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Beratungspraxis Unternehmenssteuern

Isabee Falkenburg Isabee Falkenburg

„Leitplanken“ für das Unternehmenssteuerrecht

Mit unserer Reihe „Beratungspraxis Unternehmenssteuern“ informieren wir Sie monatlich über aktuelle und praxisrelevante Themen im Bereich des nationalen Ertragsteuerrechts für Personen- und Kapitalgesellschaften. Unsere Ansprechpartner finden Sie unter den Artikeln.

Top-Thema: Erweiterter Spielraum für steuerneutrale Übertragungen bei Personengesellschaften

Kurzhinweise: Neuregelung zur organschaftlichen Mehr- oder Minderabführung / Vorsicht bei „Leg‘ ein – hol‘ zurück“-Gestaltungen / gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen

April 2022: Fokus steuerneutrale Übertragungen bei Personengesellschaften: BFH erweitert Spielraum

Hintergrund
Im Rahmen von gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungen genießen Mitunternehmerschaften einige steuerliche Vorteile. So können beispielsweise nach § 6 Absatz 5 Satz 3 EStG einzelne Wirtschaftsgüter zwischen verschiedenen Betriebsvermögen desselben Mitunternehmers unter Beibehaltung der Buchwerte überführt werden. Mögliche in den Wirtschaftsgütern enthaltene stille Reserven werden von der aufnehmenden Gesellschaft übernommen beziehungsweise weitergeführt und sind zum Stichtag der Überführung nicht zu versteuern. Bei der Übertragung auf beziehungsweise von Kapitalgesellschaften ist demgegenüber die Übertragung eines Teilbetriebs Voraussetzung für eine steuerneutrale Übertragung, was in der Praxis oftmals nicht gegeben ist. Eine Einschränkung erfährt das Privileg der Buchwertfortführung für die Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter durch § 6 Absatz 5 Satz 5 EStG insoweit, als durch die Überführung die (un)mittelbare Beteiligung einer Körperschaft an dem Wirtschaftsgut begründet oder erhöht wird. Der auf die durch die Umstrukturierung nunmehr beteiligte Körperschaft entfallende Anteil der stillen Reserven wird zum Stichtag der Überführung realisiert. Dies gilt nach § 6 Absatz 5 Satz 6 EStG auch rückwirkend, wenn in einem Beobachtungszeitraum von sieben Jahren (sogenannte Sperrfrist) eine Körperschaft erst nachträglich an dem Wirtschaftsgut beteiligt beziehungsweise ihre Beteiligung erhöht wird. Beide Einschränkungen stellen in der Praxis eine nicht unerhebliche Hürde dar – zumal bisher von einer strengen Auslegung durch die Finanzverwaltung auszugehen war und jegliche Übertragung stiller Reserven auf Körperschaften einen Sperrfristverstoß auszulösen drohte.  

Urteile des BFH

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat diese strenge Auslegung der Körperschaftsklauseln in seiner diesbezüglich jüngsten Rechtsprechung jedoch relativiert und so der steuerlichen Gestaltung mittels § 6 Absatz 5 Satz 3 EStG zu mehr Attraktivität verholfen.

Durch die Körperschaftsklauseln soll vornehmlich verhindert werden, dass stille Reserven aus dem Einkommensteuer- in ein Körperschaftsteuerregime beziehungsweise zwischen verschieden besteuerten Körperschaften verlagert werden. Daraus folgt, dass ein Sperrfristverstoß und damit ein rückwirkender (einkommenserhöhender) Ansatz von Teilwerten insbesondere durch steuerneutrale Vorgänge ausgelöst werden soll. Dies hat der BFH mit seinem Urteil vom 15. Juli 2021 (Aktenzeichen IV R 36/18) nochmals unterstrichen: Der Formwechsel einer Oberpersonengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft zu Buchwerten bedeutet die Aufgabe der steuerlichen Transparenz und infolgedessen, dass die stillen Reserven das Besteuerungsregime wechseln und bei einer späteren Aufdeckung nunmehr nicht einkommensteuerlich, sondern mit Körperschaftsteuer belastet werden. Dagegen führt eine Veräußerung des Anteils an einer Personengesellschaft, die sperrfristbehaftete Einzel-Wirtschaftsgüter aufgenommen hat, zu einer unmittelbaren Aufdeckung der stillen Reserven in diesen Wirtschaftsgütern. Anders als bei steuerneutralen Vorgängen verlassen die stillen Reserven nicht die Sphäre der Einkommensteuer, sondern werden im Zuge der Anteilsübertragung realisiert und noch im bisherigen Regime versteuert. Die Notwendigkeit einer rückwirkenden Nachbesteuerung im Sinne des § 6 Absatz 5 Satz 6 EStG hat sich folglich erübrigt beziehungsweise stellt lediglich einen Auffangtatbestand dar, um missbräuchliche Gestaltungen in Konzernstrukturen zu verhindern. Dennoch räumt der BFH mit dieser Rechtsprechung (Urteile vom 18.08.2021, Aktenzeichen XI R 43/20 und XI R 20/19) mehr Spielraum ein, auf die steuerlichen Konsequenzen von Umstrukturierungen im Unternehmensverbund Einfluss zu nehmen. Durch vertragliche Gestaltung beziehungsweise Gestaltung des Umstrukturierungskonzeptes kann sowohl der Zeitpunkt (Besteuerung der stillen Reserven rückwirkend vs. Besteuerung mit späterer entgeltlicher Anteilsübertragung) gesteuert als auch Besteuerungsunterschiede der beteiligten Rechtsträger für Zwecke der Gewerbesteuer (insbesondere Gewerbesteuer-Hebesatz bei der Einbringenden vs. Gewerbesteuer-Hebesatz bei der veräußerten Mitunternehmerschaft – ggf. auch dort vorhandene Verlustvorträge) zu Gunsten der Steuerpflichtigen genutzt werden.  

