Private Equity · Mid-Market · Exit Readiness

Private Equity on hold: So stockt der deutsche Mid-Market

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Der deutsche Private-Equity-Markt steht vor einer großen Herausforderung: Immer mehr Portfoliounternehmen verbleiben länger als geplant im Besitz ihrer Investoren. Mehr als 400 Unternehmen gelten bereits als „overdue“ – ein deutliches Zeichen für den Exit-Stau im deutschen Mid-Market und die zunehmende „Exit-Blockade“. In unserer Analyse zeigen wir zunächst die aktuelle Entwicklung, beleuchten anschließend die Ursachen dieses Phänomens und erläutern abschließend, wie Investoren und Beratungshäuser mit gezielten Exit-Readiness-Initiativen auch in einem herausfordernden Umfeld erfolgreiche Exits realisieren können.

Exit-Stau im deutschen Private-Equity-Markt

Die Haltedauer von Portfoliounternehmen im deutschen Private-Equity-Markt hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verlängert: Während viele Unternehmen traditionell nach rund fünf Jahren veräußert wurden, beträgt die durchschnittliche Haltedauer heute über sieben Jahre. Besonders betroffen ist der Mid-Market, in dem mehr als 400 Unternehmen länger als marktüblich gehalten werden und somit als „overdue“ gelten.

Grant Thornton in Deutschland hat 98 PE-Fonds und über 1.100 aktive Portfoliounternehmen in Deutschland unter die Lupe genommen. Unsere Analyse zeigt, dass in diesem Jahr 103 Unternehmen den erwarteten Exit-Horizont erreichen, während 403 bereits den fünfjährigen Standard überschritten haben und damit als überfällige Portfoliounternehmen gelten. Eine besonders hohe Konzentration von Unternehmen, die „overdue“ sind, finden sich in den Sektoren Technology/Media/Telecomms sowie Retail & Consumer Products.

Die Zahlen verdeutlichen die zunehmende Vorsicht am Markt: Exits verzögern sich zunehmend, bedingt durch strukturelle Herausforderungen und die aktuelle Marktsituation.

Ursachenanalyse:  Warum so viele Exits im Mid-Market „overdue“ sind

Der Exit-Stau im deutschen Mid-Market ist ein deutliches Zeichen für tiefgreifende Veränderungen im Private-Equity-Umfeld. Verschiedene Faktoren tragen dazu bei, dass Transaktionen zunehmend ins Stocken geraten und geplante Exits über den marktüblichen Zeithorizont hinaus verzögert werden:

Hypothese 1: Bewertungsdifferenzen zwischen Käufer und Verkäufer: Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern divergieren häufig. Viele Fonds haben Unternehmen während der Niedrigzinsphase zu hohen Multiples erworben. Verkäufer orientieren sich weiterhin an diesen Preisniveaus, während Käufer angesichts gestiegener Zinsen, höherer Risikoprämien und Marktunsicherheiten konservativer kalkulieren.

Hypothese 2: Restriktive Fremdfinanzierung: Die Finanzierungslage hat sich seit 2022 deutlich verschärft. Banken und Debt Funds agieren vorsichtiger; höhere Zinsen und strengere Covenants erschweren die Kapitalbeschaffung. Besonders kleinere Unternehmen, die stärker auf klassische Fremdkapitalquellen angewiesen sind, stoßen auf Finanzierungsgrenzen, was Exits verzögert.

Hypothese 3: Makroökonomische und branchenspezifische Unsicherheiten: Small- und Mid-Caps sind stark vom deutschen und europäischen Marktumfeld abhängig. Steigende Insolvenzen, schwache Industriekonjunktur und volatile Inputkosten wirken direkt auf die Profitabilität. Käufer verschieben Exits, bis sich die Rahmenbedingungen stabilisieren, insbesondere in Branchen wie Automotive, Chemical & Pharmaceuticals oder Retail & Consumer Products.

Hypothese 4: Strategisches Verhalten der Fonds – Vermeidung von Wertberichtigungen: Fondsmanager können den Zeitpunkt der Exits gezielt steuern, um Verkäufe unter Buchwert zu vermeiden, da solche Transaktionen den Track Record und zukünftige Fundraising-Möglichkeiten beeinflussen könnten. In der Praxis bedeutet dies häufig, dass Exits verschoben werden, bis operative Verbesserungen realisiert oder günstigere Marktbedingungen vorliegen.

Hypothese 5: Fehlende Exit-Alternativen im Mid-Market: Während im Large-Cap-Segment GP-led Secondaries oder Continuation Funds zunehmend genutzt werden, sind diese Strukturen im Mid-Market kaum etabliert. IPOs sind selten realistisch und wenn der klassische Trade Sale stockt, fehlen alternative Exit-Optionen. Infolgedessen verlängert sich die Haltedauer von Fondsbeteiligungen deutlich.

Erfolgsfaktoren für einen erfolgreichen Exit im Mid-Market – Value Creation als Schlüssel

Trotz der schwierigen Marktbedingungen gibt es klare Erfolgsfaktoren für einen erfolgreichen Exit:

  • Entwickeln Sie einen überzeugenden Wachstumsnarrativ: Zeigen Sie, wie Ihr Unternehmen in den kommenden Jahren Wert schafft – etwa durch Internationalisierung, Digitalisierung, Innovation oder Add-on-Akquisitionen.
  • Sichern Sie finanzielle Stabilität und Transparenz: Stellen Sie eine belastbare Kapitalstruktur auf, etablieren Sie klare KPI- und Forecast-Strukturen und harmonisieren Sie Ihr Reporting, um Vertrauen bei Käufern und Finanzierern aufzubauen.
  • Steigern Sie Effizienz und organisatorische Schlagkraft: Optimieren Sie Prozesse, verschlanken Sie Strukturen und harmonisieren Sie Systeme bei Buy-&-Build-Plattformen, um aus Zukäufen ein integriertes Unternehmen zu formen. Ergänzend sichern gezieltes Talentmanagement und Digitalisierung die operative Schlagkraft.
  • Schärfen Sie Ihre strategische Positionierung: Erarbeiten Sie eine klare Equity Story, nutzen Sie Branchen-Benchmarking und bereiten Sie sich frühzeitig auf einen strukturierten Bieterprozess vor.
  • Bereiten Sie Compliance und Transaktion professionell vor: Sorgen Sie für rechtliche Klarheit (z. B. Verträge, Pensionsverpflichtungen, Rechtsstreitigkeiten) und stellen Sie alle relevanten Unterlagen (Fact Books, Vendor DDs, W&I-Insurance) bereit, um den Exit-Prozess reibungslos zu gestalten.

Die praxiserfahrenen Expertinnen und Experten von Grant Thornton in Deutschland unterstützen Kunden dabei, die richtigen Hebel zu identifizieren und gezielt zu adressieren – sei es in der Finanzierung, Prozessoptimierung, Umsatzentwicklung oder M&A-Strategie. Mit einer klaren Value-Creation-Story und einer strukturierten Exit-Vorbereitung lassen sich auch in einem herausfordernden Marktumfeld erfolgreiche Transaktionen realisieren und der Exit-Stau gezielt überwinden.