PV- & Windenergieanlagen an Land im Fokus

Wirtschaftliche Auswirkungen des Solarspitzengesetzes auf Photovoltaik- und Windenergieanlagen an Land

Leon Hemker
Von:
insight featured image
Seit dem 25. Februar 2025 erhalten Photovoltaik – und Windenergieanlagenbetreiber in Phasen negativer Strompreise ab der ersten Stunde keine Vergütung mehr. Zudem wurde die Leistung, ab der diese Regelung greift, von 400 kWp auf 2 kWp verringert. Dies hat Folgen für die Wirtschaftlichkeit von Photovoltaik- (PV-Anlagen) und Windenergieanlagen an Land (WEA-Onshore), die es zu beachten gilt.
INHALTE

Solarspitzengesetz und negative Strompreise einfach erklärt

Im Zuge der angestrebten Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 forciert Deutschland den beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien (EE), insbesondere von PV-Anlagen und WEA-Onshore. Infolgedessen ist die installierte Erzeugungsleistung beider Technologien in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen. Wie in Abbildung 1 veranschaulicht, wächst die installierte Leistung von WEA-Onshore seit dem Jahr 2020 kontinuierlich mit einer durchschnittlichen jährlichen Zuwachsrate von rund 4 %. Noch dynamischer entwickelte sich der Ausbau der PV-Anlagen: Besonders im Jahr 2024 zeigte sich ein markanter Anstieg, bei dem die installierte Leistung der PV-Anlagen um 20 % über dem Vorjahresniveau lag.

Die nachfolgend dargestellten Änderungen des § 51 EEG sind neben PV-Anlagen und WEA-Onshore für weitere EE-Erzeugungstechnologien relevant. Aufgrund der Dynamik der beiden Erzeugungstechnologien behandelt dieser Artikel ausschließlich Auswirkungen auf PV-Anlagen und WEA-Onshore.

Abbildung 1: Installierte Erzeugungsleistung in Gigawatt [GW] von PV-Anlagen und WEA-Onshore in den Jahren 2020 bis 2024 (Quelle: Bundesnetzagentur: Statistik zur Stromerzeugungsleistung ausgewählter erneuerbarer Energieträger - April 2025)

Mit dem fortschreitenden EE-Ausbau geht jedoch eine zentrale Herausforderung einher: Die Einspeisung von Strom durch PV-Anlagen und WEA-Onshore ist stark volatil und von den jeweiligen Wetterbedingungen abhängig. In Zeiten mit geringer Stromnachfrage (Schwachlastzeiten) und gleichzeitig hoher Stromeinspeisung durch EE-Anlagen entsteht häufig ein Überschuss an erzeugtem Strom.

Da es bislang an ausreichend Speicherkapazitäten und flexibel steuerbaren Verbrauchern mangelt, kann dieser Überschussstrom nur unzureichend genutzt werden. Die Folge: Der Strompreis fällt zeitweise unter null. In Phasen negativer Strompreise erhalten Stromproduzenten (außerhalb einer EEG-Förderung) keine Börsenerlöse für ihren eingespeisten Strom – im Gegenteil: Sie zahlen dafür, dass dieser überhaupt abgenommen wird.

Abbildung 2 illustriert die Zunahme von Stunden mit negativen Strompreisen seit dem Jahr 2022 deutlich.

Was ändert sich mit dem Solarspitzengesetz konkret?

Da für EE-Anlagen, die eine EEG-Förderung erhalten, zu Zeiten negativer Strompreise gesonderte Gesetzesregelungen gelten, hat der Deutsche Bundestag am 31. Januar 2025 das sogenannte Solarspitzengesetz verabschiedet. Es trat am 25. Februar 2025 in Kraft. Das Gesetz beinhaltet umfassende Änderungen zentraler energierechtlicher Regelwerke, darunter des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG), des Messstellenbetriebsgesetzes (MsbG), des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) sowie der Erneuerbare-Energien-Verordnung (EEV). Ziel der Gesetzesnovelle ist, die Stabilität der Stromnetze zu erhöhen und temporäre Stromüberschüsse künftig wirksamer zu begrenzen.

Ein Bestandteil des Gesetzes ist die Neufassung der §§ 51 ff. EEG, die die Vergütungssystematik bei negativen Strompreisen wesentlich verschärft. Tabelle 1 stellt die bisherige Rechtslage der aktuellen Regelung gegenüber. Demnach erhalten Betreiber von neu in Betrieb genommenen PV-Anlagen und WEA-Onshore gemäß der Neufassung des § 51 EEG keine Einspeisevergütung mehr, wenn sie in Zeiten negativer Strompreise Strom ins Netz einspeisen. Die bislang geltenden Übergangsregelungen wurden vollständig aufgehoben.

