Die Rahmenbedingungen des Emissionshandels sind auch vom politischen Klima abhängig. Sie stellen betroffene Unternehmen vor große Herausforderungen. Welche Fragen jetzt beachtet werden sollten, lesen Sie hier.
Im Überblick

Der Beitrag wurde verfasst von unseren Experten Achim Krichel und Pia Schroeter.

Europäisches Emissionshandelssystem (EU-ETS)

Der Emissionshandel ist ein marktwirtschaftliches Instrument. Es dient dazu, den Faktor Klima, genauer den negativen Effekt durch den Ausstoß von Treibhausgasen, wirtschaftlich abzubilden. Das weltweit erste Emissionshandelssystem wurde im Jahr 2005 in Folge des Kyoto-Protokolls eingeführt. Es trug den Namen EU-Emissionshandelssystem oder EU emissions trading system (EU-ETS). Das EU-ETS funktioniert nach dem Prinzip cap & trade. Das heißt, dass die maximal ausstoßbare Menge an Treibhausgasen begrenzt wird und der Ausstoß von Treibhausgasen nur bei Vorliegen von ausreichend Emissionszertifikaten erlaubt ist. Hält ein Unternehmen mehr Emissionszertifikate, als es selbst benötigt, kann es diese überschüssigen Emissionszertifikate am Markt handeln. Betroffen sind die Betreiber energieintensiver Industrieanlagen, sowie Unternehmen im Bereich der Luftfahrt. Lange Zeit lag die Grenze der maximal ausstoßbaren Emissionen im EU-ETS jedoch weit über den tatsächlich ausgestoßenen Emissionen. Damit blieben die Preise für Emissionszertifikate gering. Erst in den letzten Jahren kam es zu einem deutlichen Preisanstieg auf über 80 Euro pro Zertifikat in Folge der Umsetzung von Maßnahmen zur Reduzierung des caps. Zukünftig ist geplant, die kostenlose Zuteilung von Emissionszertifikaten auslaufen zu lassen. Diese Maßnahme, die  von 2026 bis 2030 umgesetzt werden soll, bedeutet für die betroffenen Unternehmen eine starke finanzielle Belastung.

Deutsches Emissionshandelssystem (nEHS)

Neben dem EU-ETS wurde in Deutschland ein nationales Emissionshandelssystem (nEHS) etabliert. Anders als  das EU-ETS setzt es bei den Inverkehrbringern von Brennstoffen im Sinne des Energiesteuergesetzes an. Das nEHS wurde in Folge der Klimakonferenz in Paris, die im Jahr 2015 stattfand, entwickelt. Auf dieser Klimakonferenz in Paris kam es erstmals zur Festlegung des 1,5 Grad-Ziels. Die Vereinbarungen von Paris wurden im Jahr 2018 auf der Klimakonferenz in Katowice (Polen) konkretisiert. Hier wurde festgelegt, dass einzelne Staaten nationale Pläne (Nationally Determined Contributions) zur Reduzierung von Treibhausgasen vorlegen sollten. So folgte die Einführung des nEHS im Jahr 2021.

Das nationale Emissionshandelssystem betrifft besonders Händler von Brennstoffen. Die Weitergabe der finanziellen Belastung an Kunden ist jedoch explizit vorgesehen. Betroffen von den Auswirkungen des nEHS sind damit auch Unternehmen der Logistikbranche.

Preislich liegen die Emissionszertifikate des nEHS aktuell bei 25 Euro pro Tonne. Das entspricht einer Preissteigerung von 0,07 Euro pro Liter Benzin und 0,08 Euro pro Liter Diesel, sowie 0,08 Euro pro Liter Heizöl und 0,06 Euro pro Liter Erdgas (je inklusive Umsatzsteuer). Die Preise für die Emissionszertifikate des nEHS sind zunächst festgelegt und sollen jährlich steigen. Ab 2026 soll der Handel im ersten Schritt in einem Preiskorridor und anschließend bei freier Preisbildung erfolgen. Die Emissionszertifikate des nETS sind somit erstmal günstiger als die Emissionszertifikate des EU-ETS. Eine kostenlose Zuteilung von Emissionszertifikaten kennt das nEHS jedoch nicht.

