Auch bei Betriebsstilllegungen kann die Durchführung einer Sozialauswahl erforderlich sein. Eine nicht ordnungsgemäß durchgeführte Sozialauswahl bei einer Betriebsstilllegung in Etappen kann zur Rechtsunwirksamkeit von Kündigungen führen. Das sollten Unternehmen beachten!
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Etappenweise Betriebsstilllegung, Kündigungen und keine Sozialauswahl

In dem am 9. Januar 2024 (3 Sa 529/23) ergangenen Urteil setzte sich das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf mit der Frage auseinander, ob eine unterbliebene Sozialauswahl bei einer etappenweisen Betriebsstilllegung zur Unwirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung führt. Das LAG hat entschieden, dass auch bei einer Betriebsstilllegung eine ordnungsgemäße Sozialauswahl durchzuführen ist, wenn die Betriebsstilllegung in Etappen erfolgt. Damit folgt das LAG dem Bundesarbeitsgericht.

Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sind auch bei einer Betriebsstilllegung nicht frei in ihrer Entscheidung, wen sie als erstes kündigen. Sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer noch mit Abwicklungsarbeiten zu betrauen, sind für diese Arbeiten grundsätzlich die am sozial schutzwürdigsten Mitarbeitenden zu beschäftigen.

Kündigungsschutzklage bei Betriebsstilllegung

Hintergrund der Entscheidung war die Kündigungsschutzklage eines Arbeitnehmers. Dieser war seit Februar 2012 als einer von rund 600 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in einem Unternehmen beschäftigt. Im März 2022 wurde über das Vermögen des Unternehmens das Insolvenzverfahren eröffnet. Dem klagenden Arbeitnehmer wurde mit Schreiben vom 16. Dezember 2022 zum 31. März 2023 gekündigt. Für vierzig weitere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wurden die Kündigungen erst zum 30. Juni 2023 ausgesprochen.

Beschäftigung von Mitarbeitenden mit Abwicklungsarbeiten bei Betriebsstilllegung  

Mit seiner Kündigungsschutzklage bekam der Arbeitnehmer bereits vor dem Arbeitsgericht Solingen in der ersten Instanz Recht. Das LAG Düsseldorf bestätigte jetzt die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Soweit ein Betrieb in Etappen stillgelegt wird, ist für die betriebsbedingte Kündigung eine ordnungsgemäße Sozialauswahl durch den Arbeitgeber vorzunehmen. Das gilt auch, wenn letzten Endes alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Gesellschaft gekündigt werden. Eine unterbliebene oder fehlerhafte Sozialauswahl kann zur Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung führen.

Bei der Durchführung der Sozialauswahl sind die Vergleichsgruppen nicht auf Grundlage der ursprünglichen Tätigkeiten, sondern der durchzuführenden Abwicklungsarbeiten durch das Abwicklungsteam zu bilden, so das Gericht. Es obliegt dem Arbeitgeber darzulegen, welche Abwicklungsaufgaben mit welcher Dauer anfallen und welche Anforderungsprofile hierfür erforderlich wären.

Anhand dieser Kriterien sind dann die sozial schutzwürdigsten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anhand der Sozialauswahl zu ermitteln und mit den Abwicklungsarbeiten zu betrauen.

Sozialauswahl und Betriebsstilllegungen in der Praxis

Arbeitgebern ist bei betriebsbedingten Kündigungen aufgrund einer etappenweisen Betriebsstilllegung die Durchführung einer ordnungsgemäßen Sozialauswahl zu empfehlen. In diesem Fall ist darauf zu achten, dass die Vergleichsgruppen anhand der Anforderungsprofile gebildet werden, die für die Durchführung der Abwicklungsarbeiten erforderlich sind. Am Ende sind die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit den Abwicklungsarbeiten zu betrauen, die nach Durchführung einer ordnungsgemäßen Sozialauswahl am schutzwürdigsten sind. Anderenfalls könnte eine ausgesprochene Kündigung durch ein Gericht als rechtsunwirksam angesehen werden.  

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