Die Deutsche Emissionshandelsstelle hat jüngst neue Leitfäden für die Antragstellung zur Strompreiskompensation sowie zur Carbon Leakage Kompensation veröffentlicht. Die Behörde plant Vereinfachungen bei der Prüfung von Beihilfeanträgen. Doch Vorsicht: Was nach Bürokratieabbau aussieht, ist mit rechtlichen Unsicherheiten verbunden, vor allem im Bereich Carbon Leakage.
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Anfang April hat die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) neue Leitfäden für die Antragstellung zur Strompreiskompensation sowie zur Carbon Leakage Kompensation veröffentlicht. Kernpunkt der Änderungen: Bei einer beantragten Beihilfe von unter 100.000 Euro soll künftig eine Prüfung mit begrenzter Sicherheit ausreichen – ein Prüfungsbericht muss nicht mehr eingereicht werden. 

Was auf den ersten Blick nach einem Schritt in Richtung Bürokratieabbau klingt, kann sich in der Praxis jedoch als rechtlich problematisch erweisen. Denn die neuen Vorgaben der DEHSt stehen in einem Spannungsfeld zu bestehenden gesetzlichen Regelungen und europäischen Leitlinien – insbesondere im Bereich Carbon Leakage.

Rechtslage im Bereich Carbon Leakage – Konflikt mit der BECV 

 Ob diese scheinbaren Erleichterungen im Sinne eines Bürokratieabbaus tatsächlich rechtssicher genutzt werden können, ist fraglich. Denn gemäß § 13 Abs. 4 Satz 1 der BECV (Carbon-Leakage-Verordnung) sind Angaben im Antrag mit hinreichender Sicherheit zu prüfen.

Eine Prüfung mit nur begrenzter Sicherheit entspricht diesem gesetzlichen Prüfungsmaßstab nicht. Auch wenn sich die DEHSt in den neuen Leitfäden selbst auf diesen reduzierten Standard festlegt, entfaltet diese Verwaltungsauffassung keine Bindungswirkung gegenüber Gerichten.

Die Folge: Im Streitfall wäre ein effektiver Rechtsschutz nur schwer durchsetzbar. Frühere Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts zeigen deutlich, dass vermeintlich pragmatische Erleichterungen, die gegen geltendes Recht verstoßen, keinen Bestand haben.

Strompreiskompensation – nur in Einzelfällen praktikabel

Für die Strompreiskompensation ergibt sich ein differenziertes Bild: Nach den Vorgaben der Förderrichtlinie und den zugrundeliegenden EU-Leitlinien kann in Einzelfällen eine Prüfung mit begrenzter Sicherheit ausreichen.

In der Praxis ist diese Ausnahme jedoch kaum relevant. Die durchschnittlichen Beihilfebeträge in betroffenen Branchen liegen regelmäßig deutlich über der Grenze von 100.000 Euro – oft sogar im siebenstelligen Bereich.

Auch der angekündigte Verzicht auf den formalen Prüfungsbericht führt nicht zur erhofften Entlastung: Die wesentlichen Inhalte müssen weiterhin im Formular Management System (FMS) der DEHSt abgebildet werden – eine echte Zeitersparnis entsteht dadurch nicht.

Fazit – Vereinfachung mit Vorbehalt

Die neuen Leitfäden der DEHSt markieren einen pragmatischen Schritt in Richtung Bürokratieabbau – allerdings mit rechtlichem Unsicherheitsfaktor.

Insbesondere bei Anträgen auf Carbon Leakage Kompensation ist eine Prüfung mit begrenzter Sicherheit nicht gesetzeskonform. Auch bei der Strompreiskompensation ist die Praxisrelevanz der Vereinfachung gering.

Unternehmen sollten im Vorfeld kritisch prüfen, ob die Anwendung der neuen Vorgaben im konkreten Fall möglich und sinnvoll ist. Gerade bei rechtlich komplexen Förderverfahren empfiehlt sich eine frühzeitige Abstimmung mit Prüfern und rechtlichem Beistand.