Mit Urteil vom 20. März 2025 (Aktenzeichen IV R 27/22) stellt der BFH klar: Für die Anwendung des § 4f EStG kommt es auf den Zeitpunkt der Verpflichtungsübernahme an – nicht auf die Entstehung des Aufwands. § 4f EStG gilt somit nur, wenn die Übernahme in einem Wirtschaftsjahr nach dem 28. November 2013 vereinbart wurde. Für die Praxis bringt das Urteil vor allem Rechtssicherheit: Eine rückwirkende Anwendung des § 4f EStG auf Aufwendungen, die nachträglich entstehen, obwohl die Verpflichtung vor dem Stichtag übernommen wurde, ist somit ausgeschlossen. Bei konzerninternen Übertragungen verlangt der BFH zusätzlich, dass sowohl die Konditionen der Verpflichtungsübernahme als auch etwaige Rückdarlehensvereinbarungen einem Fremdvergleich standhalten – andernfalls fehlt es an der betrieblichen Veranlassung.
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Hintergrund zur Regelung des § 4f EStG

Steuerrechtlich dürfen bestimmte Verpflichtungen, insbesondere Pensionsverpflichtungen, in der Bilanz nur eingeschränkt passiviert werden – in der Regel mit einem Wert unter dem Zeitwert gemäß § 6a EStG. 

Erfolgt eine Übertragung solcher Verpflichtungen zum Zeitwert, realisiert der Übertragende in der Regel stille Lasten. Der entstehende Aufwand entspricht der Differenz zwischen dem gezahlten Übertragungsentgelt und dem niedrigeren steuerlichen Rückstellungswert. Zur Vermeidung solcher Gestaltungen wurde im Rahmen des AIFM-Steueranpassungsgesetzes vom 18. Dezember 2013 der § 4f EStG eingeführt. Nach § 4f EStG darf der entstehende Aufwand nur über 15 Jahre hinweg linear verteilt abgezogen werden – mit Ausnahmen gemäß § 4f Abs. 1 Satz 3 EStG. Auch der Erwerber hat die steuerlichen Bewertungsansätze fortzuführen. Der dabei entstehende Gewinn kann durch Bildung einer steuerfreien Rücklage gemäß § 5 Abs. 7 EStG ebenfalls über 15 Jahre verteilt werden.

Die Anwendungsvorschrift des § 52 Abs. 8 EStG legt fest, dass § 4f EStG erstmals für Wirtschaftsjahre gilt, die nach dem 28. November 2013 enden.

Entscheidung des BFH zur zeitlichen Anwendung

Mit Urteil vom 20. März 2025 (Aktenzeichen IV R 27/22) stellt der BFH klar, dass der Zeitpunkt der Verpflichtungsübernahme entscheidend für die Anwendung des § 4f EStG ist – also wann die Schuldübernahme oder der Schuldbeitritt vereinbart wurde. Wird die Verpflichtung in einem Wirtschaftsjahr nach dem 28. November 2013 übernommen, greift § 4f EStG. Entsteht der Aufwand hingegen erst später – etwa durch eine nachträgliche Entgelterhöhung –, ist die Norm nicht anwendbar. Der BFH stützt seine Auffassung auf die Gesetzesbegründung, wonach § 4f EStG nur auf Übertragungen anzuwenden ist, die nach dem Tag der Gesetzesverabschiedung im Bundestag vereinbart wurden (vgl. BT-Drucks. 18/68, S. 76). Die Entscheidung schafft wichtige Rechtssicherheit: Eine rückwirkende Anwendung des § 4f EStG auf Aufwendungen, die nachträglich entstehen, obwohl die Verpflichtung vor dem Stichtag übernommen wurde, ist somit ausgeschlossen.

Bei konzerninternen Übertragungen verlangt der BFH zusätzlich, dass sowohl die Konditionen der Verpflichtungsübernahme als auch etwaige Rückdarlehensvereinbarungen einem Fremdvergleich standhalten – andernfalls fehlt es an der betrieblichen Veranlassung.

Aufwandsverteilung bei Betriebsübergang nach § 613a BGB

Eine bislang ungeklärte Frage betrifft die Anwendung der Ausnahmeregelung des § 4f EStG im Zusammenhang mit Betriebsübergängen nach § 613a BGB. Laut Gesetz entfällt die Aufwandsverteilung, wenn Arbeitnehmende ihre Pensionsansprüche zu einem neuen Arbeitgeber mitnehmen. Ziel ist es, die Portabilität solcher Ansprüche zu erhöhen. Die Finanzverwaltung lehnt die Anwendung auf Betriebsübergänge ab – mit Verweis darauf, dass kein echter Arbeitgeberwechsel stattfinde. Die Fachliteratur widerspricht: Auch bei § 613a BGB erfolgt ein vollständiger Übergang der Arbeitsverhältnisse auf den neuen Arbeitgeber – sodass Sinn und Zweck der Norm erfüllt sind. Eine gerichtliche Klärung wäre dringend wünschenswert, da die derzeitige Auslegung Unternehmenstransaktionen mit Pensionsverpflichtungen erheblich erschwert.

