
Etwa zwei Wochen nach der Ankündigung, dass bereits im kommenden Jahr das Antragsverfahren für den Industriestrompreis öffnen soll, legt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) nun den Konzeptentwurf vor. Große Überraschungen bleiben aus, da die Rahmenbedingungen weitgehend aus dem CISAF bekannt sind und eng umgesetzt wurden. Trotzdem sollte der Entwurf genau geprüft werden: Einzelne Anpassungen – insbesondere eine flexible Aufteilung der Entlastungen auf drei Jahre sowie Änderungen bei der ökologischen Gegenleistung – schaffen relevante Spielräume für Unternehmen.
Entlastungsverfahren
Wie zu erwarten, richtet sich der Industriestrompreis primär an Unternehmen der Teilliste 1 des Anhangs 1 der Klima-, Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien (KUEBLL). Darüber hinaus sollen weitere (Teil-)Sektoren begünstigt werden, sofern sie die Kriterien für eine Beihilfefähigkeit nach dem CISAF erfüllen. Hierzu befindet sich die Bundesregierung derzeit in Abstimmung mit der EU-Kommission.
Beihilfefähig sind 50 Prozent des jährlichen Stromverbrauchs, begrenzt auf einen Referenzpreis minus 50 Prozent – mit einer Untergrenze von 50 €/MWh (5 Cent/kWh). Der Referenzpreis wird gemäß Konzept über den Großhandelsstrompreis der deutsch-luxemburgischen Gebotszone bestimmt. Für die Terminwerte wird der Jahresmittelwert des dem Abrechnungsjahr vorausgehenden Jahres herangezogen. Das soll aufwendige unternehmensspezifische Preisprüfungen vermeiden.
Eine Besonderheit ist die optionale degressive Fördermöglichkeit: Unternehmen können die anrechenbare Strommenge über die Laufzeit flexibel verteilen. Dadurch lassen sich Investitionen bereits im ersten Förderjahr stärker anrechnen, während die Fördermenge in den Folgejahren entsprechend sinkt. Unternehmen, die sowohl den Industriestrompreis als auch die Strompreiskompensation nutzen könnten, haben jährlich ein Wahlrecht, jedoch besteht keine Möglichkeit, die beiden Programme zu kombinieren.
Einen zusätzlichen Bonus erhalten Unternehmen, die mindestens 80 Prozent der Gegenleistung in Maßnahmen zur Steigerung der Nachfrageflexibilität investieren. In diesem Fall erhöht sich der Beihilfebetrag um 10 Prozent. Von diesem Bonus müssen wiederum mindestens 75 Prozent in Gegenleistungen fließen.
Das Antragsverfahren öffnet bereits im kommenden Jahr. Die Auszahlung erfolgt im Jahr nach Antragstellung; Zahlungen für das Jahr 2026 werden somit 2027 geleistet. Die Beihilfe ist zeitlich auf drei Jahre begrenzt.
Ökologische Gegenleistung
Wie aus dem CISAF bekannt, müssen 50 Prozent des erhaltenen Beihilfebetrags in neue oder modernisierte Anlagen investiert werden, die einen messbaren Beitrag zur Senkung der Stromsystemkosten leisten – ohne den Verbrauch fossiler Energieträger zu erhöhen.
Zu den möglichen Gegenleistungsoptionen zählen (Auswahl):
- Entwicklung von Kapazitäten zur Erzeugung erneuerbarer Energien
- Energiespeicherlösungen
- Maßnahmen zur Erhöhung der Nachfrageflexibilität
- Energieeffizienzmaßnahmen mit Einfluss auf den Strombedarf
- Entwicklung von Elektrolyseuren für die Erzeugung erneuerbarer oder kohlenstoffarmer Wasserstoffmengen
- Elektrifizierungsinvestitionen
Neu im Konzept ist die geplante Einbindung von Power Purchase Agreements (PPAs) als anrechenbare Maßnahme, sofern es sich um PPAs mit Erneuerbare Energien-Neuanlagen handelt. Die Maßnahmen müssen innerhalb von 48 Monaten nach Bewilligung umgesetzt werden, Ausnahmen gelten nur bei technischen Gründen.
Im Antragsprozess ist eine Selbsterklärung erforderlich, die zur Umsetzung der Maßnahmen verpflichtet. Maßnahmen dürfen nur einmal angerechnet werden – eine parallele Nutzung, zum Beispiel im Rahmen der sogenannten Besonderen Ausgleichsregelung nach dem Energiefinanzierungsgesetz ist ausgeschlossen.
Fazit
Der Konzeptentwurf zum Industriestrompreis bestätigt weitestgehend die bereits bekannten Leitplanken aus dem CISAF, an entscheidenden Stellen wird jedoch Klarheit geschaffen bzw. es werden neue Spielräume eröffnet. Positiv hervorzuheben sind vor allem die besondere Berücksichtigung und erhöhte Förderung von Flexibilität, die Einbindung von PPAs in die ökologische Gegenleistung, die mögliche Einbindung weiterer Branchen sowie die Konkretisierung des Referenzpreises über Terminmarktwerte, welche eine transparente und zügige Abwicklung der Förderung ermöglichen.
Insgesamt zeigt der Konzeptentwurf: Der Industriestrompreis bleibt ein klar befristetes, aber wirkungsorientiertes Instrument, welches sowohl die kurzfristige Entlastung als auch langfristige Transformation adressiert. Durch die nun präziser gefassten Förderbedingungen erhalten die Industrieunternehmen verlässliche Planungssicherheit insbesondere auch zur Planung zukünftiger Investitionen in die Dekarbonisierung des Industriestandortes.
Für Unternehmen wird es nun wichtig, Verbrauchsdaten, Investitionspläne und potenzielle Gegenleistungen systematisch zu bewerten, um für das frühe Antragsverfahren bestmöglich vorbereitet zu sein.
Gerne unterstützen wir Sie bereits frühzeitig bei der Vorbereitung des Antragsverfahrens sowie bei der Definition einer geeigneten ökologischen Gegenleistung.