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Corona-Verluste Teil IV

Erneute Anhebung der Höchstbetragsgrenze zum Verlustrücktrag

Das Steuerrecht unterliegt einem Wandel wie kaum eine andere Materie. Dies gilt umso mehr in bewegenden Zeiten, wie der aktuellen Corona-Krise. Vor diesem Hintergrund werden wir Sie mit einer Beitragsserie über das „Hot Topic“ Corona-Verluste informieren und Sie hierzu über alle Entwicklungen und gesetzgeberischen Maßnahmen auf dem Laufenden halten. Wir freuen uns sehr, dass wir dafür den ausgewiesenen Experten im nationalen und internationalen Unternehmenssteuerrecht, Herrn Volker Schmidt-Fehrenbacher, gewinnen konnten.

Herr Schmidt-Fehrenbacher ist Diplom-Kaufmann und war im Mannesmann-Konzern Leiter der inländischen Steuerberatung. Von 2000 bis zu seinem altersbedingten Ausscheiden in 2019 war er Bereichsleiter Steuern bei Vodafone Deutschland. In dieser Zeit hat er breite und tiefgehende Erfahrungen im Bereich Corporate Tax gesammelt.

Lesen Sie nachfolgend Teil 4 der Serie zu den „Corona-Verlusten“:

Update vom 1. März 2021: Ausweitung des vorläufigen Verlustrücktrags auf 2021

Am 26. Februar 2021 hat der Deutsche Bundestag das Dritte Corona-Steuerhilfegesetz verabschiedet. Gegenüber dem ursprünglichen Entwurf (lesen Sie dazu den nachfolgenden Beitrag vom 23. Februar 2021) hat sich auf Basis des Vorschlags durch den Finanzausschuss eine Änderung dahingehend ergeben, dass auch der vorläufige Verlustrücktrag für 2021 bei der Steuerfestsetzung für 2020 berücksichtigt wird (§ 111 Absatz 9 EStG-E). Diese Änderung ist insbesondere aus Sicht der Steuerpflichtigen mit abweichendem Wirtschaftsjahr, zum Beispiel 31. März 2021, zu begrüßen. Die Geltendmachung von erlittenen Corona-Verlusten im Wirtschaftsjahr 2020/21 mittels Rücktrag ist somit nicht erst bei Erstellung der Steuererklärung im Kalenderjahr 2022, sondern bereits früher möglich. Die Forderungen nach einer weitergehenden betragsmäßigen und / oder zeitlichen Ausweitung des Verlustrücktrags bleiben jedoch weiterhin bestehen.

Corona-Verluste Teil IV:

Vor dem Hintergrund der anhaltenden Einschränkungen durch die COVID-19 Pandemie und den zunehmenden wirtschaftlichen Belastungen für die betroffenen Unternehmen hat der Deutsche Bundestag am 12. Februar 2021 über den durch die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurf des Dritten Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise („Drittes Corona-Steuerhilfegesetz“) beraten. Neben einer Verlängerung des befristeten Zeitraums zur Gewährung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes von 7% für erbrachte Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen bis zum 31. Dezember 2022 ist weiterer Kernbestandteil des Gesetzentwurfs die nochmalige - ebenfalls zeitlich befristete - Anhebung der Höchstbetragsgrenze zum Verlustrücktrag auf 10 Millionen Euro bzw. 20 Millionen Euro (bei Zusammenveranlagung).

Die Höchstbetragsgrenze beträgt für Verlustentstehungsjahre bis einschließlich 2019 eine bzw. zwei Millionen Euro (bei Zusammenveranlagung). Eine erste Anhebung der Höchstbetragsgrenze auf fünf Millionen bzw. zehn Millionen Euro (bei Zusammenveranlagung) hatte der Gesetzgeber im Rahmen des Zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes vom 30. Juni 2020 vorgenommen. Flankiert wurde die betragsmäßige Ausweitung seinerzeit um Regelungen, die eine beschleunigte Nutzbarmachung des Verlustrücktrags möglich machen und so zu einer unmittelbaren und kurzfristigen Liquiditätswirkung für die betroffenen Unternehmen führen sollen. Nach § 110 Einkommensteuergesetz (EStG) können geleistete Vorauszahlungen für den Veranlagungszeitraum 2019 auf Antrag pauschal gemindert werden. Nach § 111 EStG besteht darüber hinaus die Möglichkeit, einen pauschal berechneten, vorläufigen Verlustrücktrag aus 2020 bei der Steuerfestsetzung für den Veranlagungszeitraum 2019 zu berücksichtigen. Beide Möglichkeiten bestehen neben der Einkommensteuer auch für die Körperschaftsteuer (inklusive Solidaritätszuschlag). Voraussetzung ist in beiden Fällen, dass die Vorauszahlungen für den Veranlagungszeitraum 2020 bereits auf 0 Euro herabgesetzt wurden. Wir hatten hierüber in Teil III unserer Beitragsserie zu den Corona-Verlusten berichtet. Die vorgenannten Mechanismen zur unmittelbaren Nutzbarmachung des (pauschal berechneten) Verlustrücktrags bestehen unverändert fort und werden im Rahmen des Dritten Corona-Steuerhilfegesetzes an die neuen Höchstbetragsgrenzen angepasst. Eine Deckelung des pauschalen bzw. vorläufigen Verlustrücktrags soll daher künftig erst bei 10 Millionen Euro bzw. 20 Millionen Euro (bei Zusammenveranlagung) erfolgen.