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Praxishinweise kurz notiert:

Berücksichtigung von Aufwendungen für Flugzeuge als Betriebsausgabe

Gleich zwei Entscheidungen der Finanzgerichte (FG) haben sich der Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für Flugzeuge als Betriebsausgabe gewidmet. Das FG Köln hat mit Urteil vom 7. November 2024 (Aktenzeichen 10 K 844/21, Revision eingelegt BFH XI R 1/25) den Abzug von Betriebsausgaben für den Unterhalt eines Flugzeugs durch eine Kapitalgesellschaft unter Verweis auf § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 4 EStG verneint, da Aufwendungen für Sportflugzeuge eine zu große Nähe zur privaten Lebensführung der Gesellschafter aufwiesen, die die Gesellschaft einzig aus Haftungsgründen gegründet hatten. Das FG hat dieser Lösung Vorrang vor einer verdeckten Gewinnausschüttung für die von Gesellschaftern privat beanspruchten Flugstunden eingeräumt. Das FG Münster hat mit Urteil vom 15. April 2025 (Aktenzeichen 9 K 126/22) entschieden, dass eine Abzugsbegrenzung nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 7 nicht greift, wenn sich nachweisen lässt, dass die private Lebensführung des Gesellschafters nicht berührt wird. Maßgeblich sei allein die Frage, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer vergleichbare Ausgaben getätigt hätte. Aus beiden Urteilen wird deutlich, dass in derartigen Spezialfällen ein Betriebsausgabenabzug sehr sorgfältig hergeleitet und dokumentiert sein will, grundsätzlich aber möglich bleibt. 

Missbräuchliche Tilgung von Gesellschafterdarlehen

Die Frage, ob eine Einlage in die Kapitalrücklage einer überschuldeten GmbH zur anschließenden Tilgung von Gesellschafterdarlehen einen Gestaltungsmissbrauch darstellt, wird vom BFH nunmehr differenziert geprüft. Während unter dem ursprünglichen Aktenzeichen die Gewerbesteuer (BFH I R 11/22 und Vorinstanz FG Düsseldorf, Urteil vom 22. Dezember 2021 Aktenzeichen 7 K 101/18 K G F) anhängig bleibt, werden Körperschaftsteuer und gesonderte Feststellung abgetrennt und unter neuem Aktenzeichen (I R 8/25) separat geprüft. Dies lässt darauf schließen, dass zumindest teilweise in Kürze eine Entscheidung zu erwarten ist. Das FG Düsseldorf hatte ursprünglich einen Missbrauch angenommen, wenn es sich um ein bloßes Hin- und Herzahlen handelt, welches zudem nur buchhalterisch abgebildet wird. Vor dem Hintergrund der anspannten wirtschaftlichen Situation dürfte die Entscheidung für eine Vielzahl von Fällen relevant sein. 

Betriebsausgabenabzug im Rahmen von Swap-Geschäften

Mit Urteil vom 10. April 2025 hat der BFH entschieden, dass Ausgleichszahlungen im Rahmen von Zinsswaps nur dann als Betriebsausgaben abzugsfähig sind, wenn ein hinreichender Bezug zwischen betrieblichem Darlehen und Swap-Geschäft besteht und das Swap-Geschäft von vornherein als betriebliches Geschäft zu sehen war (Aktenzeichen VI R 11/22). Neben einem zeitlichen Zusammenhang zwischen Abschluss von Grundgeschäft und Swap fordert der BFH auch eine zeitnahe Abbildung in der Buchhaltung. Fehlt es, wie im entschiedenen Fall an dieser Verknüpfung, handelt es sich ggf. um ein betriebsfremdes spekulatives Termingeschäft. Bei Personenunternehmen sind die Swap-Aufwendungen dann nicht nach § 20 Abs. 8 EStG den betrieblichen Einkünften zuzuordnen, sondern unterliegen den Einkünften aus Kapitalvermögen. 

Typisierter Zinssatz von 6 % bei Überentnahmen und Übermaßverbot

Der BFH beschäftigt sich unter dem Aktenzeichen BFH VIII R 1/25 mit der Frage, ob die typisierende Berechnung von nichtabziehbaren Schuldzinsen mit 6 % auf Überentnahmen nach § 4 Abs. 4a EStG angesichts des niedrigen Zinsniveaus gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes und das Übermaßverbot verstößt. Das FG Baden-Württemberg hatte dies mit Urteil vom 5. Dezember 2023 (Aktenzeichen 6 K 1177/23) verneint und die Regelung bestätigt. Der Kläger verlangte die Anwendung eines Zinssatzes von 2 %. Auch der BFH wird sich hier nicht über den klaren Wortlaut des Gesetzes hinwegsetzen können. Eine Entscheidung bleibt daher vermutlich dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten. Gleichwohl sollten in vergleichbaren Sachverhalten unter Verweis auf die Revision zunächst alle Bescheide offengehalten werden.