In einer aktuellen Entscheidung bestätigte der Europäische Gerichtshof (EuGH) die deutsche Regelung, nach der der Abzug finaler Verluste einer im Vereinigten Königreich belegenen und im Jahr 2007 geschlossenen Betriebsstätte durch das deutsche Mutterunternehmen nicht zulässig ist. Eine solche Abzugspflicht lasse sich nicht aus den Vorschriften über die Beschränkung der Niederlassungsfreiheit ableiten.
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Sachverhalt

Im August 2004 eröffnete W, eine Aktiengesellschaft mit Sitz und Geschäftsleitung in Deutschland, eine Zweigniederlassung im Vereinigten Königreich. Im Jahr 2007 beschloss sie, diese zu schließen. Aufgrund der Schließung konnten die steuerlichen Verluste der Zweigniederlassung im Vereinigten Königreich nicht mehr vorgetragen werden. W machte geltend, dass bei der Ermittlung ihres zu versteuernden Einkommens in Deutschland für den Veranlagungszeitraum 2007 aus unionsrechtlichen Gründen die oben genannten Verluste ihrer Zweigniederlassung als finale Verluste zu berücksichtigen seien. Die Einkünfte der Zweigniederlassung sind in Deutschland jedoch gemäß dem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Deutschland und dem Vereinigten Königreich von der Steuerbemessungsgrundlage ausgenommen, woraufhin das deutsche Finanzamt die Berücksichtigung der Verluste ablehnte. Dagegen klagte W.

Der Bundesfinanzhof verwies die Angelegenheit an den EuGH, um eine Vorabentscheidung einzuholen, weil seiner Ansicht nach im Hinblick auf die divergierenden Entscheidungen des EuGH in den Rechtssachen Timac Agro (Urteil vom 17. Dezember 2015, C-388/14) und Bevola/Trock (Urteil vom 12. Juni 2018, C-650/16) die Frage nach der Berücksichtigung von finalen Verlusten einer gebietsfremden Betriebsstätte im Mitgliedsstaat der Muttergesellschaft bei einer Freistellung der Einkünfte der gebietsfremden Betriebsstätte nach einem DBA noch nicht ausreichend geklärt worden sei.

Entscheidung des EuGH

Am 22. September 2022 entschied der EuGH (Rechtssache W, C-538/20), dass Artikel 49 und 54 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union dahingehend auszulegen sind, dass sie einer Steuerregelung eines Mitgliedstaats entgegenstehen, nach der eine dort gebietsansässige Gesellschaft die endgültigen Verluste ihrer in einem anderen Mitgliedstaat belegenen Betriebsstätte von ihrem steuerpflichtigen Gewinn nicht abziehen kann, wenn der Ansässigkeitsmitgliedstaat aufgrund eines DBA auf seine Ausübung der Besteuerungsrechte hinsichtlich der Einkünfte verzichtet hat. Laut EuGH widerspricht die Entscheidung nicht dem Urteil in der Rechtssache Bevola/Trock, weil Dänemark auf die Ausübung seiner Besteuerungsrechte in Bezug auf die in einem anderen Mitgliedsstaat anfallenden Gewinne und Verluste einseitig verzichtet hatte.

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