Darüber hinaus wurde der Schwellenwert für die Anwendbarkeit dieser Regelung erheblich gesenkt: Während zuvor nur Anlagen mit einer installierten Leistung ab 400 kWp betroffen waren, greift die neue Regelung seit dem 25. Februar 2025 bereits ab einer Anlagengröße von 2 kWp. Für Anlagen im Leistungsbereich von 2 bis 100 kWp gilt die Regelung allerdings nur, sofern ein intelligentes Messsystem installiert ist.

Regelung    § 51 EEG 2023 bis zum 24.02.2025 § 51 EEG 2023 ab 25.02.2025
Verringerung des Zahlungsanspruchs bei negativen Preisen:

Wenn der Spotmarktpreis

  • im Jahr 2023 für die Dauer von mindestens vier aufeinanderfolgenden Stunden,

  • in den Jahren 2024 und 2025 für die Dauer von mindestens drei aufeinanderfolgenden Stunden,

  • im Jahr 2026 für die Dauer von mindestens zwei aufeinanderfolgenden Stunden und

  • ab dem Jahr 2027 für die Dauer von mindestens einer Stunde
negativ ist, verringert sich der anzulegende Wert auf null.
  • Für Zeiträume, in denen der Spotmarktpreis negativ ist, verringert sich der anzulegende Wert auf null.
Die Regelung ist für folgende Anlagen nicht anzuwenden: 
  • Anlagen mit einer installierten Leistung von weniger als 400 kWp.
  • Anlagen mit einer installierten Leistung von weniger als 2 kWp für Zeiträume vor Ablauf des Kalenderjahres, für die die BNetzA eine entsprechende Festlegung gem. § 85 Abs. 2 Nr. 12 EEG getroffen hat;

  • Anlagen mit einer installierten Leistung von weniger als 100 kWp für Zeiträume vor Ablauf des Kalenderjahres, in dem die betroffene Anlage mit einem intelligenten Messsystem ausgestattet wird; d.h. solange sie noch nicht damit ausgestattet ist, bleibt sie von der neuen Regelung ausgenommen.

Für Strom aus Anlagen, bei denen sich der anzulegende Wert gemäß § 51 EEG infolge negativer Strompreise auf null reduziert, sieht § 51a EEG eine Kompensation vor: Der Vergütungszeitraum wird um die Anzahl der aufgerundeten Viertelstunden verlängert, in denen keine Vergütung gezahlt wurde.

Darüber hinaus eröffnet das EEG auch Bestandsanlagenbetreibern eine Option zur freiwilligen Anwendung der neuen Regelung. Betreiber, die bislang nicht von einer Reduktion der Einspeisevergütung bei negativen Strompreisen betroffen waren und sich dennoch für die Anwendung der neuen Vorschriften entscheiden, profitieren gemäß § 100 Abs. 47 EEG von einem zusätzlichen Bonus: Die EEG-Vergütung wird in diesem Fall um 0,6 ct/kWh erhöht.

Vergütungsfreie Stromerzeugung gemäß § 51 EEG – Jahresmengen nach Erzeugungsarten

Im Rahmen der Analyse wurden die Stromerzeugungsmengen von WEA-Onshore und PV-Anlagen während Zeiträumen negativer Strompreise untersucht. Abbildung 3 zeigt, dass der Verlauf der Stromerzeugung durch WEA-Onshore in GWh während negativer Strompreisphasen zwischen 2020 und 2024 etwa dem Verlauf der Gesamtstunden im Verhältnis zu Stunden negativer Strompreise ähnelt (Abbildung 2). Allerdings liegt das Verhältnis der Stromerzeugung in GWh von WEA-Onshore während negativer Strompreisphasen in allen Jahren etwas über dem Verhältnis der Gesamtstunden eines Jahres zu Stunden negativer Strompreise. Im Jahr 2024 lag die Stromerzeugung durch WEA-Onshore beispielsweise. ca. 1,1 % über den Stunden negativer Strompreise im Verhältnis zu den Gesamtstunden eines Jahres. WEA-Onshore produzieren also etwas mehr Strom in Phasen, in denen es bereits viel Strom gibt.

