Gesetzliche Neuerungen, aktualisierte Hinweise in den Lohnsteuer-Richtlinien und jüngste Rechtsprechung - auch in diesem Jahr müssen Arbeitgeber vielfältige Änderungen im Bereich der Lohnsteuer beachten.
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Auch mit Beginn dieses Jahres sind Arbeitgeber wieder gefordert, die aktuelle Rechtslage sowie neuere Tendenzen in der Verwaltung und Rechtsprechung genau zu beobachten. Zwar wurde das Wachstumschancengesetz nicht verabschiedet, lohnsteuerlich interessante gesetzliche Neuregelungen finden sich aber im Zukunftsfinanzierungsgesetz. Die aktualisierten Hinweise 2024 zu den Lohnsteuerrichtlinien 2023 halten zudem praxisrelevante Aussagen der Finanzverwaltung unter anderem zum Thema „Jobrad“ und der Überlassung von Telekommunikationsmitteln bereit. Auch die Rechtsprechung war tätig. Hervorzuheben ist vor allem das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) zu der Frage, ob Arbeitgeberleistungen auf einem Summenbescheid nach § 28 f Absatz 2 SGB IV Arbeitslohn darstellen.

Aktuelle Gesetzgebungsverfahren

Am 1. Januar 2024 ist die zweite Stufe des Inflationsausgleichsgesetzes in Kraft getreten. Damit verbunden ist die Erhöhung des Grundfreibetrags im Rahmen der Einzelveranlagung auf 11.604 Euro und für Steuerpflichtige im Rahmen der Zusammenveranlagung auf 23.208 Euro. Weiterhin sieht das Gesetz Entlastungen im Bereich des Einkommensteuertarifs, der Freigrenze beim Solidaritätszuschlag und einen höheren Kinderfreibetrag vor. Soweit die Änderungen Auswirkungen auf die Ermittlung der maßgeblichen Lohnsteuer haben, werden diese systemseitig von den jeweiligen Abrechnungsprogrammen berücksichtigt. Ein weitergehender Handlungsbedarf besteht für Arbeitgeber nicht.

Weitreichendere Änderungen sind mit dem sogenannten Zukunftsfinanzierungsgesetz verbunden.  Neben einer Anhebung des jährlichen steuerfreien Höchstbetrags für die Gewährung von  steuerlich begünstigten Mitarbeitendenbeteiligungen von 1.440 auf 2.000 Euro bei gleichbleibenden gesetzlichen Rahmenbedingungen – im Gesetzgebungsverfahren war noch die Einführung eines Zusätzlichkeitskriteriums und damit der Ausschluss von Gestaltungsmodellen mit Barlohnumwandlung diskutiert worden – nimmt sich das Gesetz erneut den Regelungen zur Vermeidung von „Dry-Income“ im Bereich der Mitarbeiterbeteiligung an Start-Up Unternehmen an. Im Kern geht es darum, den Besteuerungszeitpunkt von der Gewährung auf einen nachgelagerten Zeitpunkt zu verlagern, die Bewertung der Anteile (und damit den geldwerten Vorteil) aber im Zeitpunkt der Gewährung festzuschreiben. Die Regelungen sehen eine umfangreiche Kasuistik vor, deren Darstellung den Rahmen einer zusammenfassenden Darstellung der wesentlichen Neuerungen überschreiten dürfte. Daher weisen wir an dieser Stelle lediglich in der gebotenen Kürze auf die folgenden Kernthemen hin:

  • Definition der Start-Up Beteiligung anhand von Schwellenwerten
  • Festlegung von Haltefristen
  • Erklärungspflichten des Arbeitgebers

In der Praxis von entscheidender Bedeutung wären die geplanten Regelungen zum sogenannten Wachstumschancengesetz gewesen. Die Änderungen hätten unter anderem sowohl den praxisrelevanten Bereich der Reisekostenerstattung (Anhebung der Pauschalen für Verpflegungsmehraufwendungen), als auch den Bereich der Mitarbeiterincentivierung (Anhebung des Freibetrags für steuerlich begünstigte Betriebsveranstaltungen) sowie die abrechnungsrelevante „Fünftelregelung“ gemäß § 34 EStG und die Versteuerung von Beiträgen zur Gruppenunfallversicherung betroffen. Bekanntlich wurde das Gesetzgebungsverfahren jedoch nicht zum Jahreswechsel abgeschlossen. Nach unseren Beobachtungen sorgen zudem die nicht erfolgten Anpassungen im Bereich der Firmenwagenversteuerung für Verunsicherung im Personalwesen. Ob und in welcher Form die geplanten Anpassungen erfolgen werden, ist derzeit noch offen.

