Aktuell stehen Fragen der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen im Fokus der Rechtsprechung. Dies verdeutlicht nicht nur die hohe Praxisrelevanz dieser Themen, sondern auch, dass insoweit viele Einzelheiten noch nicht abschließend geklärt sind.
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Zum Hintergrund: Bereits seit 2008 sind Miet- und Pachtaufwendungen einschließlich Leasingraten anteilig bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer dem Gewinn wieder hinzuzurechnen. In etlichen Branchen kann dies große Bedeutung erlangen. Die Konsequenzen sind allerdings unterschiedlich: Bei Personengesellschaften kann die insoweit eintretende Mehrbelastung mit Gewerbesteuer ganz oder zumindest teilweise auf Ebene der Gesellschafter durch die Steuerermäßigung bei der Einkommensteuer wieder ausgeglichen werden. Bei Kapitalgesellschaften verbleibt dagegen eine endgültige Mehrbelastung.

In den aktuell von der Rechtsprechung aufgegriffenen Fällen geht es um zwei Kernfragen bei der Abgrenzung der bei der Ermittlung der Gewerbesteuer (anteilig) hinzuzurechnenden Aufwendungen: Zum einen ist stets abzugrenzen, ob es sich tatsächlich um einen Miet-/Pachtvertrag handelt oder aber um einen Dienstleistungsvertrag, der nicht zur Hinzurechnung führt. Zum zweiten ist eine Hinzurechnung nur dann vorzunehmen, wenn das gemietete/gepachtete Wirtschaftsgut als „fiktives Anlagevermögen“ einzustufen ist.

So hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 1. Juni 2022 (Aktenzeichen III R 56/20) über die Hinzurechnung von Aufwendungen für Anmietung von Mehrwegbehältnissen im Handel entschieden. Zunächst stellt das Gericht Folgendes klar: Wenn das Logistikkonzept auf ein bestimmtes System von Mehrwegbehältnissen abgestellt ist, dann unterliegt deren – auch kurzfristige – Anmietung grundsätzlich der Hinzurechnung, da diese Mehrwegbehältnisse bei unterstelltem Eigentum zur Annahme von Anlagevermögen führen würden (sogenanntes fiktives Anlagevermögen). Andererseits wurde in einer Variante die Hinzurechnung abgelehnt, weil tatsächlich kein Mietvertrag vorlag, sondern weil das die Mehrwegbehältnisse bereitstellende Unternehmen noch diverse weitere Dienstleistungen, wie Transport, Reinigung und Reparatur der Behältnisse erbrachte. Deshalb war in diesem Fall von einem Dienstleistungsvertrag auszugehen, der nicht zur Hinzurechnung führt.

Anmietung von Werbeflächen oder Sponsoringaufwendungen für Fußballclubs

Weiterhin ist letztlich nicht abschließend geklärt, unter welchen Bedingungen die Anmietung von Werbeflächen oder Sponsoringaufwendungen für Fußballclubs zu einer Hinzurechnung führen. Das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg hat dies mit Urteil vom 23. August 2022 (Aktenzeichen 5 K 5101/20) verneint, da im Streitfall der Gegenstand des Unternehmens es nicht gebot, solche Werbeträger ständig für den Gebrauch im Betrieb vorzuhalten und damit kein fiktives Anlagevermögen vorliegt. Insoweit ist nun vor dem BFH das Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen III R 36/22 anhängig. Ausdrücklich anders hat einen vergleichbaren Fall das Niedersächsische FG mit Urteil vom 11. November 2021 (Aktenzeichen 10 K 29/20) entschieden. Auch insoweit ist die Revision beim BFH anhängig (Aktenzeichen III R 5/22).

In der Entscheidung vom 11. Mai 2022 (Aktenzeichen 8 K 365/17) verneinte das Hessische FG die Hinzurechnung von Aufwendungen (unter anderem) für die Anmietung von Werbeträgern, wie etwa Großflächen, klassische Plakatwände, digitale Werbeflächen, usw. Das FG sah insoweit keinen Miet-/Pachtvertrag, sondern einen Dienstleistungsvertrag, da der Schwerpunkt der Leistung in dem Anbringen (ggf. auch Auswechseln) der Reklame an einem – unter Berücksichtigung vorab festgelegter Kriterien – nicht konkret festgelegten Standort lag. Auch insoweit ist nun die Revision beim BFH anhängig (Aktenzeichen III R 33/22).

Insoweit ist also festzuhalten, dass die Kriterien, wann Aufwendungen der Hinzurechnung unterliegen, aktuell noch offen sind.

Praxishinweis

Diese Abgrenzungsfragen sind auch deshalb im Einzelfall dringend zu beachten, weil die Finanzverwaltung nach dem Ländererlass vom 6. Februar 2023 Festsetzungen des Gewerbesteuer-Messbetrags insoweit nicht mehr vorläufig erlässt. Soweit Bescheide nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergehen, sind daher im Einzelfall Rechtsbehelfe zu prüfen.