Noch deutlicher ist dieser Effekt bei PV-Anlagen zu beobachten (Abbildung 4): Seit dem Jahr 2023 ist das Verhältnis der gesamten PV-Stromerzeugung zur PV-Stromerzeugung während negativer Strompreise überproportional angestiegen. Diese unterschiedliche Dynamik lässt sich insbesondere durch den stark beschleunigten Ausbau von PV-Anlagen (vgl. Abbildung 1) erklären, der zu einer erhöhten Einspeisung in typischen Schwachlastzeiten führt – beispielsweise zur Mittagszeit.

Eine vertiefende Analyse der jeweiligen Erzeugungsprofile sowie ihrer konkreten Auswirkungen auf die Strompreisentwicklung erfolgt in den nachfolgenden Abschnitten.

Wirtschaftlicher Vergleich der aktuellen Fassung des § 51 EEG und der bis zum 24.02.2025 gültigen Fassung

Struktur und Wirkzusammenhänge negativer Strompreise: zeitliche Muster und wirtschaftliche Relevanz

Im Jahr 2023 erfolgte der Großteil der Stromerzeugung aus PV-Anlagen und WEA-Onshore während negativer Strompreisphasen in Zeiträumen, in denen die Preise für mindestens drei aufeinanderfolgende Stunden negativ waren. Konkret entfielen 96 % der PV-Einspeisung sowie 97 % der WEA-Onshore-Einspeisung in den Phasen negativer Strompreise auf Zeiträume mit einer Mindestdauer von drei Stunden (vgl. Abbildung 5 und Abbildung 6). Im Jahr 2024 lagen die entsprechenden Anteile bei 91 % (PV-Anlagen) und 96 % (WEA-Onshore).

Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die ökonomischen Auswirkungen der im Februar 2025 in Kraft getretenen Novellierung des § 51 EEG in der betrieblichen Praxis nur begrenzte Relevanz entfalten, was die Reduktion der Mindestdauer für eine Vergütungsunterbrechung angeht. Die betroffenen Anlagen hätten aufgrund der Häufigkeit und Länge negativer Strompreisphasen bereits unter der früheren Gesetzeslage (ab drei aufeinander folgenden Stunden mit negativen Strompreisen) mit vergleichbaren Erlöseinbußen rechnen müssen.

Ein zentraler Treiber dieser Entwicklung ist die zeitliche Struktur der Stromeinspeisung durch EE-Anlagen. Während sich PV-Anlagen und WEA-Onshore hinsichtlich ihrer monatlichen Erzeugungsmengen oftmals gut ergänzen (vgl. Abbildung 7), zeigt sich auf Tagesebene eine geringere Komplementarität (vgl. Abbildung 7). Die Einspeiseprofile beider Technologien unterscheiden sich deutlich: Die Stromerzeugung aus PV-Anlagen folgt einem ausgeprägten Tagesgang, der maßgeblich durch die solare Einstrahlung geprägt ist und sich auf die sonnenintensiven Stunden zwischen Vormittag und Nachmittag konzentriert. Im Gegensatz dazu verläuft die Einspeisung aus WEA-Onshore über den Tagesverlauf vergleichsweise konstant (vgl. Abbildung 8).

Als Folge dieser strukturellen Unterschiede treten negative Strompreise verstärkt in den Mittagsstunden der Sommermonate auf – typischerweise in Phasen maximaler PV-Einspeisung. In diesen Zeitfenstern kann es aufgrund der hohen Einspeisemengen zu einem kurzfristigen Überangebot auf dem Strommarkt kommen. Entsteht ein solcher Überschuss bereits in den frühen Mittagsstunden (z. B. gegen 10 oder 11 Uhr) und bleibt der Einspeiseverlauf ohne signifikante Reduktion, so ist mit einer mehrstündigen Periode negativer Strompreise zu rechnen.

Ohne den beschleunigten Ausbau von Speicherkapazitäten, die systematische Flexibilisierung der Nachfrage sowie eine flexible Fahrweise von Back-up-Kapazitäten ist mittelfristig von einer weiteren Zunahme derartiger Preiskonstellationen auszugehen. Die wirtschaftlichen Auswirkungen auf Betreiber von EE-Anlagen resultieren dabei weniger aus der Novellierung bzgl. des Vergütungsmechanismus während negativer Strompreisphasen (vgl. Tabelle 1), sondern vielmehr aus der steigenden Frequenz und Dauer negativer Strompreise im Strommarkt.

