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Finanzverwaltung

Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise bergen auch Risiken

Am 14. Juli 2021 hat das BMF die „Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise“ veröffentlicht. Damit wurden verschiedene BMF-Schreiben im Bereich Verrechnungspreise zusammengefasst und teilweise aufgehoben (beispielsweise die jahrzehntelang für die Verrechnungspreise maßgeblichen „Verwaltungsgrundsätze 1983“). Zugleich wird auf die jüngere Rechtsprechung von Europäischen Gerichtshofes (EuGH) und Bundesfinanzhof (BFH) sowie die ab 1. Januar 2022 geltende Gesetzeslage im Bereich Verrechnungspreise Bezug genommen. Zudem wird die Finanzverwaltung dazu angehalten, sich „im Rahmen des geltenden innerstaatlichen Rechts“ grundsätzlich an den OECD-Leitlinien zu orientieren. Damit sind die Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise nun als „zentrale Fundstelle“ im Verrechnungspreisbereich zu sehen.

Neben der begrüßenswerten Zusammenfassung und Verschlankung sowie der Verknüpfung mit den OECD-Leitlinien, enthalten die Verwaltungsgrundsätze jedoch auch Handlungsanweisungen, die von den bisherigen Regelungen mitunter stark und zu Lasten des Steuerpflichtigen abweichen – nachfolgend sei dies dargestellt an ausgewählten „Leitlinien“ der Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise.

Zeitpunkt des Fremdvergleichs

Maßgebender Zeitpunkt für den Fremdvergleich ist grundsätzlich der Abschluss des Vertrags, nicht der Erfüllungszeitpunkt. Dies stellt keine neue Sichtweise dar, wurde von der Finanzverwaltung doch auch bisher der Price-Setting-Ansatz stets dem Outcome-Testing-Ansatz vorgezogen. Neu ist, dass soweit das tatsächliche Ergebnis außerhalb der Vergleichsbandbreite liegt, nunmehr eine nachträgliche Anpassung der Ergebnisse vorzunehmen ist. Damit werden im Grunde Jahresendanpassungen gefordert, die bislang nur unter engen Voraussetzungen zugelassen waren. Dieser Ansatz steht zudem im Widerspruch zu den OECD-Leitlinien, die sowohl den Price-Setting- als auch den Outcome-Testing-Ansatz anerkennen.

Neu ist auch, dass das Erreichen eines mittleren Wertes innerhalb der Bandbreite angemessener Ergebnisse über die Verrechnungspreissetzung sichergestellt werden soll. Eine Rechtsgrundlage wird in diesem Zuge nicht genannt. Auch dies steht nicht im Einklang mit der Bandbreitenbetrachtung der OECD-Leitlinien, wonach jeder Wert innerhalb einer Bandbreite fremdüblicher Ergebnisse zu akzeptieren ist. Insgesamt ist die Entwicklung hinsichtlich der Ausführungen zum Zeitpunkt der Fremdvergleichs kritisch zu sehen und potenziell streitbehaftet.

Verluste

Die Finanzverwaltung soll Verlustsituationen von „nicht als Strategieträger zu qualifizierenden Unternehmen“ strenger prüfen. Weist ein solches Unternehmen innerhalb von fünf Wirtschaftsjahren keinen „angemessenen Totalgewinn“ aus, wird pauschal unterstellt, dass die Verrechnungspreise unangemessen sind, Geschäftsvorfälle nicht identifiziert und bepreist wurden, oder Aufwendungen durch Interessen anderer Gruppenmitglieder mitverursacht sind. Die Finanzverwaltung ist dann angehalten, eine verlustkorrigierende Einkünftekorrektur für die Vergangenheit vorzunehmen.

Entsprechend sollte es bei konsequenter Auslegung der Verwaltungsanweisung ebenso zulässig sein, Auslandsverluste zum deutschen Strategieträger zurückzuholen, obgleich hierbei ein erhöhtes Streitpotenzial mit der deutschen Finanzverwaltung droht.

Die OECD Leitlinien nennen dagegen keinen festen Zeitraum, sondern halten fest, dass fremde Dritte „nicht bereit [wären], Verluste auf unabsehbare Zeit hinzunehmen“. Auch der BFH sieht Verluste von drei oder mehr Geschäftsjahren lediglich als ein Indiz dafür, dass Verrechnungspreise fremdunüblich sein könnten. Die Finanzverwaltung formuliert nun deutlich rigider und es bleibt abzuwarten, wie dies in steuerlichen Außenprüfungen umgesetzt wird.

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