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Beratungspraxis Unternehmenssteuern

Sabine Najdecki Sabine Najdecki

„Leitplanken“ für das Unternehmenssteuerrecht

Mit unserer Reihe „Beratungspraxis Unternehmenssteuern“ informieren wir Sie monatlich über aktuelle und praxisrelevante Themen im Bereich des nationalen Ertragsteuerrechts für Personen- und Kapitalgesellschaften. Unsere Ansprechpartner finden Sie unter den Artikeln.

Top-Thema: Kapitalrückzahlungen aus ausländischen Kapitalgesellschaften

Kurzhinweise: Abschaffung der bilanzsteuerlichen Abzinsung von Verbindlichkeiten / Verlängerung der Erklärungspflichten in beratenen Fällen / Neuregelung zum Verlustrücktrag / Hinzurechnung der auf den Mieter umgelegten Grundsteuer

Mai 2022: Kapitalrückzahlungen aus ausländischen Kapitalgesellschaften: Rechtssicherheit durch neues BMF-Schreiben

Hintergrund: Im Rahmen des Besteuerungsverfahrens muss bei Zahlungen von Kapitalgesellschaften an ihre Anteilseigner unterschieden werden, ob es sich um eine steuerbare (unter Umständen nach § 8b KStG steuerbefreite) Gewinnausschüttung oder um eine nicht steuerbare Rückzahlung von Einlagen handelt. Letztere mindert beim Gesellschafter den steuerlichen Beteiligungsbuchwert. Bei einer nicht steuerbaren Rückzahlung von Einlagen kann es sich sowohl um eine Auskehrung von Nennkapital als auch um die Rückgewähr sonstiger Einlagen handeln. Insbesondere in Fällen von Beteiligungen an ausländischen Kapitalgesellschaften ist die Einlagerückgewähr immer wieder mit praktischen und rechtlichen Problemen und mit Diskussionen im Rahmen von Betriebsprüfungen verbunden.

Einlagenrückgewähr bei EU-Kapitalgesellschaften

Durch den im Jahr 2006 eingefügten § 27 Absatz 8 KStG können Kapitalrückzahlungen von EU-Kapitalgesellschaften steuerneutral behandelt werden, wenn die ausschüttende Kapitalgesellschaft einen entsprechenden Antrag beim Bundeszentralamt für Steuern auf gesonderte Feststellung der Einlagenrückgewähr stellt. Dies soll nach Auffassung der Finanzverwaltung auch für Kapitalgesellschaften gelten, die in einem EWR-Mitgliedstaat ansässig sind.

In der Praxis hat sich gezeigt, dass dieses Verfahren sich oftmals als sehr zeitaufwendig und äußerst komplex darstellen kann. Dies liegt insbesondere daran, dass nach der Auffassung der Finanzverwaltung die ausländische Rechnungslegung der Kapitalgesellschaft für viele zurückliegende Jahre in das deutsche Steuerrecht übergeleitet werden muss. Des Weiteren verlangt das Bundeszentralamt für Steuern eine große Anzahl an Informationen und Nachweise. Wenn das Verfahren aber erfolgreich abgeschlossen wurde, kann die Einlagenrückgewähr steuerneutral erfolgen.

Einlagenrückgewähr bei Drittstaaten-Kapitalgesellschaften

Für die Einlagenrückgewähr von Drittstaatengesellschaften bestand bislang in der Praxis erhebliche Rechtsunsicherheit.
Gemäß der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) seit 2016 muss auch bei Drittstaaten-Kapitalgesellschaften eine steuerneutrale Kapitalrückzahlung prinzipiell möglich sein. Die deutsche Finanzverwaltung hatte demgegenüber aufgrund der Tatsache, dass § 27 KStG nur die innerdeutschen Fälle und die Fälle von EU-Kapitalgesellschaften behandelt, im Umkehrschluss gefolgert, dass eine nicht steuerbare Einlagenrückgewähr aus Drittstaaten-Kapitalgesellschaften nicht möglich sei.