Doppelbelastung für Unternehmen

Da sich das nationale Emissionshandelssystem nur auf den deutschen Wirtschaftsraum erstreckt, hat die Logistikbranche große Sorge bezüglich der Auswirkungen auf ihre Wettbewerbsfähigkeit. Statt der Einführung des nEHS sprachen sich Branchenverbände für die Ausweitung des EU-Emissionshandelssystems aus.

Eine Ausweitung des EU-ETS auf die Bereiche Gebäude und Verkehr, die ab 2026 vorgesehen war, wurde jedoch vom Europa-Parlament abgelehnt. Während die geplante Reform einem Teil der Abgeordneten nicht weit genug ging, beherrschte andererseits vor allem die Sorge über steigende Preise die Diskussion. Es ist fraglich, wann und ob die Emissionshandelssysteme zusammengeführt werden. Eine Doppelbelastung aus nationalem und europäischem Emissionshandel, die Logistikunternehmen besonders treffen würde, ist zu vermeiden.

Durch den begrenzten Wirkungskreis sowohl des EU-ETS, als auch und mehr noch des nEHS, besteht die Gefahr, dass betroffene Unternehmen ins Ausland abwandern. Ziel dürften Länder sein, in denen noch keine vergleichbaren Systeme etabliert wurden. Dieses Risiko wird als Carbon Leakage Risiko bezeichnet. Um diesem Risiko entgegenzuwirken, wurden im EU-ETS und im nEHS unterschiedliche Maßnahmen getroffen. Während das EU-ETS auf die kostenlose Zuteilung von Emissionszertifikaten setzt, sieht das nEHS die Gewährung von Beihilfen vor. Beihilfefähig im Sinne der Verordnung über Maßnahmen zur Vermeidung von Carbon Leakage durch den nationalen Brennstoffemissionshandel (BECV) ist aber nur der Kraftstoffverbrauch für die innerbetriebliche Logistik. Reine Logistikunternehmen tragen so die volle Auswirkung des nEHS. Es besteht die Möglichkeit der nachträglichen Anerkennung von nicht berücksichtigten Sektoren.

Eine interessante Option bietet der Einsatz von E-Fahrzeugen. Wer durch den Einsatz von E-Fahrzeugen Treibhausgase einspart, kann diese Einsparungen als Emissionszertifikate verkaufen. Die Möglichkeiten zum Einsatz von E-Fahrzeugen in der Logistikbranche sind jedoch durch den aktuellen Stand der Technik noch sehr begrenzt.

Auswirkungen auf die Bilanzierung

In der Bilanz betroffener Unternehmen sind Emissionszertifikate als immaterielle Vermögensgegenstände anzusetzen. Auf der Passivseite muss zusätzlich eine Rückstellung ausgewiesen werden. Sowohl im EU-ETS als auch im nEHS besteht eine Verpflichtung zur Abgabe der im Wirtschaftsjahr „gebrauchten“ Emissionszertifikate. Eine Unterbewertung dieser Rückstellung könnte im Extremfall zur Nichtigkeit des Abschlusses führen.

Für die Bilanzierung nach Handelsgesetzbuch (HGB) mit dem IDW RS HFA 15 besteht eine allgemein akzeptierte Vorgabe für die Bilanzierung von Emissionsrechten. Nach IFRS bilanzierende Unternehmen sind dazu angehalten, im Rahmen der bestehenden IAS/IFRS eigene Herangehensweisen zu entwickeln.

Eine weitere Unsicherheit stellt die Beihilfe gemäß BECV dar. Die Gewährung der Beihilfe ist an die Erfüllung umfangreicher Bedingungen, wie die der Einrichtung eines Energiemanagementsystems, geknüpft. Darüber hinaus wurde die BECV noch nicht von der Europäischen Kommission genehmigt. Hieraus ergibt sich eine wesentliche Unsicherheit darüber, ob die Beihilfe wohlmöglich zurückzuzahlen ist. Ist eine Rückzahlung notwendig, so muss hierzu ebenfalls eine Rückstellung gebildet werden.

Fazit

Die Rahmenbedingungen des Emissionshandels und dessen Auswirkungen auf die wirtschaftliche Tätigkeit von Unternehmen sind ständigen, vom politischen Klima abhängenden Veränderungen unterworfen. Betroffene Unternehmen stehen vor große Herausforderungen. Daraus ergeben sich auch bilanzielle Fragestellungen. Wir beraten Sie gern und geben Ihnen Antworten auf Ihre Fragen.