Der Kampf um Konditionen

Die aktuelle Lage

Die Preisverhandlungen der Lebensmittelhersteller mit den Handelsketten haben sich in den letzten Monaten deutlich intensiviert. Nicht immer führten die Verhandlungen zu einem gemeinsamen Ergebnis. Seitvielen Jahren stehen sowohl der Vertrieb der Lebensmittelhersteller und der Einkauf des Lebensmittelhandels einem zunehmend unsicheren wirtschaftlichen Umfeld gegenüber.

Der Lebensmittelhandel steht unter Druck. Auf Herstellerseite kommt es zu Erhöhungen der Produktionskosten vor allem im Bereich Energie. Weitere Unsicherheiten führten zudem zu Kostensteigerungen. Die Folge: In vielen Fällen wurden Konditionen nicht mehr für ein Jahr vereinbart, sondern vielfach zunächst vorläufig oder kurzfristig.

Krisen erhöhen Risiken

Bereits vor der Corona-Krise konnten die Einzelhandelsketten auch rückwirkende Konditionsanpassungen durchsetzen. Neben rein kommerziellen Gesichtspunkten des laufenden Geschäfts waren auch immer wieder Sonderthemen wie z.B. der sogenannte Hochzeitsrabatt Anlass für Nachverhandlungen. Der Wettbewerb im Einzelhandel führt dazu, dass überlebenswichtige Preiserhöhungen der Lebensmittelhersteller nicht unmittelbar an den Verbraucher weitergegeben werden können. Die Kosten aber steigen – besonders seit der Ukraine-Krise.

In vielen Fällen wurden Jahresvereinbarungen gar nicht erst getroffen. Konditionen werden nachverhandelt oder sogar laufende Verträge gekündigt.

Verschärft werden könnte diese Situation, wenn die Rohstoffe durch die Unterbrechung von Lieferketten eingeschränkt verfügbar sind, Energie nicht mehr geliefert wird oder einzelne Lieferländer sogar ausfallen. Dann ist voraussehbar, dass Lebensmittelhersteller ihren vertraglichen Lieferverpflichtungen nicht mehr nachkommen können.

Konsequenzen für bilanzierende Lebensmittelhersteller

Die Frage, die sich derzeit für viele Lebensmittelhersteller stellt, betrifft die bilanzielle Abbildung von Ansprüchen des Lebensmittelhandels für zurückliegende Jahre. Bereits in der Vergangenheit wurde für vertraglich vereinbarte Verpflichtungen für Werbekostenzuschüsse auf Grundlage der bestehenden Jahreskonditionen eine Rückstellung für Außenverpflichtungen gebildet. In vielen Fällen wurde auch das konkretisierte Risiko weiterer Ansprüche in einer Rückstellung berücksichtigt, ohne dass eine vertragliche Verpflichtung vorlag. Denn auch faktische Verpflichtungen, denen sich das Unternehmen nicht entziehen kann oder will, rechtfertigen die Bildung einer Rückstellung. Das gilt auch, wenn die Leistungsverpflichtungen nicht einklagbar sind. Es muss sich um Leistungen handeln, die ein ordentlicher Kaufmann als Schuld empfindet und auch ohne Rechtspflicht erfüllt.

Ein faktischer Leistungszwang kann auf geschäftlichen, moralischen oder sittlichen Erwägungen oder auf Treu und Glauben beruhen, z.B. bei Kulanzleistungen und Gewährleistungen. Wesentlich ist, dass die Ereignisse, die zu der Verpflichtung führen, in der Vergangenheit lagen. Nach der Rechtsprechung des BFHs ist eine wirtschaftliche Verursachung dann gegeben, wenn der Tatbestand, dessen Rechtsfolge die Verbindlichkeit ist, im Wesentlichen vor dem Bilanzstichtag verwirklicht wird. Das heißt also, wenn die Ereignisse, die zum Entstehen der Verpflichtung führen, wirtschaftlich dem abgelaufenen Geschäftsjahr zuzurechnen sind.

Das Fazit

Es ist abzusehen, dass der Teil der Ansprüche des Lebensmittelhandels, der sich auf rückwirkende Ereignisse bezieht, zu einer höheren Schätzbandbreite der wirtschaftlich verursachten Rückstellung aufgrund faktischen Leistungsumfangs führen wird.

Mit dieser größeren Schätzbandbreite sind die Unternehmen gut beraten, die Gründe für eine faktische Verpflichtung und die Ermittlung für die aktuelle Bilanzierung sehr gut zu dokumentieren. So kann die Wahrscheinlichkeit einer steuerlichen Anerkennung solide erhöht werden.