In internationalen B2B-Streitigkeiten ist die Klage grundsätzlich am Sitz der Gegenseite zu erheben. Wird sie nicht dort erhoben, drohen Verzögerungen und erhebliche Mehrkosten. Um dieses Risiko zu reduzieren, treffen Unternehmen häufig Gerichtsstandvereinbarungen in den allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Deren Wirksamkeit richtet sich jedoch nicht nach der deutschen Zivilprozessordnung (ZPO), sondern nach internationalen Regelwerken wie dem HGÜ, der EuGVO und dem LugÜ. Damit die vereinbarte Zuständigkeit greift, sind zwei übereinstimmende Willenserklärungen und bestimmte Formvorgaben zwingend einzuhalten.
INHALTE

Wirksamkeit internationaler Gerichtsstandsklauseln in AGB

Kaufleute können zur Absicherung prozessualer Risiken in AGB die Zuständigkeit bestimmter Gerichte vereinbaren, um entweder einen gesetzlich nicht vorgesehenen Gerichtsstand zu begründen (kaufmännische Prorogation) oder einen gesetzlich vorgesehenen Gerichtsstand abzubedingen (kaufmännische Derogation). Die Wirksamkeit solcher Klauseln im internationalen Kontext richtet sich jedoch überwiegend nach internationalen Übereinkommen und nicht nach § 38 Abs. 2 ZPO. Grundsätzlich sind internationale Gerichtsstandsvereinbarungen zulässig, sofern sie materiell wirksam zustande kommen und die erforderlichen Formanforderungen erfüllen.

Ein typischer Formulierungsvorschlag einer AGB-Gerichtsstandsklausel lautet:
„Hat mindestens eine der Vertragsparteien ihren Sitz außerhalb Deutschlands, sind für sämtliche Streitigkeiten, die sich im Zusammenhang mit dem gegenwärtigen Vertrag oder über seine Gültigkeit ergeben, die Gerichte in [Ort], Deutschland ausschließlich zuständig.“

Nachweis übereinstimmender Willenserklärungen

Wer entsprechende Klauseln in AGB verwendet, trägt die Darlegungs- und Beweislast, dass beide Parteien eine übereinstimmende Willenserklärung abgegeben haben. Ein bloßer Hinweis auf AGB in einem Angebotsschreiben genügt nicht. Vielmehr muss aus den Parteienerklärungen hervorgehen, dass die Zuständigkeit bestimmter Gerichte ausdrücklich vereinbart wurde, und zwar für bestehende oder künftige Streitigkeiten aus einem konkret definierten Vertragsverhältnis.

Formerfordernisse und Dokumentationspflicht

Die Willenseinigung muss klar und eindeutig erkennbar sein. Internationale Abkommen sehen hierfür regelmäßig Schriftform vor. Diese kann entweder durch eine gemeinsam unterzeichnete Vertragsurkunde oder durch getrennte Korrespondenz erfüllt werden, etwa durch Briefwechsel, E-Mail-Austausch oder Fax, sofern die Einigung daraus zweifelsfrei hervorgeht. Es reicht nicht aus, dass eine Seite ein Vertragsdokument mit Klausel übersendet und die andere es unterschreibt; erforderlich ist grundsätzlich eine beiderseitige Unterzeichnung.

Elektronische Übermittlungen sind zulässig, sofern sie eine dauerhafte Dokumentation ermöglichen. Bei Vertragsabschlüssen über Webseiten genügt dies nur dann, wenn die vollständige Vertragsdarstellung speicher- oder druckfähig ist. Ein bloßer Hinweis auf einer Website erfüllt das Schriftformerfordernis hingegen nicht.

Die Bezugnahme auf AGB kann ausreichend sein, wenn die AGB der Gegenseite tatsächlich zugehen und der Vertragstext ausdrücklich auf sie verweist. Eine bloße Beifügung oder ein Abdruck auf der Rückseite einer Rechnung genügt nicht. Ebenso wenig kann eine AGB-Klausel, wonach der Vertragspartner die Bedingungen „gelesen und verstanden“ habe, fehlende Einigung ersetzen. Im internationalen Kontext ist die früher vertretene Auffassung, wonach die AGB-Übermittlung bei kaufmännischem Verkehr entbehrlich sei, nicht haltbar.

Unter bestimmten Voraussetzungen gelten auch zwischen den Parteien etablierte Vertragspraktiken oder handelsübliche Verbandsbedingungen. Diese müssen jedoch auf tatsächlich gelebten und beidseitig akzeptierten Gepflogenheiten beruhen; 

Branchenüblichkeit alleine reicht nicht aus. Nach gefestigter Rechtsprechung begründet Schweigen auf eine Auftragsbestätigung keine Zustimmung, außer beide Parteien kennen einen entsprechenden internationalen Handelsbrauch oder hätten diesen kennen müssen.

Empfehlung

Auch bei scheinbar eindeutiger Vertragslage kann die Wirksamkeit einer Gerichtsstandsklausel im Streitfall angegriffen werden. Prozessuale Verzögerungen und zusätzliche Kosten sind dabei regelmäßig die Folge. Unternehmen sollten daher bereits während der Vertragsverhandlungen sicherstellen, dass die Voraussetzungen für eine wirksame Vereinbarung erfüllt sind und der Zustimmungsprozess eindeutig dokumentiert wird, etwa durch beidseitige Unterzeichnung oder klar nachvollziehbaren elektronischen Austausch.

Eine frühzeitige anwaltliche Begleitung unterstützt dabei, Formfehler zu vermeiden und mögliche internationale Zuständigkeiten präzise zu formulieren und in den Vertrag wirksam einzubeziehen. Wir beraten Sie hierzu gerne. Sprechen Sie uns an!