In einem zunehmend dynamischen Marktumfeld – geprägt von technologischem Wandel, globalem Wettbewerbsdruck und konjunktureller Unsicherheit – sehen sich Unternehmen im Maschinen- und Anlagenbau immer häufiger gezwungen, ihre Strukturen anzupassen. Ob Personalabbau, Standortschließung oder Neuausrichtung von Geschäftsbereichen: Restrukturierungsmaßnahmen sind ein zentrales Instrument zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit, bringen jedoch komplexe bilanzielle Fragestellungen mit sich. Erfahren Sie, wann und unter welchen Voraussetzungen Rückstellungen für Restrukturierungen zu bilden sind, welche Unterschiede zwischen Handels- und Steuerbilanz bestehen und welche Besonderheiten bei der Bewertung zu beachten sind.
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Was gilt als Restrukturierungsmaßnahme?

Restrukturierungsmaßnahmen sind tiefgreifende organisatorische oder strukturelle Veränderungen, die auf eine nachhaltige Verbesserung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens abzielen. Sie sind häufig eine Reaktion auf Digitalisierung, verändertes Konsumentenverhalten, neue regulatorische Anforderungen oder wirtschaftliche Krisen – mit dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern oder wiederherzustellen.

Typische Maßnahmen sind etwa:

  • der Verkauf oder die Aufgabe von Geschäftszweigen,
  • die Zusammenlegung von Betriebsteilen,
  • die Stilllegung von Standorten,
  • die Verlagerung von Geschäftsaktivitäten, häufig ins Ausland,
  • die Änderung von Managementstrukturen (z. B. Abbau einer Ebene),
  • die Neuorganisation von Betriebsabläufen (z. B. Einrichtung von Shared Service Centern) sowie
  • die Einführung neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

Restrukturierungsprogramme führen häufig zu Betriebsänderungen, die mit erheblichen Nachteilen für die Belegschaft verbunden sein können. Nach den Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) ist das Management daher verpflichtet, den Betriebsrat frühzeitig zu informieren und die geplanten Maßnahmen mit ihm zu beraten.

Die zwischen Management und Betriebsrat erzielte Einigung über Ausgleichs- und Milderungsmaßnahmen ist in einem Sozialplan schriftlich festzuhalten. Da Restrukturierungen häufig den Abbau von Arbeitsverhältnissen beinhalten, bilden Regelungen zu Abfindungen und anderen Ausgleichszahlungen den Kern des Sozialplans. Häufig wird darin auch die Einrichtung von Beschäftigungs- oder Transfergesellschaften vereinbart.

Restrukturierungen sind regelmäßig mit erheblichen finanziellen Belastungen verbunden – etwa durch Abfindungen, Vertragsauflösungen oder Standortstilllegungen. Daraus ergibt sich die zentrale bilanzielle Frage: Wann und in welchem Umfang sind Rückstellungen für Restrukturierungsmaßnahmen zu bilden und aufwandswirksam zu erfassen?

Voraussetzungen für die Bildung von Restrukturierungsrückstellungen

Eine Rückstellung für Restrukturierungsmaßnahmen darf nur dann gebildet werden, wenn eine Außenverpflichtung besteht, die am Bilanzstichtag rechtlich entstanden oder wirtschaftlich verursacht ist und deren zugrunde liegende Aufwendungen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu Auszahlungen führen.

Eine Außenverpflichtung liegt vor, wenn die jeweilige Maßnahme dazu führt, dass Ansprüche von unternehmensexternen Dritten geltend gemacht werden (können). Typische Beispiele sind Abfindungszahlungen an Beschäftigte, Aufwendungen aus der vorzeitigen Auflösung von Miet-, Pacht- oder Leasingverträgen sowie von sonstigen einzelvertraglichen Verpflichtungen. Auch Rechts- und Beratungskosten im Zusammenhang mit der Restrukturierung sind einzubeziehen.

Nicht rückstellungsfähig sind dagegen Aufwendungen im Zusammenhang mit der Verlagerung von Betriebsteilen, Umbaumaßnahmen oder Umschulungskosten für Mitarbeitende, die künftig in anderen Geschäftsbereichen eingesetzt werden sollen. Solche Maßnahmen stellen rein interne Verpflichtungen dar, für die keine Außenverpflichtung besteht.

