India will continue with efforts to curb inflation - finance minister - 20.02.23
ii. www.forbes.com - Cybersecurity Trends & Statistics For 2023; What You Need To Know - 5 March 2023
iii. www.grantthornton.global - A to Z guide to cyber risk management
iv. www.imf.org - Global Economic Uncertainty Remains Elevated, Weighing on Growth - 26.01.23
v. www.worldbank.org - Global Economic Prospects, A Second Year of Sharply Slowing Growth
vi - www.ft.com - Things are looking up for the global economy - 20.01.23