Die Wärmeversorgung über Nah- und Fernwärmenetze hat im Zuge der Energiewende und der Dekarbonisierung von Gebäuden erheblich an Bedeutung gewonnen. Gleichzeitig stehen kommunale Wärmeversorger bei der Errichtung neuer Netze vor großen Herausforderungen: hohe Investitionskosten, lange Amortisationszeiträume und unsichere Anschlussquoten können die Wirtschaftlichkeit gefährden. Planungssicherheit und eine stabile Absatzbasis lassen sich insbesondere über zwei rechtliche Instrumente schaffen: den öffentlich-rechtlichen Anschluss- und Benutzungszwang sowie Dienstbarkeiten an betroffenen Grundstücken als zivilrechtliche Grundlage.
INHALTE

Der öffentlich-rechtliche Anschluss- und Benutzungszwang

Der Anschluss- und Benutzungszwang („ABZ“) als kommunale Satzung bezweckt Folgendes: Durch den Anschlusszwang an eine öffentliche Einrichtung werden die betroffenen Grundstückseigentümer verpflichtet, die technische Verbindung ihrer Grundstücke an die öffentliche Einrichtung zu dulden. Hierauf aufbauend verpflichtet der Benutzungszwang zur Benutzung der öffentlichen Einrichtung und zur Unterlassung der Nutzung anderer vergleichbarer Einrichtungen.

Die Rechtsgrundlage für den Erlass eines ABZ findet sich in den Gemeinde- bzw. Kommunalordnungen sämtlicher Bundesländer (bspw. § 9 GO NRW; Art. 24 Abs. 1 Nr. 3 BayGO; § 11 GemO BRW; § 19 HGO; § 13 NKomVG). 

Die Tatbestandsmerkmale sind im Wesentlichen vergleichbar – zentral sind drei Voraussetzungen: es muss sich bei der Fernwärmeleitung um eine öffentliche Einrichtung handeln, für die es ein öffentliches Bedürfnis gibt. Zusätzlich ist beim Erlass des ABZ das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu wahren.

Der Begriff der öffentlichen Einrichtung umfasst jede Zusammenfassung personeller Kräfte und sächlicher Mittel, die von der Gemeinde für bestimmte öffentliche Zwecke unterhalten wird und die durch Widmung der bestimmungsgemäßen Nutzung durch die Einwohner zugänglich gemacht wird. Für die Einordnung einer Fernwärmeleitung als öffentliche Einrichtung ist maßgeblich, dass diese von der Gemeinde (zumeist durch kommunale Eigenbetriebe) betrieben wird oder die Gemeinde sich bei der Übertragung an einen privaten Rechtsträger langfristig maßgebliche Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten sichert (BVerwG, Urt. v. 06.04.2005, 8 CN 1.04; OVG Münster, Beschluss v. 13.03.2018 – 15 A 971/17). Zu sichern sind Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten auf wesentliche Fragen der Betriebsführung – beispielsweise durch eine mehrheitliche gesellschaftsrechtliche Beteiligung der Gemeinde an dem privaten Rechtsträger oder durch den Abschluss eines Betreibervertrags.

Das öffentliche Bedürfnis als legitimes Ziel, welches die Einschränkung der Dispositionsfreiheit der Grundstückseigentümer rechtfertigt, kann insbesondere erfüllt sein aus Gründen des Umwelt- bzw. Klima- und Ressourcenschutzes (aufgrund von § 109 GEG auch ohne direkten örtlichen Bezug).

Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit stellt folgende Anforderungen an den Erlass eines ABZ: 

  • a) Legitimer Zweck: zu bejahen, wenn ein öffentliches Bedürfnis vorliegt,
  • b) Geeignetheit: zu bejahen, wenn ABZ die Erreichung des legitimen Zwecks fördert,
  • c) Erforderlichkeit: zu bejahen, wenn kein gleichwertig geeignetes, die betroffenen Grundstückseigentümer weniger belastendes Mittel vorliegt, um den Zweck zu erreichen,
  • d) Zumutbarkeit: zu bejahen, wenn der Erlass des ABZ unter Berücksichtigung der Grundrechte der Grundstückseigentümer überwiegt – wesentliches Kriterium sind hier oftmals geeignete Ausnahmetatbestände für dekarbonisierte Wärmequellen.