Für den Ansatz einer Restrukturierungsrückstellung muss die Außenverpflichtung bis zum Abschlussstichtag rechtlich entstanden oder wirtschaftlich verursacht sein. Dieses Kriterium gilt als erfüllt, wenn die zugrunde liegende Verpflichtung hinreichend konkret ist. Diese Konkretisierung liegt bereits mit der Beschlussfassung der zuständigen Organe vor, sofern an der Ernsthaftigkeit des Beschlusses keine Zweifel bestehen. Die Unterrichtung des Betriebsrats bis zum Bilanzstichtag ist hierbei nicht zwingend erforderlich, sofern sie nachweislich kurz bevorsteht.

Für die steuerliche Anerkennung einer Restrukturierungsrückstellung ist es jedoch zwingend erforderlich, dass der Betriebsrat bzw. die Beschäftigten bis spätestens zur Aufstellung des Jahresabschlusses über die entsprechenden Maßnahmen informiert wird. Handelsbilanziell kann die Unterrichtung auch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.

Bewertung von Restrukturierungsrückstellungen

Rückstellungen für Restrukturierungsmaßnahmen sind gemäß § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB mit dem nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrag zu bewerten. Aufgrund des Maßgeblichkeitsgrundsatzes (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG) gilt diese Bewertungsnorm auch für die steuerrechtliche Bilanzierung.

Kern eines Restrukturierungsplans sind im Regelfall Maßnahmen im Personalbereich, die oftmals den wesentlichen Anteil der Aufwendungen ausmachen und üblicherweise in einem Sozialplan oder einer sozialplanähnlichen Vereinbarung gebündelt werden.

Bei der Rückstellung für Leistungsverpflichtungen aufgrund eines Sozialplans handelt es sich um eine Kollektivverpflichtung des Unternehmens gegenüber seinen Mitarbeitenden, die eine Vielzahl von Leistungsbestandteilen umfasst. In die Rückstellungsbewertung sind alle Kosten einzubeziehen, deren Ursache in den Vereinbarungen des Sozialplans liegen. Dazu gehören insbesondere:

  • Abfindungen,
  • Ausgleichszahlungen bei Verdienstminderungen,
  • Versetzungskosten,
  • Kosten aufgrund der Erstattungspflicht von Arbeitslosengeld,
  • Rentenausgleichszahlungen sowie
  • Umzugs- oder Fahrtkosten.

Rückstellungsmindernd sind vollwertige und unbestrittene Rückgriffsansprüche gegenüber Dritten zu berücksichtigen, etwa anteilige Kostenübernahmen durch die Bundesagentur für Arbeit für Qualifizierungsmaßnahmen.

Praxisbeispiele und häufige Fehler

In der Praxis kommt es häufig zu Problemen bei der Bildung von Restrukturierungsrückstellungen, weil die Maßnahmen nicht ausreichend konkretisiert oder dokumentiert sind.

Ein häufiger Irrtum besteht darin, interne Maßnahmen als rückstellungsfähig zu behandeln. Unternehmen berücksichtigen mitunter Kosten, die nicht unmittelbar mit der Restrukturierung zusammenhängen – z. B. Umschulungskosten oder Umbaumaßnahmen.

Auch sogenannte Stay-Boni (Prämien, die mit Beschäftigten vereinbart werden, die von einer Standortschließung betroffen sind, damit sie bis zur Einstellung der Produktion im Unternehmen verbleiben) dürfen nicht zurückgestellt werden, da die Aufwendungen zum Bilanzstichtag noch nicht wirtschaftlich verursacht sind.

Ein weiterer Fehler ist die unzureichende Konkretisierung der Verpflichtung zum Bilanzstichtag. Rückstellungen dürfen nur gebildet werden, wenn ein ernsthafter Beschluss der zuständigen Unternehmensorgane vorliegt, der die geplante Maßnahme ausreichend konkretisiert. Eine bloße Absicht oder allgemeine Planung genügt nicht – fehlt ein solcher Beschluss, ist die Passivierung unzulässig.

Die Verpflichtung muss sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach hinreichend bestimmt sein. Das bedeutet: Die wirtschaftlich wesentlichen Merkmale müssen feststehen, und der voraussichtliche Erfüllungsbetrag muss realistisch geschätzt werden können.

Dazu gehört auch, dass der Umfang der betroffenen Mitarbeitenden oder der zu erwartenden Kosten bekannt ist. Ist der Kostenrahmen unklar oder nicht verlässlich bezifferbar, fehlt eine zentrale Voraussetzung für die Rückstellungsbildung.

Fazit

Restrukturierungen sind oft unvermeidbar, um Unternehmen in einem herausfordernden Wettbewerbsumfeld zukunftsfähig aufzustellen. Die bilanzielle Behandlung solcher Maßnahmen ist jedoch komplex.

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