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Jahresabschluss

Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf Rechnungslegung und Reporting

Peter Kaldenbach Peter Kaldenbach

Der Einmarsch der russischen Streitkräfte in die Ukraine am 24. Februar 2022 hat, soweit dies derzeit überhaupt absehbar ist, erhebliche kurz- und langfristige Folgen auf alle Bereiche der Wirtschaft. Das Ereignis trifft viele Unternehmen zu einem Zeitpunkt, an dem die Jahres- beziehungsweise Konzernabschlüsse zum 31. Dezember 2021 noch nicht oder noch nicht endgültig aufgestellt sind. Zu den möglichen Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf die Rechnungslegung der aktuell aufgestellten Jahresabschlüsse hat das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) am 8. März 2022 erläuternde Hinweise veröffentlicht.

Als wesentlicher Anknüpfungspunkt für die Berücksichtigung des Konfliktes in der Rechnungslegung und der Berichterstattung in Anhang und Lagebericht ist die Beurteilung, dass der Einmarsch am 24. Februar 2022 als wertbegründendes Ereignis einzustufen ist. Damit ist zunächst festzustellen, dass eine unmittelbare Berücksichtigung in der Bilanzierung und Bewertung von Sachverhalten in den Jahres- und Konzernabschlüssen zum 31. Dezember 2021 nicht erfolgt. Vielmehr kommt dem, im Handelsgesetz für den Informationsbedarf des Abschlussempfängers vorgesehenen Korrektiv der sogenannten Nachtragsberichterstattung im Anhang von Konzern- und Jahresabschlüssen eine wesentliche Bedeutung zu. In diesem Abschnitt soll über Vorgänge von besonderer Bedeutung berichtet werden, die das Bild, das der Jahresabschluss zum Abschlussstichtag vermittelt, beeinflussen würde und der Empfänger ohne diese Nachtragsberichterstattung den Abschluss aufgrund dieser Entwicklung nach dem Abschlussstichtag wesentlich anders beurteilt werden würde.

Inhalt und Umfang dieser Berichterstattung hängen natürlich von den konkreten, absehbaren Folgen für die durch den Jahres- und Konzernabschluss vermittelten Vermögens-, Finanz- und Ertragslage ab.

Weiterhin sehen sich viele Unternehmen vor der erheblichen Herausforderung, Einschätzungen oder Beurteilungen über Sachverhalte in Anhang und Lagebericht abzugeben, die sich möglicherweise erst in den nächsten Wochen oder gar Monaten konkretisieren. Je nach Branche oder Geschäftsmodell ergeben sich zum Teil unmittelbare Auswirkungen durch Preisveränderungen, Unterbrechungen von Lieferketten oder auch den Wegfall möglicher Absatzgebiete. Soweit für Unternehmen aufgrund der Unsicherheiten Zweifel an der Fortführung der Unternehmenstätigkeit bestehen, das heißt das Unternehmen möglicherweise nicht in der Lage ist, im gewöhnlichen Geschäftsverlauf also Vermögenswerte zu realisieren und seine Schulden zu begleichen, ist darauf in der Berichterstattung verpflichtend einzugehen.

Soweit Unternehmen zur Erstellung eines Lage- und Konzernlageberichts verpflichtet sind, ergeben sich aus der gestiegenen Unsicherheit des wirtschaftlichen Umfelds möglicherweise weitere Informationspflichten im Bereich der Risiko- sowie der Prognoseberichterstattung. Sollte das Unternehmen wegen der durch den Ukraine-Konflikt verursachten außergewöhnlichen hohen Unsicherheit der gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der Weise betroffen sein, dass die grundsätzlich geforderte quantitative Prognose von wesentlichen finanziellen und nichtfinanziellen Leistungsindikatoren nicht möglich ist, können komparative Prognosen oder auch die Darstellung verschiedener Szenarien hinreichend sein.