Unternehmen in Schwierigkeiten

Verlust von Steuerbegünstigungen nach dem Strom- und Energiesteuergesetz droht

Dr. Gregor Weimer
Von:
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Zusammenfassung

Hohe Energiekosten stellen für viele Unternehmen eine zunehmende Herausforderung dar. Um die Kostenbelastung zumindest teilweise zu mindern, können sie Steuerbegünstigungen (Steuerbefreiungen, Steuerentlastungen u.a.) nach dem Strom- und Energiesteuergesetz in Anspruch nehmen. Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne des Europäischen Beihilfenrechts sind hiervon allerdings ausgeschlossen. Hierunter fallen auch Unternehmen, die sich tatsächlich gar nicht in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befinden. Ihnen droht durch ein aktuelles Urteil sowie eine geänderte Praxis der Zollverwaltung nun ein Verlust der genannten Steuerbegünstigungen.

INHALTE

Steuerbegünstigungen bei Strom- und Energiesteuer im Überblick

Das Strom- und Energiesteuerrecht enthält zahlreiche Steuerbegünstigungen für Unternehmen. Nach der Steuerbefreiung für Strom aus erneuerbaren Energieträgern (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 StromStG) fällt bei der Lieferung von Strom, der in bestimmten Anlagen aus erneuerbaren Energieträgern produziert wird, keine Stromsteuer an. Die Steuerentlastungen für Unternehmen des produzierenden Gewerbes (§ 9b StromStG und § 54 EnergieStG) und für die gekoppelte Erzeugung von Kraft und Wärme (§ 53a EnergieStG) geben den Unternehmen die Möglichkeit, sich die Strom- bzw. Energiesteuer für die verbrauchte Energie erstatten zu lassen.     

Darüber hinaus bestehen Steuerbefreiungen und Steuerentlastungen für weitere Spezialfälle, beispielsweise für den Energieverbrauch im öffentlichen Nahverkehr.

Hintergrund: „Unternehmen in Schwierigkeiten“ – was heißt das?

Zahlreiche Steuerbegünstigungen werden als Beihilfen im Sinne des Europäischen Beihilfenrechts angesehen. Das hat zur Folge, dass die Steuervorteile Unternehmen in Schwierigkeiten nicht gewährt werden dürfen. Problematisch dabei ist, dass auch Unternehmen, die sich tatsächlich gar nicht in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befinden, als Unternehmen in Schwierigkeiten gelten.   

Für den Status als Unternehmen in Schwierigkeiten reicht es bereits aus, dass die Hälfte der Eigenmittel durch aufgelaufene Verluste verlorengegangen ist. Daher werden nicht nur Unternehmen erfasst, die Gegenstand eines Insolvenzverfahrens sind oder die Rettungsbeihilfen bzw. Umstrukturierungsbeihilfen erhalten. Für betroffene Unternehmen ist die Versagung der Steuerbegünstigungen daher eine unerfreuliche Überraschung. 

Gegenstand der Diskussionen mit den zuständigen Hauptzollämtern ist häufig, ob und wie der Status als Unternehmen in Schwierigkeiten geheilt werden kann. In der Vergangenheit haben viele Unternehmen mit einer Patronatserklärung Abhilfe geschaffen. 

Aktuelle Entwicklungen: Rechtsprechung des BFH und Auffassung der Zollverwaltung

Der Bundesfinanzhof (BFH, Urteil vom 7. Oktober 2024 (Aktenzeichen VII R 14/21) hat nunmehr entschieden, dass das Vorliegen der Voraussetzungen eines Unternehmens in Schwierigkeiten im Einzelfall nicht durch eine positive Fortführungsprognose entkräftet werden kann. Der Gesetzeswortlaut sei insofern eindeutig. Ob eine unbedingte, unbeschränkte und rechtlich bindende Verpflichtung eines weiteren Unternehmens oder eines anderen Rechtsträgers zur vollständigen Übernahme von Verlusten durch ein anderes Unternehmen zu einem anderen Ergebnis führt, hat der BFH indes offengelassen.   

Fazit & Ausblick: Prüfung, ob die Steuerbegünstigungen noch in Anspruch genommen werden können

Unternehmen, die die Voraussetzungen eines Unternehmens in Schwierigkeiten im Sinne des europäischen Beihilfenrechts erfüllen, werden es künftig schwerer haben, dennoch in Genuss der betreffenden Steuerentlastungen nach dem Strom- und Energiesteuergesetz zu kommen. 

Hinzu kommt, dass die Zollverwaltung eine Patronatserklärung der Muttergesellschaft nicht mehr akzeptiert, um den Status als Unternehmen in Schwierigkeiten zu überwinden. Insgesamt ist also zu beobachten, dass die Praxis in diesem Bereich strenger wird. Dennoch lohnt es sich, im Einzelfall genau zu prüfen, ob eine Heilungsmöglichkeit besteht und die Steuerbegünstigungen in Anspruch genommen werden können.

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