Bei Fragen sprechen Sie uns gern an.

 

Kurzhinweise

  • Organschaft: Entwurf eines BMF-Schreibens zur Neuregelung organschaftlicher Mehr- oder Minderabführungen: Die Finanzverwaltung hat sich mit den Änderungen in Organschaftsfällen und der neuen sogenannten Einlagelösung des § 14 Absatz 4 KStG durch das Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts befasst und am 13. April 2022 den Entwurf eines diesbezüglichen BMF-Schreibens veröffentlicht (Aktenzeichen IV C 2 – S 2770/19/1004 005). Der Entwurf äußert sich unter anderem zu der Behandlung von Mehr- oder Minderabführungen, dem steuerlichen Einlagekonto nach § 27 KStG sowie der mittelbaren beziehungsweise Kettenorganschaft. Die Verbände haben nun bis zum 13. Mai 2022 Gelegenheit zur Stellungnahme. Für weitere Ausführungen zu diesem Thema möchten wir auch auf unseren Beitrag aus Juli 2021 verweisen.

  • Vorsicht bei „Leg ein – Hol zurück“-Gestaltungen bei einer überschuldeten hundertprozentigen Tochtergesellschaft: Mit Urteil vom 22. Dezember 2021 entschied das Finanzgericht (FG) Düsseldorf (Aktenzeichen 7 K 101/18 K, G, F), dass ein Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO vorliegen kann, wenn die Finanzierungsfreiheit dazu genutzt wird, die steuerlichen Konsequenzen aus dem Verzicht auf eine nicht beziehungsweise nur teilweise werthaltige Forderung der alleinigen Gesellschafterin gegenüber ihrer Tochter zu umgehen. Im Urteilsfall hatte die Muttergesellschaft ihrer 100%-Tochter ursprünglich ein Darlehen gewährt, das später aufgrund der wirtschaftlichen Lage der Tochtergesellschaft nicht mehr beziehungsweise nur noch teilweise werthaltig war. Um die Überschuldungssituation der Tochter aufzulösen, wurde eine Bareinlage in die Kapitalrücklage geleistet. Mit den liquiden Mitteln wiederum wurde unmittelbar die Verbindlichkeit gegenüber der Mutter in voller Höhe getilgt. Da außersteuerliche Gründe für diese Vorgehensweise nicht erkennbar waren, nahm das FG Düsseldorf an, dass die Gestaltung derart gewählt wurde, um einen Forderungsverzicht nicht aussprechen zu müssen, der die Folge gehabt hätte, dass die Tochter in Höhe des nicht werthaltigen Teils die Verbindlichkeit ertragswirksam hätte ausbuchen müssen. Die Revision ist beim BFH unter dem Aktenzeichen I R 11/22 anhängig.
  • Geänderte Ländererlasse zur gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen: Die Rechtsprechung hat sich in diversen Streitfällen mit der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen befassen müssen und hat im Ergebnis überwiegend die bislang sehr restriktive Sichtweise der Finanzverwaltung abgelehnt. Dem folgt nun auch die Finanzverwaltung mit den gleichlautenden Ländererlassen vom 6. April 2022. Insbesondere unterbleibt eine Hinzurechnung von Aufwendungen, die am Bilanzstichtag als Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Anlage- oder Umlaufvermögens aktiviert wurden beziehungsweise in Fällen bereits unterjährig ausgeschiedener Wirtschaftsgüter. Dies ist insbesondere in der Bauwirtschaft von Bedeutung. Bei der Frage, ob Miet- und Pachtzinsen für Wirtschaftsgüter in die Hinzurechnung einzubeziehen sind, müssen die individuellen Verhältnisse des Betriebes berücksichtigt werden. So unterbleibt beispielsweise die Hinzurechnung des Aufwandes aus der Anmietung von Hotelzimmern eines Pauschalreiseveranstalters. Andererseits unterliegen beispielsweise die von einem Bauunternehmer für die einmalige Anmietung von Baumaschinen geleisteten Mietaufwendungen grundsätzlich der Hinzurechnung, auch wenn die Anmietung lediglich stunden- oder tageweise erfolgt.

 

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