Wichtige Äußerungen der Finanzverwaltung

Neben einer Vielzahl von neuen Schreiben des Bundesfinanzministeriums kurz vor dem Jahreswechsel (BMF-Schreiben vom 7. November 2023 zum Deutschlandticket, BMF-Schreiben vom 12. Dezember 2023 zur steuerlichen Behandlung von Arbeitslohn nach dem Doppelbesteuerungsabkommen, BMF-Schreiben vom 5. Oktober 2023 zur steuerlichen Förderung der privaten Altersvorsorge) ist seitens der Verwaltung insbesondere die Veröffentlichung der neuen Hinweise zu den Lohnsteuerrichtlinien 2023 von praktischer Bedeutung. Darin nimmt die Finanzverwaltung insbesondere zu den nachfolgenden Themen Stellung:

  • Überlassung von fahrradtypischem Zubehör im Rahmen von „Job- oder Business-Rädern“
  • Beiträge zu Firmenfitnessangeboten
  • Modelle zur Überlassung von Telekommunikationsmitteln im Wege des Unterleasings
  • Deutschlandticket

Während die Hinweise zum Teil Klarheit in offenen Rechtsfragen bringen, wird sich die Praxistauglichkeit einiger Regelungen noch erweisen müssen.

Begrüßenswert ist sicherlich die Klarstellung hinsichtlich der Behandlung von fahrradtypischem Zubehör im Verhältnis zum „nichttypischen“ Zubehör. Arbeitgeber sollten in diesem Zusammenhang das Gespräch mit dem Leasinganbieter suchen, um mögliche Haftungsrisiken zu vermeiden. Positiv und praxisrelevant ist auch die weitere Klarstellung zu Einzelfragen im Zusammenhang mit dem sogenannten Deutschlandticket.

Sicherlich zu Diskussionen in der Lohnsteuer-Außenprüfung wird die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung zum sogenannten Unterleasing von Telekommunikationsmitteln führen. Hier droht die Versagung der Steuerfreiheit nach § 3 Nummer 45 EStG der Verbindungsentgelte für die private Nutzung eines „Diensthandys“ oder „Dienst-Tablets“, sofern die Finanzverwaltung das wirtschaftliche Eigentum an dem Gerät dem Arbeitnehmer aufgrund eines Unterleasing-Vertrages zurechnet.

Unproblematisch sollte hingehen die Veröffentlichung der neuen amtlichen Sachbezugswerte im Zusammenhang mit der vergünstigten oder unentgeltlichen Mahlzeitengestellung seit dem 1. Januar 2024 (für ein Mittag- oder Abendessen 4,13 Euro, für ein Frühstück 2,17 Euro) sein (BMF-Schreiben vom 7. Dezember 2023)

Praxisrelevante Rechtsprechung

Aus der Finanzgerichtsbarkeit sind unserer Ansicht nach drei Themenbereiche von besonderem Interesse zum Jahreswechsel:

  • Die Rechtsprechung zu den lohnsteuerlichen Folgen im Nachgang zum Erlass eines Summenbescheides nach § 28f Absatz 2 SGB IV 
  • Die aktuelle Rechtsprechung zur doppelten Haushaltsführung
  • Die Ermittlung des Grundlohns bei Zuschlägen nach § 3b EStG (Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit

Von größter praktischer Bedeutung ist die Entscheidung des BFH vom 15. Juni 2023 zur Haftung des Arbeitgebers im Nachgang zu einer Sozialversicherungsprüfung. Der BFH hat nunmehr entschieden, dass die (Nach-)Entrichtung von Beiträgen zur Sozialversicherung aufgrund eines Summenbescheids nach § 28f Absatz 2 SGB IV durch den Arbeitgeber nicht zu einem Zufluss von Arbeitslohn führt.

Zu Abgrenzungsfragen in der Praxis wird die Entscheidung des BFH vom 9. August 2023 (Aktenzeichen VI R 20/21) führen. Sie betrifft den Ansatz von Werbungskosten (und damit auch die Höhe des steuerfreien Arbeitgeberersatzes) für Unterkunftskosten anlässlich einer doppelten Haushaltsführung im Ausland. Nach Auffassung des BFH ist im Einzelfall zu prüfen, welche Unterkunftskosten notwendig sind. Dem sogenannten „60-qm“ Ansatz der Finanzverwaltung erteilte das Gericht eine Absage. Weitere aktuelle Urteile des BFH beziehen sich auf das Merkmal der finanziellen Beteiligung an der Erstwohnung.

Der BFH hat mit Urteil vom 10. August 2023 (Aktenzeichen VI R 11/21) entschieden, dass zum maßgeblichen Grundlohn auch die aufgrund einer Gehaltsumwandlung erbrachten Zahlungen des Arbeitgebers an eine Unterstützungskasse gehören. Es bleibt abzuwarten, inwieweit die Entscheidung auf weitere Barlohnumwandlungsmodelle (zum Beispiel zu Gunsten von Sachlohn in Form von Firmenwagennutzung oder Jobbikes) Anwendung finden wird.

Insgesamt sehen sich Arbeitgeber auch zu Beginn des Jahres 2024 wieder mit zahlreichen lohnsteuerlichen Herausforderungen konfrontiert. Unsere Expertinnen und Experten helfen gerne weiter.

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