Mit dem Referentenentwurf vom 23. Juni 2025 zur zweiten Verordnung zur Änderung der Brennstoffemissionshandelsverordnung (BEHV) leitet die Bundesregierung die entscheidende Konkretisierung im nationalen Emissionshandel ein. Ab 2026 soll, wie ursprünglich vorgesehen, die bislang geltende Festpreisregelung durch ein Auktionssystem mit Preiskorridor ersetzt werden – ein Zwischenschritt auf dem Weg in das neue europäische Emissionshandelssystem für Gebäude und Verkehr (EU ETS 2), das ab 2027 vollständig in das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz (TEHG) integriert wird. Die jüngsten regulatorischen Entwürfe der Bundesregierung schaffen wichtige Klarheit über die Übergangsmodalitäten. Während die kurzfristigen Auswirkungen durch Preiskorridore noch begrenzt bleiben, deuten Prognosen für das EU-ETS 2 auf deutlich höhere CO₂-Kosten hin, die erhebliche Auswirkungen auf Energie- und Kraftstoffpreise haben könnten. Eine frühzeitige Auseinandersetzung mit den neuen Rahmenbedingungen ist daher essenziell für eine erfolgreiche Anpassung an das sich wandelnde regulatorische Umfeld.
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Referentenentwurf BEHV: Übergang zum Auktionssystem

Mit dem Referentenentwurf zur Zweiten Verordnung zur Änderung der BEHV konkretisiert die Bundesregierung die bereits zuvor beschlossene Umstellung des nationalen Emissionshandels (nEHS) auf ein marktbasiertes System. Der Entwurf definiert nun die zentralen Rahmenbedingungen für den Wechsel von der bisherigen Festpreisregelung hin zu einem Auktionsmechanismus mit festgelegtem Preiskorridor ab 2026. Gleichzeitig legt er die Grundlage für einen geordneten Übergang in das europäische Emissionshandelssystem für Gebäude und Verkehr (ETS 2), das ab 2027 unter dem TEHG vollständig implementiert werden soll.

Die Entwicklung der CO₂-Preise im nationalen Emissionshandel spiegelt die politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen der vergangenen Jahre wider. Das ursprüngliche BEHG sah einen kontinuierlichen Preisanstieg vor: beginnend mit 25 €/t CO₂ im Jahr 2021, über 30 €/t CO₂ in 2022, bis zu geplanten 35 €/t CO₂ im Jahr 2023. Aufgrund der Energiekrise und den damit verbundenen Belastungen für Haushalte und Unternehmen wurde jedoch Ende 2022 eine Novelle verabschiedet, die den CO₂-Preis langsamer ansteigen ließ – die vorgesehene Erhöhung wurde ausgesetzt, wodurch sich Festpreise von 30 Euro im Jahr 2023, 35 Euro im Jahr 2024 und 45 Euro im Jahr 2025 ergaben.

Während in einer früheren Stellungnahme (BT-Drucksache 20/13962) noch die Einführung eines einheitlichen Festpreises von 65 €/t CO₂ diskutiert wurde, bestätigt der aktuelle Entwurf nun die Beibehaltung des ursprünglichen Preiskorridors von 55 bis 65 €/t CO₂. Eine zentrale Neuerung ist jedoch die Implementierung eines Festpreises von 70 €/t CO₂ für den Fall, dass die gesamte im Jahr 2026 verfügbare Zertifikatsmenge („Cap-Menge“) im Rahmen der Auktionen ausgeschöpft wird. In diesem Szenario wird Unternehmen die Möglichkeit eingeräumt, zeitlich befristet bis zum 31. August 2027 weitere Zertifikate zu diesem Festpreis nachzukaufen. Diese Regelung stellt einen wichtigen Sicherheitsmechanismus dar, der verhindert, dass Unternehmen bei hoher Nachfrage nicht über Zertifikate in ausreichender Menge verfügen oder auf deutlich höhere Sekundärmarktpreise angewiesen sind.

Darüber hinaus enthält der Entwurf eine Vorsorgeklausel für den Fall, dass sich die Einführung des ETS 2 verzögert. In diesem Fall würde der Preiskorridor-Mechanismus aus dem Jahr 2026 unverändert auch für das Jahr 2027 fortgeführt werden.

Übergang in den ETS II – Funktionsweise und Preisentwicklung

Im Jahr 2023 veröffentlichte die EU eine umfassende Reform des EU-Emissionshandelssystems. Eine der wesentlichen Änderungen war die Einführung des EU-ETS II für Gebäude, Straßenverkehr und weitere fossile Brennstoffe wie Heizöl, Flüssiggas, Kohle oder Erdgas, sofern diese bislang nicht im ETS I enthalten waren.

Der geplante Übergang der nationalen BEHG-Regelung zum EU ETS-II zum Jahr 2027 markiert einen essenziellen Schritt zur EU-weiten Vereinheitlichung und Verschärfung der CO₂-Bepreisung. Mit dem EU-ETS-II entsteht ein Markt für Emissionsberechtigungen nach dem Cap-and-Trade-System. Dabei wird jährlich von der EU eine mit der Zeit abnehmende Obergrenze für CO₂-Zertifikate festgelegt, um die Emissionsziele für das Jahr 2030 einzuhalten, welche eine Reduktion der CO₂-Emissionen um 55 Prozent gegenüber 1990 vorsehen.