Aufgrund des Eingriffs in die Grundrechte der Grundstückseigentümer ist eine detaillierte rechtliche Prüfung im Einzelfall erforderlich – und darauf basierend eine entsprechende Gestaltung des ABZ. Außerdem können vergaberechtliche sowie kartellrechtliche Ausschreibungspflichten zu beachten sein, wenn die Gemeinde die Fernwärmeleitungen nicht selbst betreibt. 

Gerne unterstützen wir Sie bei jedem Schritt – von der Erarbeitung eines Versorgungskonzepts über Prüfung und Gestaltung einer ABZ-Satzung bis hin zur Vertrags- und Preisgestaltung mit den Endkunden. Eine sorgfältige Prüfung und Umsetzung lohnt sich – denn im Idealfall ermöglicht ein ABZ die erforderliche Abnahmedichte für Nah- und Fernwärmekonzepte und damit deren Wirtschaftlichkeit.

Die Dienstbarkeit als zivilrechtliches Sicherungsinstrument

Neben dem öffentlich-rechtlichen Anschluss- und Benutzungszwang als hoheitliche Maßnahme, stellt die Eintragung einer Dienstbarkeit ein wesentliches zivilrechtliches Instrument zur langfristigen Absatzsicherung von Nah-/ bzw. Fernwärmenetzen dar. Rechtsgrundlage ist § 1090 BGB. 

Inhalt einer solchen Dienstbarkeit ist üblicherweise das persönliche Nutzungsrecht am Grundstück, zum Verlegen, Betreiben und Warten von Versorgungsleitungen. Ergänzend sollte die Dienstbarkeit die Pflicht enthalten, keine andere Wärmequellen zu errichten und den Wärmebezug durch andere Wärmequellen zu unterlassen. Die Verbindung mit entsprechenden Abnahmeverpflichtungen im Wärmeliefervertrag ermöglicht, den Absatz von Wärmenetzen langfristig zu sichern. 

Anders als bei rein schuldrechtlichen Bezugspflichten beispielsweise im Wärmelieferungsvertrag, kann eine Dienstbarkeit den Wärmeabsatz über die Laufzeit des Wärmelieferungsvertrags hinaus und auch bei späteren Grundstücksverkäufen sichern – belastet wird durch die Dienstbarkeit das Grundstück selbst mit Wirkung für und gegen Dritte und nicht nur der jeweilige Vertragspartner des Wärmelieferungsvertrags. 

Praxisrelevant ist die Absatzsicherung über eine Dienstbarkeit vor allem in Fällen, in denen die Kommune bzw. der (kommunale) Wärmeversorger Eigentümer der zu erschließenden Grundstücke ist. Denn im Unterschied zum ABZ bedarf die Dienstbarkeit der freiwilligen Bestellung durch den Eigentümer. Ist die Kommune oder der Wärmeversorger Eigentümer des Grundstücks, kann die Dienstbarkeit selbst bestellt werden oder aber als Bedingung für den Verkauf des Grundstücks formuliert werden.

Fazit

Die Konzeptionierung von Nah- und Fernwärmenetzen erfordert sowohl eine sorgfältige rechtliche Prüfung und Gestaltung als auch eine wirtschaftlich tragfähige Lösung. Die vorgestellten Rechtsinstrumente können dazu dienen, die Abnahme durch Endkunden abzusichern und schaffen damit Planungssicherheit für kommunale Wärmeprojekte.

Wir begleiten Kommunen und Wärmeversorger umfassend und interdisziplinär – von der Analyse bestehender Versorgungsstrukturen und der Erstellung eines Business Cases über die rechtliche Prüfung und Gestaltung des Versorgungskonzepts bis hin zur Vertragsgestaltung mit Endkunden. 

Profitieren Sie von unserer Expertise, um die Wirtschaftlichkeit Ihrer Wärmeversorgung nachhaltig abzusichern und langfristige Absatzsicherheit zu gewährleisten.