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Außensteuergesetz

Hinzurechnungsbesteuerung soll umfassend reformiert werden

Am 21. Mai 2021 hat der Bundestag dem ATAD-Umsetzungsgesetz – nach langem Tauziehen zwischen dem Bundesfinanz- und dem Bundeswirtschaftsministerium – zugestimmt. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 7. Mai 2021 seine Stellungnahme hierzu abgegeben, die auch Einzelthemen der Hinzurechnungsbesteuerung betraf. Es ist derzeit geplant, dass der Bundesrat in seiner Sitzung am 25. Juni 2021 dem Gesetz zustimmt und damit der Abschluss des Gesetzgebungsverfahren noch in dieser Legislaturperiode erfolgen wird.

Allgemeines

Erstmals seit ihrer Einführung im Jahr 1972 sollen durch das Gesetz die in den §§ 7 ff. Außensteuergesetz (AStG) verankerten Regelungen zur Hinzurechnungsbesteuerung umfassend reformiert werden. Grund hierfür sind die über die Anti-Steuervermeidungsrichtlinie für alle Mitgliedsstaaten verpflichtend geltenden Mindeststandards zur Hinzurechnungsbesteuerung. Deren Umsetzung wird zu weitreichenden Verschärfungen für viele international agierende Unternehmen führen, wobei insbesondere ausländische (Zwischen-)Holdingstrukturen betroffen sein werden. Durch die Abkehr vom bisherigen Kernelement der „Inländerbeherrschung“ werden künftig Unternehmensgruppen der Hinzurechnungsbesteuerung unterfallen, die in der Vergangenheit strukturell bedingt hiervon nicht erfasst waren. Unverändert soll die viel kritisierte Schwelle von 25% für eine Niedrigbesteuerung fortgelten. Damit würde eine große Zahl an Ländern zu Niedrigsteuerländern werden.

Geprägt ist die gesetzliche Neufassung von einem konzeptionell neuen Beherrschungskonzept einschließlich eines erweiterten persönlichen Anwendungsbereichs, einem signifikant ergänztem Aktivitätskatalog sowie einem verschärften Motivtest. Diese Aspekte ergänzen bzw. fügen sich ein in die bekannten drei wesentlichen Tatbestandsmerkmale: die Beherrschung, die Erzielung passiver Einkünfte und die Niedrigbesteuerung.

Gesellschafterbezogenes Beherrschungskonzept und erweiterter persönlicher Anwendungsbereich

Das Merkmal der Beherrschung soll künftig nicht mehr individuell, sondern stattdessen gesellschafterbezogen geprüft werden. Hierbei sind sowohl unmittelbare als auch mittelbare Beteiligungen zu berücksichtigen. Überdies sollen dem einzelnen unbeschränkt Steuerpflichtigen auch Anteile ihm „nahestehender Personen“ zugerechnet werden, unabhängig davon, wo diese einer Steuerpflicht unterliegen. Eine Beherrschung soll vorliegen, wenn dem Steuerpflichtigen allein oder gemeinsam mit ihm nahestehenden Personen mehr als die Hälfte der Stimmrechte oder mehr als die Hälfte der Anteile am Nennkapital der ausländischen Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zuzurechnen sind.

Überaus kritisch ist die gesetzliche widerlegbare Vermutung zu sehen, nach der die Gesellschafter einer Personengesellschaft oder Mitunternehmerschaft grundsätzlich durch ein abgestimmtes Verhalten zusammenwirken. Da hier keine Mindestbeteiligung gefordert wird, ist der Anwendungsbereich selbst für Kleinstbeteiligungen an Personengesellschaften grundsätzlich eröffnet. Nach neuem Recht sollen künftig auch beschränkt Steuerpflichtige der Hinzurechnungsbesteuerung unterliegen, wenn und soweit die Beteiligung an einer ausländischen Gesellschaft einer inländischen, originär gewerblichen Betriebsstätte entsprechend zuzuordnen ist.

Der ergänzte Aktivitätskatalog

Der Aktivkatalog ist zwar wie bisher aufgebaut, enthält jedoch punktuelle Verschärfungen. Wie nach dem bestehenden Recht auch, sieht die Regelung vor, dass alle Einkünfte „passiv“ sind, die nicht ausdrücklich als „aktiv“ gekennzeichnet werden. Zu beachten ist, dass dies künftig insbesondere auch bei Dividendeneinkünften gilt, die unter bestimmten Voraussetzungen (zum Beispiel Streubesitz) als „passiv“ zu qualifizieren sind. Zinsen sollen ausnahmslos passive Einkünfte begründen. Positiv ist festzustellen, dass Veräußerungsgewinne aus Anteilen an Körperschaften künftig prinzipiell immer als „aktiv“ zu qualifizieren sind, wobei in jedem Fall eine Ausschlussprüfung zu erfolgen hat.

Verschärfter Motivtest

Der vorgesehene Motiv- oder auch Substanztest, um eine Hinzurechnungsbesteuerung auszuschließen, bleibt im Wesentlichen auf das EU/EWR-Gebiet beschränkt. Dieser Test soll lediglich in Spezialfällen, nicht nur in EU-Fällen, sondern auch bei Drittstaaten zum Einsatz kommen.

Anwendungszeitraum

Die Neuregelungen sollen erstmals auf Zwischeneinkünfte Anwendung finden, die in dem Wirtschaftsjahr der Zwischengesellschaft entstanden sind, das nach dem 31. Dezember 2021 beginnt. Dies kann im Jahr 2022 zu zwei Hinzurechnungen führen: Zum einen nach dem derzeit für das Wirtschaftsjahr 2021 geltenden Recht und zum anderen zusätzlich nach dem neuen, für das Wirtschaftsjahr 2022 der ausländischen Gesellschaft geltenden Recht. Bislang ist ungeklärt, wie diese Doppelung ausgeschlossen werden soll.

 

 

 

 

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