In einem Auktionsverfahren müssen Inverkehrbringer fossiler Brennstoffe insbesondere der Wärme- und Verkehrsbranche Zertifikate erwerben.

Die zu erwartende Preisentwicklung bleibt zunächst unsicher. Je nach Modellannahmen und der angenommenen Effizienzentwicklung liegt der Preiskorridor im Jahr 2030 nach Auswertung verschiedenster Studien zwischen 60 €/t und 380 €/t. Der Mittelwert aller Studien liegt bei 220 €/t. Bereits zum Jahr 2027 besteht somit die Gefahr eines sprunghaften Preisanstiegs, auf welchen sich Unternehmen frühzeitig vorbereiten müssen.

Ein Preisanstieg um die erwähnten 220 €/t hätte bereits einen Anstieg des Erdgaspreises in Höhe von  4,4 Cent/kWh und des Benzinpreises in Höhe von  57,2 Cent/l zur Folge.

Abbildung 1 - Entwicklung CO2-Preis (Quelle: "Die CO2-Bespreisung im Umbruch" - Friedrich Ebert Stiftung)

Der große Unterschied in den Preisprognosen ist auf verschiedene Annahmen zurückzuführen. Ein wesentlicher Faktor ist die Effektivität zusätzlicher Politikmaßnahmen, insbesondere Effizienzmaßnahmen im Gebäudesektor. Je effizienter die Emissionen in den Sektoren reduziert werden, desto geringer ist auch die Nachfrage der Zertifikate und entsprechend der Preis.

Ein weiterer Aspekt ist die mögliche Verbindung zum ETS I, welche die EU-Kommission perspektivisch bis Ende Oktober 2031 prüfen soll. Sollte der Preis in beiden Systemen weit auseinander gehen, könnten Marktakteure in der Spekulation auf eine Verbindung beider Systeme frühzeitig im günstigeren System Zertifikate kaufen und damit den Preis stark beeinflussen.

Um vor allem in den Anfangsjahren einen zu hohen Preisanstieg zu vermeiden, kann die EU im ersten Jahr die Menge der zu versteigernden Zertifikate um 30 Prozent erhöhen. Darüber hinaus stehen zusätzlich 600 Millionen Zertifikate aus der Marktstabilitätsreserve (MSR) zur Verfügung. Diese können zusätzlich in den Markt ausgeschüttet werden, falls sich der Preis in einem bestimmten Zeitraum verdoppelt, verdreifacht oder um 45 €/t steigt. Sollten die Zertifikate aus der MSR nicht bis zum 1. Januar 2031 freigegeben werden, verfallen sie.

Handlungsempfehlungen für Unternehmen und Energieversorger

Die bevorstehenden Veränderungen im Emissionshandel erfordern von Unternehmen und Energieversorgern eine strategische Neuausrichtung, die weit über die reine Beschaffung von CO₂-Zertifikaten hinausgeht.

Insbesondere Unternehmen, die bereits am nationalen Emissionshandel (nEHS) teilnehmen, müssen sich auf eine einmalige Überschneidung der Berichtspflichten im Jahr 2026 einstellen. In diesem Jahr sind parallel sowohl die Anforderungen der Berichtspflichten des nEHS nach dem BEHG als auch die des neuen EU-ETS 2 zu erfüllen, bevor ab 2027 der vollständige Übergang in das europäische System erfolgt.

Energieversorger stehen vor besonderen Herausforderungen bei der Kostenweitergabe an Endverbraucher, da sich die Preisstrukturen vom bisherigen Festpreissystem zu volatilen Marktpreisen wandeln.

Bereits heute müssen Kalkulationsmodelle und Kundenverträge angepasst sowie transparente Kommunikationsstrategien entwickelt werden, um auf die prognostizierten CO₂-Preise von durchschnittlich 220 €/t CO₂ bis 2030 vorbereitet zu sein.

Unternehmen sollten jetzt die internen Strukturen so ausrichten, dass präzise Emissionsmessungen, eine zuverlässige Berichterstattung und eine rechtzeitige Zertifikatsbeschaffung gewährleistet sind. Ergänzend kann der gezielte Aufbau von Know-how, etwa durch Auktionsschulungen und ETS-Workshops, einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil sichern.

Im Beschaffungsbereich sind klar definierte Strategien für Hedging, Liquiditätssicherung und fundierte Szenarioplanungen unverzichtbar, um Preisschwankungen und Marktrisiken aktiv zu steuern. Parallel dazu bieten Investitionen in Energieeffizienz nicht nur eine direkte Senkung der Emissionen, sondern auch nachhaltige Kostenvorteile.

Schließlich sollte eine sorgfältige Überprüfung bestehender und geplanter Verträge mit Lieferanten und Kunden erfolgen, um rechtliche und wirtschaftliche Risiken im Zuge der Systemumstellung frühzeitig zu minimieren.

Unternehmen, die sich frühzeitig strategisch positionieren, können Compliance-Risiken minimieren und Wettbewerbsvorteile durch effiziente Anpassungsstrategien erzielen. Gerne unterstützen wir Sie dabei. Sprechen Sie uns an!