Ebenfalls unverändert bleibt der zeitliche Anwendungsbereich für die betragsmäßige Ausweitung des Verlustrücktrags. So soll die Höchstbetragsgrenze von 10 Millionen Euro bzw. 20 Millionen Euro (bei Zusammenveranlagung) unverändert nur für die Veranlagungszeiträume 2020 und 2021 gelten. Da ein Verlustrücktrag nur auf den unmittelbar vorangegangen Veranlagungszeitraum möglich ist, läuft die Anhebung der Höchstbetragsgrenze für den Veranlagungszeitraum 2021 voraussichtlich in vielen Fällen ins Leere, wenn bei kalenderjahrgleichem Wirtschaftsjahr durch die COVID-19 Pandemie bereits in 2020 eine Verlustsituation eingetreten ist. Kritik besteht weiterhin unverändert in Bezug auf die zeitliche Anwendung der Regelungen zur vereinfachten bzw. beschleunigten Nutzbarmachung der Verluste nach §§ 110, 111 EStG. Diese gelten nur für die Veranlagungszeiträume 2019 und 2020 mit der Folge, dass Steuerpflichtige mit einem abweichenden Wirtschaftsjahr, zum Beispiel 31. März 2021, vom Anwendungsbereich dieser Vorschriften ausgenommen bleiben. Die Geltendmachung von erlittenen Corona-Verlusten im Wirtschaftsjahr 2020/21 mittels Rücktrag ist nach dem Gesetzentwurf in diesen Fällen erst mit Abgabe der Steuererklärung für 2021, also im Kalenderjahr 2022 möglich.

Die geplante Ausweitung der Höchstbetragsgrenze des Verlustrücktrags ist vor dem Hintergrund der unvermindert andauernden Einschränkungen und Belastungen durch die COVID-19 Pandemie grundsätzlich zu begrüßen. Wie aufgezeigt, bestehen jedoch insbesondere im Hinblick auf die zeitliche Anwendung weiterhin Kritikpunkte. Die Forderungen nach einer  Ausweitung der Verlustverrechnungsmöglichkeit, beispielsweise durch betragsmäßig unbeschränkten Verlustrücktrag oder die Möglichkeit des Verlustrücktrags für mehr als ein Jahr, gelten unverändert. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass für die Gewerbesteuer überhaupt kein Verlustrücktrag möglich ist.

Praxishinweis

Die Experten von Warth & Klein Grant Thornton beraten Sie gerne zu den derzeit bestehenden Möglichkeiten der erweiterten Verlustverrechnung sowie Ausgestaltung der Antragsstellung mit dem Ziel einer optimierten Liquiditätsplanung.

Ausblick

Der Gesetzgeber hat seit dem Ausbruch der Corona-Krise - neben der Anpassung und Ausweitung der Verlustverrechnungsmöglichkeiten - mit zahlreichen weiteren Maßnahmen reagiert, um die Liquiditätssituation für die betroffenen Unternehmen zu verbessern. Hierzu zählen unter anderem die Überbrückungshilfen I-III sowie die November- bzw. Dezemberhilfe. Insbesondere größere Unternehmen oder Unternehmensgruppen kommen jedoch oftmals nicht in den Genuss dieser Unterstützungsmaßnahmen, entweder weil sie die maßgeblichen Größenmerkmale überschreiten oder bereits als Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten gelten, die nach den einschlägigen Bestimmungen des EU-Beihilferechts vom Anwendungsbereich der Unterstützungsmaßnahmen ausgeschlossen sind. Gerade diesen betroffenen Unternehmen könnte durch eine weitergehende Ausweitung der Verlustverrechnungsmöglichkeiten zügig und unbürokratisch geholfen werden. Mit Blick auf die Zukunft bleibt dabei auch die Forderung nach einer Aufhebung der Mindestbesteuerung zumindest für die Verrechnung von Corona-Verlusten bestehen, um bei wiederkehrender positiver Geschäftsentwicklung die wirtschaftliche Gesundung nicht zu konterkarieren. Mit Spannung bleibt in diesem Zusammenhang auch der Ausgang des derzeit beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anhängigen Verfahrens zur Verfassungsmäßigkeit der Mindestbesteuerung bei sogenannten Definitiveffekten zu erwarten (2 BvL 19/14; BFH-Vorlage vom 26.2.2014, I R 59/12): Wenn das BVerfG zu dem Ergebnis gelangen sollte, dass die Mindestbesteuerung ausnahmslos, also auch im Falle von Definitiveffekten, zum Beispiel bei Liquidation der Verlustgesellschaft, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, käme einer weiteren Ausdehnung der Verlustrücktragsmöglichkeit auf vorangegangene Wirtschaftsjahre eine noch größere Bedeutung zu. Für den Fall, dass umgekehrt das BVerfG den Gesetzgeber verpflichten sollte, ggf. rückwirkend Ausnahmen zur Mindestbesteuerung bei Definitiveffekten zuzulassen, ist im Einzelfall Voraussetzung, dass die entsprechenden Steuerbescheide formal noch abänderbar sind. Die Experten von Warth & Klein Grant Thornton beraten Sie auch gern zu diesen Fragestellungen. In jedem Fall werden wir Sie hierzu auf dem Laufenden halten.

 

 

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