Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat einen Entwurf zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes vorgelegt. Dieser enthält Regelungsvorschläge zur Umsetzung der Arbeitszeiterfassung in Deutschland. Wir stellen die Kernpunkte der geplanten Neuregelung vor.

Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sowie der EU-Richtlinien zur Arbeitszeit und zum Arbeitsschutz hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) im September 2022 in einem vieldiskutierten Urteil entschieden, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, ein System einzuführen, mit dem die von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern geleistete tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann. Mehr dazu lesen Sie in auch unserem Beitrag. Mit dem neuen Gesetzentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) vom 18. April 2023 sollen im Arbeitszeitgesetz nun auch entsprechende gesetzliche Regelungen eingeführt werden.

Die wichtigsten Änderungsvorschläge des Gesetzesentwurfs

  • Viel diskutiert wurde zuletzt insbesondere die Frage, was genau im Rahmen der Arbeitszeiterfassung aufgezeichnet werden muss, ob also zum Beispiel in Zukunft neben Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit auch Pausenzeiten erfasst werden müssen. Dies sieht der Gesetzesentwurf nicht vor: So sollen Arbeitgeber verpflichtet sein, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer zu erfassen. Pausenzeiten sind hiervon jedoch nicht explizit erfasst. Ruhezeiten hingegen lassen sich aus dieser Dokumentation ableiten.
  • Erfolgen soll die Erfassung jeweils am Tag der Arbeitsleistung selbst und in elektronischer Form. Eine wöchentliche Aufzeichnung soll im Grundsatz nicht möglich sein. Grundsätzlich soll also eine klassische handschriftliche Aufzeichnung nicht mehr möglich sein. Die elektronische Aufzeichnung kann laut Gesetzesentwurf neben den bereits gebräuchlichen Zeiterfassungsgeräten auch in anderer Form wie etwa mit Hilfe von Apps auf einem Mobiltelefon oder durch die Nutzung herkömmlicher Tabellenkalkulationsprogramme erfolgen.
  • Arbeitgeber sollen in Zukunft auch Aufbewahrungspflichten treffen: Laut Referentenentwurf sollen sie verpflichtet sein, die Aufzeichnungen über Arbeitszeiten mindestens zwei Jahre aufzubewahren.
  • Zusätzlicher Aufwand soll durch die neuen Regelungen erwartungsgemäß vor allem auf den Arbeitgeber zukommen: Zwar kann die Arbeitszeiterfassung auch durch den Arbeitnehmer oder einen Dritten erfolgen. Verantwortlich soll am Ende jedoch immer der Arbeitgeber bleiben.
  • Arbeitnehmern soll laut Gesetzesentwurf ein Informationsrecht zustehen: So hat der Arbeitgeber den Beschäftigten auf Verlangen über die aufgezeichnete Arbeitszeit zu informieren und ihnen auf Verlangen eine Kopie der Aufzeichnungen zur Verfügung zu stellen.
  • Abweichungen von der neuen Pflicht zur Arbeitszeiterfassung sollen nur durch Tarifvertrag oder durch eine Betriebs- oder Dienstvereinbarung auf Basis eines Tarifvertrages möglich sein. Auf diesem Wege soll ermöglicht werden, die Erfassung der Arbeitszeit in nichtelektronischer Form, also handschriftlich, und auch zu einem späteren Zeitpunkt innerhalb von 7 Tagen zu regeln. Weiterhin soll es möglich sein, bestimmte Personengruppen von der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung auszunehmen.
  • Um sicherzustellen, dass die Regelungen zur Arbeitszeiterfassung auch eingehalten werden, sieht der Referentenentwurf die Möglichkeit eines Bußgeldes bei Verstößen vor: Verstöße gegen die Pflicht zur elektronischen Aufzeichnung der Arbeitszeiten und Verstöße gegen die Informationspflichten sollen als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu 30.000 Euro geahndet werden können.

Vertrauensarbeitszeit soll weiterhin möglich sein – aber Pflicht zur Arbeitszeiterfassung besteht auch hier

Insbesondere die Zukunft der Vertrauensarbeitszeit war nach dem viel diskutierten BAG Urteil unklar. So wurde in dieser Rechtsprechung teilweise das „Ende der Vertrauensarbeitszeit“ gesehen. In der Begründung des neuen Gesetzesentwurfs wird klargestellt, dass Vertrauensarbeitszeit weiterhin möglich bleiben soll. Der Arbeitgeber müsse dabei allerdings sicherstellen, dass ihm Verstöße gegen die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes zu Dauer und Lage der Arbeits- und Ruhezeiten bekannt werden – zum Beispiel durch Meldung eines elektronischen Arbeitszeiterfassungssystems. Die elektronische Aufzeichnung erleichtere es Arbeitgebern demnach, die arbeitsschutzrechtliche Arbeitszeit aufzuzeichnen, ohne die Einhaltung vertraglichen Arbeitszeit kontrollieren zu müssen. Die Folge: Ein Verzicht des Arbeitgebers auf die Überwachung des Umfangs der Arbeitszeit soll künftig nicht mehr möglich sein.

(Noch) keine flexible Neugestaltung des Arbeitszeitrechts

Leider bleibt eine flexible Neugestaltung des Arbeitszeitrechts in Deutschland – zumindest basierend auf dem derzeitigen Gesetzesentwurf aus dem BMAS - aus. Dieser lässt sämtliche Gestaltungsmöglichkeiten, die nach der EU-Richtlinie möglich gewesen wären, unberücksichtigt. Diese wäre jedoch angesichts der aktuellen Entwicklungen am Arbeitsmarkt dringend notwendig.

Da es sich bei dem Referentenentwurf aus dem BMAS lediglich um einen ersten Vorschlag zur Neuregelung handelt, besteht derzeit für Arbeitgeber weiterhin kein akuter Handlungsbedarf. Der Gesetzesentwurf wurde zunächst dem Kabinett zur Diskussion vorgelegt. Es bleibt zu hoffen, dass dieser deutlich nachgebessert wird. Sofern eine Änderung des Arbeitszeitgesetzes erfolgt, werden entsprechende Regelungen erst ab Inkrafttreten der Gesetzesänderung bindend. Ferner ist damit zu rechnen, dass es sodann eine Übergangsfrist und Übergangsregelungen geben wird, in der die Umstellung bei Arbeitgebern zu erfolgen hat. Wir halten Sie hierzu auf dem Laufenden.