Bei der Bewertung von Unternehmen ist darauf zu achten, dass die in der Planung reflektierten Inflationserwartungen in einem plausiblen Verhältnis zu den Inflationserwartungen stehen, die im Kapitalisierungszinssatz und dort insbesondere im risikolosen Zinssatz abgebildet sind.
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Verbraucher und Unternehmen sehen sich derzeit hohen Inflationsraten gegenüber. So ist für Deutschland der harmonisierte Verbraucherpreisindex im August 2022 um 7,9 Prozent und der Erzeugerpreisindex im Juli um 37,2 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat angestiegen. Die Deutsche Bundesbank hält es für wahrscheinlich, dass die Inflationsrate der Verbraucherpreise im Herbst 2022 eine Größenordnung von 10 Prozent erreichen kann. Unternehmen stellen sich daher immer häufiger die Frage, welche Implikationen sich durch die hohen Inflationsraten für Unternehmenswerte ergeben. Dabei stehen insbesondere die Planungsrechnung und die Kapitalkosten im Fokus.

Unternehmensplanung

Basis einer Unternehmensbewertung sind eine Planung der zukünftigen Erträge und Aufwendungen sowie eine damit verknüpfte Bilanz- und Cashflow-Planung. Viele Unternehmen verfügen über eine kurz- bis mittelfristige Unternehmensplanung, in der sich die Erwartungen der Planungsverantwortlichen widerspiegeln. Die Inflation spielt dabei sowohl bei der Planung der Erträge als auch der Aufwendungen eine Rolle. Bei der Planung der Erträge – insbesondere der Umsatzerlöse – stehen die inflatorischen Effekte auf die Absatzpreise und die damit ggf. verbundenen Auswirkungen auf die Absatzmengen im Vordergrund.

Bei der Erstellung der kurz- bis mittelfristigen Planungsrechnung ist daher vor allem relevant, inwieweit das Geschäftsmodell eines Unternehmens – unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf die Absatzmengen – die Weitergabe von Preissteigerungen auf der Beschaffungsseite auf die Absatzpreise erlaubt. Gelingt die Überwälzung von Preissteigerungen auf der Beschaffungsseiten auf die Absatzpreise ohne dadurch Absatzmengen zu verlieren, ergeben sich keine Ergebniseffekte, gelingt dies jedoch nicht oder nicht in vollem Umfang, reduzieren sich die geplanten Ergebnisse und damit die bewertungsrelevanten Überschüsse. Damit steigt die Planungsunsicherheit für Unternehmen und manche Unternehmen drohen in finanzielle Schieflage zu geraten.

Für Zwecke einer Unternehmensbewertung muss die Planungsrechnung des Unternehmens regelmäßig um einen an die Detailplanungsphase anschließenden Zeitraum der ewigen Rente ergänzt werden, um die theoretisch unbegrenzte Lebensdauer eines Unternehmens in der Bewertung abzubilden. Das für den Zeitraum der ewigen Rente erwartete nachhaltige Ergebnis ist häufig kein Teil der Unternehmensplanung und muss daher in Abstimmung zwischen Unternehmensbewerter und Unternehmen abgeleitet werden. Dabei ist zu beachten, dass das nachhaltige Ergebnis mit einer nachhaltigen Wachstumsrate fortgeschrieben wird, die sich an den langfristigen Inflationserwartungen orientiert. Im Rahmen der Bewertung muss daher genau analysiert werden, inwieweit die aktuellen inflatorischen Effekte langfristigen Charakter haben.

Kapitalisierungszinssatz

Die aus der Unternehmensplanung abgeleiteten zu kapitalisierenden Ergebnisse müssen mit einem adäquaten Kapitalisierungszinssatz diskontiert werden. Ein Kapitalisierungszinssatz ist adäquat, wenn er unter anderem im Hinblick auf den Geldwert zu den kapitalisierenden Ergebnissen „passt“. Im Kapitalisierungszinssatz wird der Geldwert insbesondere über den risikolosen Zinssatz abgebildet, der sowohl eine reale als auch eine inflatorische Komponente enthält.

Als Reaktion auf den Anstieg der Inflationsraten haben Zentralbanken mit einer Anhebung des Zinsniveaus begonnen, wodurch sich beispielsweise die nominale Rendite von langlaufenden deutschen Staatanleihen mit einer Laufzeit von 30 Jahren von nahe Null Prozent zu Beginn des Jahres 2022 auf rund 1,5 Prozent zum Ende August erhöht hat. Die zu Beginn des Jahres 2022 bereits beobachtbaren negativen realen Renditen sind insbesondere im kurzfristigen Bereich aufgrund der hohen Inflationsraten noch negativer geworden, weil der Anstieg des nominalen Zinsniveaus nicht mit dem Anstieg der Inflation Schritt gehalten hat. Für die Bewertung bedeutet dies, dass bei einer realen Betrachtung der risikolose Zinssatz – zumindest kurzfristig – sehr kleine oder sogar negative Werte annehmen kann.

Fazit

Die aktuell hohen Inflationsraten erhöhen die Unsicherheit für die kurz- und mittelfristige Planung von Unternehmen. Für die langfriste Planung sollte auch auf langfristige Inflationserwartungen abgestellt werden. Die in der Planungsrechnung reflektierten Inflationsraten sollten in einem plausiblen Verhältnis zu den Inflationserwartungen stehen, die im Kapitalisierungszinssatz und dort insbesondere im risikolosen Zinssatz abgebildet sind.

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