BMF-Schreiben zu Kapitalrückzahlungen aus Drittstaaten-Kapitalgesellschaften

Mit dem BMF-Schreiben vom 21. April 2022 hat die Finanzverwaltung sich nun der Rechtsprechung des BFH angeschlossen, wonach auch Kapitalgesellschaften in Drittstaaten eine steuerneutrale Einlagenrückgewähr erbringen können.
Hinsichtlich der Verwendungsreihenfolge ist auch bei Drittstaaten-Kapitalgesellschaften § 27 Absatz 1 Satz 3 KStG analog anzuwenden. Das bedeutet, dass es - wie bei inländischen Kapitalgesellschaften und EU/EWR-Kapitalgesellschaften - keinen direkten steuerlichen Zugriff auf die ausländischen Kapitalrücklagen gibt. Eine Entnahme aus einer Kapitalrücklage beziehungsweise entsprechenden Bilanzposten der ausländischen Bilanz ist für die Beurteilung als steuerliche Einlagenrückgewähr nicht maßgeblich. Das BMF-Schreiben unterscheidet zwischen Nennkapitalrückzahlungen und Rückzahlungen von nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen.

Nennkapitalrückzahlungen

Die Rückzahlung von Nennkapital ist laut Auffassung des BMF grundsätzlich steuerneutral. Das tatsächliche Vorliegen einer Nennkapitalrückzahlung ist durch geeignete Unterlagen – wie insbesondere den Beschluss über die Nennkapitalherabsetzung und -rückzahlung – nachzuweisen.

Rückzahlungen von nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen

Die Rückzahlung von nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen kann als steuerneutrale Einlagenrückgewähr zu qualifizieren sein. Voraussetzung ist, dass die Höhe des ausschüttbaren Gewinns, das gezeichnete Kapital und die nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen (zum Beispiel Kapitalrücklagen) aus der ausländischen Handelsbilanz, die dem Jahr der Leistung an den Anteilseigner vorausgeht, abgeleitet werden können. Eine nach dem deutschen Recht aufgestellte Handelsbilanz sowie eine Überleitungsrechnung ins deutsche Steuerrecht in analoger Anwendung des § 60 Absatz 2 Einkommensteuerdurchführungsverordnung (EStDV) ist nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht erforderlich. Weiter ist Voraussetzung, dass kein „ausschüttbarer Gewinn“ (mehr) vorliegt, also zum Beispiel Gewinnrücklagen, Gewinnvortrag, Jahresüberschuss – diese Beträge gelten nach der „steuerlichen Verwendungsreihenfolgefiktion“ als vorrangig verwendet (auch wenn tatsächlich in der ausländischen Bilanz eine Kapitalrücklagenauflösung die Ausschüttung speist.)
Folgende Angaben und Unterlagen in deutscher Sprache sind vom Anteilseigner für die Feststellung einer Einlagenrückgewähr vorzulegen:

  • Nachweis über die unbeschränkte Steuerpflicht der ausschüttenden Kapitalgesellschaft im Drittstaat für den beantragten Zeitraum
  • Höhe der Beteiligung des inländischen Anteilseigners
  • Beschlüsse und Nachweise über die geleistete Ausschüttung
  • Ausländische Bilanz der die Leistung erbringenden Gesellschaft

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die steuerliche Behandlung bei einer Einlagenrückgewähr aus einer Drittstaaten-Kapitalgesellschaft auf Ebene des inländischen Anteilseigners im Rahmen des Veranlagungsverfahrens vom jeweils zuständigen Finanzamt zu prüfen ist. Dadurch kann sich eine potenzielle Besserstellung gegenüber Beteiligungen an EU-Kapitalgesellschaften ergeben

Bei Fragen sprechen Sie uns gerne an.