Auswirkungen der Novellierung des § 51 EEG auf PV-Anlagen unterhalb der bisherigen Schwellenleistung

Seit Inkrafttreten der Novellierung des § 51 EEG am 25. Februar 2025 wurden laut Marktstammdatenregister bis zum 16. Mai 2025 bundesweit rund 2,4 GWp an zusätzlicher PV-Leistung in Betrieb genommen. Die überarbeitete Gesetzesfassung senkt die Schwellenleistung, ab der Anlagen von der Vergütungsunterbrechung bei negativen Börsenstrompreisen betroffen sind, von 400 kWp auf 2 kWp.

Durch die Ausweitung sind nunmehr auch kleinere dezentrale Erzeugungsanlagen betroffen, wie sie typischerweise im privaten und kleingewerblichen Bereich zu finden sind – insbesondere dann, wenn der erzeugte Strom nicht vollständig am Ort der Erzeugung verbraucht wird. Von den seit Februar 2025 neu zugebauten PV-Anlagen entfällt ca. 1 GWp (rund 42 %) auf das Segment zwischen 2 kWp und 400 kWp.

Eine beispielhafte Betrachtung auf Basis der Einspeisecharakteristika von PV-Anlagen im Jahr 2024 zeigt, dass bei Volleinspeisung und Anwendung der novellierten Regelung (wie bei Anlagen mit mehr als 400 kWp) bis zu 18,4 % der potenziellen Einspeiseerlöse nicht vergütet worden wären (vgl. Abbildung 6). Dieser Wert variiert je nach Eigenverbrauchsanteil sowie dem zeitlichen Abgleich von Stromerzeugung und -verbrauch. Insgesamt ist festzustellen, dass die Absenkung der Schwellenleistung eine signifikante Auswirkung auf die Wirtschaftlichkeit von PV-Kleinanlagen entfaltet und damit die Marktdurchdringung mit Speicherlösungen und Flexibilitätsoptionen ökonomisch weiterhin fördern dürfte.

Für WEA-Onshore hingegen bleibt diese Änderung weitgehend folgenlos, da deren installierte Leistung typischerweise oberhalb von 400 kWp liegt und sie somit bereits unter die bisherige Regelung fielen. Die strukturelle Relevanz der Schwellenwertänderung liegt daher primär im Segment kleinerer PV-Anlagen.

Berücksichtigung negativer Strompreisphasen bei Investitionsentscheidungen und Optionen für Bestandsanlagenbetreiber

Angesichts des fortschreitenden Ausbaus der Stromerzeugung durch EE-Anlagen, insbesondere im Bereich der PV, sowie des derzeit noch begrenzten Markthochlaufs stationärer Speichertechnologien ist in den kommenden Jahren nicht mit einer signifikanten Reduktion der Häufigkeit negativer Strompreisphasen zu rechnen. Kurz- bis mittelfristig bleibt somit eine strukturelle Marktspannung bestehen, die sich unmittelbar auf die Erlöspotenziale neuer EE-Investitionen auswirken kann.

Vor diesem Hintergrund ist es bei der Planung und wirtschaftlichen Bewertung von Neuanlagen empfehlenswert, potenzielle Erlöseinbußen durch negative Strompreise explizit zu berücksichtigen. Die Integration von Speichersystemen, Lastverschiebungstechnologien oder anderen Flexibilitätsoptionen kann in diesem Zusammenhang als strategische Maßnahme zur Reduktion des Marktpreisrisikos dienen.

Jetzt prüfen: Lohnt sich der Opt-in für Ihre Bestandsanlage?

Grant Thornton unterstützt Projektentwickler und Investoren mit detaillierten Wirtschaftlichkeitsanalysen, die differenzierte Erlösszenarien, technologiebedingte Erzeugungsprofile sowie potenzielle Abschläge für negative Strompreisphasen einbeziehen. 

Für Bestandsanlagen, die nicht unter die gesetzliche Regelung fallen, besteht die Möglichkeit einer freiwilligen Opt-in-Erklärung. Im Gegenzug erhalten Anlagenbetreiber einen pauschalen finanziellen Ausgleich in Höhe von 0,6 ct/kWh. Ob ein Wechsel in das neue Vergütungsregime wirtschaftlich vorteilhaft ist, hängt maßgeblich von der individuellen EEG-Vergütung, dem spezifischen Einspeiseprofil sowie der Häufigkeit negativer Preisphasen ab.

Eine sorgfältige betriebswirtschaftliche Prüfung ist daher in jedem Fall zu empfehlen. Für weiterführende Informationen und eine individuelle Bewertung stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

 

In Zusammenarbeit verfasst mit Dennis Sauer und Yihan Jiang, Grant Thornton.