Vergütungsrecht nach VOB/B

Nachträge beim EP-Vertrag sind nach Einheitspreisen abzurechnen

Jörg Kowalsky
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QUICK SUMMARY

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat in seinem Urteil vom 12. August 2025 (Aktenzeichen 10 U 149/24) zur Vergütung von Nachtragsleistungen im Rahmen eines Bauvertrags nach den Regelungen der VOB/B entschieden. Im Zentrum steht dabei die Frage, wie die Vergütung für zusätzliche Leistungen zu berechnen ist, wenn keine ausdrückliche Einigung über die Preisbildung zwischen den Vertragsparteien besteht. Das Gericht stärkt die Position des Auftraggebers hinsichtlich der Prüffähigkeit von Rechnungen und schafft Klarheit für die Praxis im Bauvertragsrecht. Wir fassen das Urteil für Sie zusammen.

INHALTE

I. Sachverhalt

Die Klägerin machte Werklohnansprüche für Nachtragsleistungen geltend, die im Zuge einer Änderung bzw. Erweiterung des ursprünglichen Bauauftrags entstanden waren. Die Parteien hatten sich jedoch nicht auf eine konkrete Preisregelung für diese Zusatzleistungen verständigt.

II. Rechtliche Würdigung

Das OLG Stuttgart stellt klar, dass sich die Vergütung für Nachtragsleistungen grundsätzlich nach § 2 Abs. 5 und 6 VOB/B richtet. Wenn – wie hier – eine Änderung des ursprünglichen Bauentwurfs vorliegt (§ 1 Abs. 3 VOB/B) und keine Einigung über die Preisbemessung erzielt wurde, ist der Preis nach den tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge zu ermitteln.

Die Richter betonen, dass § 2 Abs. 5 VOB/B keinen konkreten Maßstab zur Preisbildung vorgibt. Auch ein übereinstimmendes, stillschweigendes Verständnis der Parteien hinsichtlich einer vorkalkulatorischen Preisfortschreibung konnte nicht festgestellt werden. Damit liegt eine Vertragslücke vor, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB zu schließen ist.

Das Gericht folgt dabei der Linie des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 08.08.2019 – VII ZR 34/18), wonach bei fehlender Vereinbarung die Preisbildung auf Basis der tatsächlichen Kosten zuzüglich eines angemessenen Zuschlags erfolgen soll. Diese Methode sei sachgerecht und entspreche dem hypothetischen Parteiwillen.

III. Prüffähigkeit der Abrechnung

Ein weiterer Aspekt des Urteils betrifft die Prüffähigkeit der Abrechnung. Das OLG stellt klar, dass eine Vergütungsklage mangels Fälligkeit abzuweisen ist, wenn die Rechnung nicht prüfbar ist und dies innerhalb der Prüffrist nach § 16 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B gerügt wurde. Die Prüffähigkeit ist Voraussetzung für die Fälligkeit des Werklohnanspruchs.

IV. Prozessuale Einordnung

Die Klägerin hatte im Berufungsverfahren eine neue Schlussrechnung vorgelegt. Das Gericht wertet dies nicht als Änderung des Streitgegenstandes, sondern als zulässige Berichtigung des bisherigen Vortrags gemäß § 264 Nr. 1 ZPO.

Fazit:

Das Urteil konkretisiert die Anforderungen an die Preisbildung bei Nachträgen im VOB/B-Vertrag und bestätigt die Notwendigkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung bei fehlender Einigung. Es stärkt die Position des Auftraggebers hinsichtlich der Prüffähigkeit von Rechnungen und schafft Klarheit für die Praxis im Bauvertragsrecht. Bei Rückfragen oder Beratungsbedarf stehen wir Ihnen jederzeit gerne als Ansprechpartner zur Verfügung.