 

Kurzhinweise

  • Abschaffung der bilanzsteuerlichen Abzinsung von Verbindlichkeiten: Mit dem am 19. Mai 2022 vom Bundestag beschlossenen Vierten Corona-Steuerhilfegesetz wird aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase die bilanzsteuerliche Abzinsung von Verbindlichkeiten abgeschafft. Das bedeutet, dass insbesondere zinslose Darlehen mit einer Laufzeit von mehr als 12 Monaten nicht mehr mit einem Zinssatz von 5,5 Prozent pro Jahr abgezinst werden müssen. Dies gilt erstmals für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2022 enden. Für alle nicht bestandskräftigen Veranlagungszeiträume kann auf Antrag die Abzinsungspflicht sogar vorzeitig entfallen. Es handelt sich dabei für Wirtschaftsjahre vor 2023 um ein Wahlrecht. Dies gilt nur für Verbindlichkeiten und nicht für Rückstellungen – insoweit bleibt es bei der Abzinsung. Aus dem Wegfall der Abzinsung von Verbindlichkeiten wird ein einmaliger steuerlicher Aufwand entstehen. Über die finale Zustimmung des Bundesrats soll am 10. Juni 2022 entschieden werden.
  • Verlängerung der Erklärungsfristen in beratenen Fällen:
    Gemäß dem vom Bundestag beschlossenen Vierten Corona-Steuerhilfegesetz sollen die Fristen zur Abgabe der Steuererklärungen für beratene Steuerpflichtige wie folgt verlängert werden:

        Steuererklärung für 2020: 31. August 2022

        Steuererklärung für 2021: 31. August 2023

        Steuererklärung für 2022: 31. Juli 2024

        Steuererklärung für 2023: 31. Mai 2025

        Steuererklärung für 2024: 30. April 2026

        Die damit einhergehenden zinsfreien Karenzzeiten für die Jahre 2020 bis 2024 wurden entsprechend auch verlängert.

  • Neuregelung zum Verlustrücktrag: Wie bereits im Regierungsentwurf enthalten, wurde die Neuregelung des Verlustrücktrags im beschlossenen Vierten Corona Steuerhilfegesetz übernommen. Ab dem Jahr 2022 ist der Verlustrücktrag dauerhaft auf zwei Jahre ausgeweitet. Er kann somit in die beiden unmittelbar vorangegangen Jahre erfolgen, allerdings vorrangig in das dem Verlustjahr vorrangegangene und erst dann in das zweite Vorjahr. Der Verlustrücktrag kann nicht mehr betragsmäßig beschränkt werden, sondern auf diesen kann nur noch auf Antrag gänzlich verzichtet werden. Dies kann insbesondere eine Rolle spielen, wenn die Steuerermäßigung für Einkünfte aus Gewerbebetrieb gewährt wird.
  • BFH: Hinzurechnung der auf den Mieter umgelegten Grundsteuer: Mit Urteil vom 2. Februar 2022 entschied der BFH (Aktenzeichen III R 65/19), dass die Grundsteuer, die vertraglich auf den Mieter oder Pächter eines Gewerbegrundstücks umgelegt wird, nach § 8 Nummer 1e GewStG gewerbesteuerlich - ebenso wie die Miete oder Pacht - partiell mit 12,5 Prozent des Aufwands hinzuzurechnen ist. In der Urteilbegründung führt der BFH aus, dass die gewerbesteuerliche Hinzurechnung unter anderem Miet- / Pachtzinsen für unbewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens umfasst, wozu auch Aufwendungen gehören, die nach dem zivilrechtlichen Lastenverteilungssystem vom Vermieter / Verpächter zu tragen wären. Wird die Grundsteuer auf den Mieter umgelegt, ist sie nach § 535 Absatz 2 BGB Teil der zu entrichtenden Miete und führt somit zu einer gewerbesteuerlichen Hinzurechnung. Mit diesem Urteil hat der BFH die Verwaltungsauffassung bestätigt.

 

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