Ende 2024 hat die EU das EU-Designrechtspaket auf den Weg gebracht. Ziel ist es, das Designrecht in der EU zu modernisieren und weiter zu harmonisieren. Das Paket besteht aus der neuen Design-Richtlinie (DRL), welche die EU-Mitgliedstaaten bis Dezember 2027 in nationales Recht umsetzen müssen, sowie aus der neuen Unionsgeschmacksmusterverordnung (UGV). Die Neuregelungen der UGV, die unionsweit gültige Unionsgeschmacksmuster (= Unionsdesigns) betreffen, sind (teilweise) seit dem 1. Mai 2025 in der EU in Kraft. Dieser Artikel bietet einen Überblick über die wichtigsten Änderungen des europäischen Designrechts.
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Schutzbereich erweitert

Eine der wichtigsten Änderungen ergibt sich aus den Anpassungen der Begriffe „Unionsgeschmacksmuster“ sowie „Erzeugnis“. Künftig fallen unter den Schutz auch Bewegungen, Zustandsänderungen oder andere Arten der Animation der Merkmale eines Erzeugnisses. Es können auch rein digitale, dynamische oder fließende Darstellungen geschützt werden. Der Begriff des „Erzeugnisses“ (als Schutzgegenstand) umfasst nicht mehr nur physische Objekte, sondern auch „nicht physische Formen“.

Die EU passt den Schutz und die Darstellungsmöglichkeiten eines Designs also an die Bedürfnisse des digitalen Zeitalters an. Es wird möglich, Gegenstände oder Objekte in Computerspielen oder in virtuellen Räumen (wie dem Metaverse oder VR-Räumen) schützen zu lassen. Auch dem Schutz von virtuellen CAD- oder NFT-Objekten dürfte nun nichts mehr im Wege stehen, wenn deren Design neu und eigenartig ist. Die neuen Möglichkeiten des digitalen Designschutzes lassen sich ergänzend zum Logo- und Markenschutz im digitalen Raum nutzbar machen.

Stärkung der Designrechte

Im Zuge der Reform schließt die EU eine Schutzlücke im Zusammenhang mit der 3D-Druck-Technologie. Bisher konnten Designrechts-Inhaber sogenannte Vorfeld-Handlungen im Kontext des 3D-Drucks (zum Beispiel das Versenden von 3D-Druck-Dateien) nicht verhindern. In Zukunft wird es möglich sein, „das Erstellen, Herunterladen, Kopieren sowie das Teilen oder Verbreiten von Medien oder Software, mit denen das Design aufgezeichnet wird, um die Herstellung eines Erzeugnisses zu ermöglichen“, verbieten zu lassen. Verbraucher können weiterhin nicht haftbar gemacht werden (Handlungen, die im privaten Bereich zu nicht gewerblichen Zwecken vorgenommen werden, können weiterhin nicht verboten werden); die Hinterleute, die in gewerblichem Maße Vorfeld-Handlungen vornehmen, aber schon.

Außerdem nimmt die EU nun auch eine “Goods in Transit”-Regelung ins Designrecht auf, die bereits aus dem Markenrecht bekannt ist. Entsprechend sind Zollbehörden künftig berechtigt, auf Antrag eines Designrechts-Inhabers nicht nur das Inverkehrbringen innerhalb der EU, sondern auch die Durchfuhr durch die EU in Drittländer zu verhindern. Dies gilt, wenn es sich bei den betreffenden Produkten um Piraterieware handelt oder bis die Person, die die Durchfuhr verantwortet, ggf. nachweist, dass dem Designrechts-Inhaber im endgültigen Bestimmungsland keine Unterlassungsansprüche aus dem Designrecht zustehen.

Neue/einheitliche Schrankenregelungen

Der EU-Gesetzgeber führt auch einige neue Schrankenregelungen ein bzw. vereinheitlicht die nationalen Rechtsordnungen insoweit. Schrankenregelungen beschränken die Rechte eines Designrechts-Inhabers und legen fest, wann Dritte ein Design ohne Lizenz/Zustimmung benutzen dürfen.

Die wichtigste Regelung dürfte insoweit die sogenannte Reparaturklausel sein, die eine Harmonisierung des Ersatzteilmarktes in Europa bezweckt. Im deutschen Designrecht ist eine solche Reparaturklausel schon bekannt; andere Mitgliedstaaten werden nun in den kommenden Jahren „nachziehen“ müssen.

Die Schrankenregelung soll es Ersatzteil-Herstellern ermöglichen, geschützte Designs (ohne Lizenz/Zustimmung) für die Herstellung von sogenannten must-match-Ersatzteilen zu verwenden. Wenn es sich bei dem Ersatzteil um ein formgebundenes Bauteil eines komplexen Erzeugnisses handelt und es mit dem Ziel verwendet wird, dem komplexen Erzeugnis wieder sein ursprüngliches Erscheinungsbild zu verleihen („must-match“), dürfen Marktteilnehmer es auch herstellen/vertreiben, wenn ein Dritter für das Bauteil Designschutz beansprucht. Die Ausnahme greift aber nur, wenn Hersteller/Verkäufer des (designgemäßen) Ersatzteils Verbraucher eindeutig über den Ursprung des Ersatzteils und die Identität des Herstellers informieren. Verbraucher sollen bewusst entscheiden können, ob sie ein Ersatzteil vom Originalhersteller oder einem Ersatzteil-Hersteller beziehen.

„D im Kreis“ und weitere Klarstellungen

Inhaber von Unionsgeschmacksmustern oder nationalen Designs werden künftig die Möglichkeit haben, mit einem „D im Kreis“ auf den Designschutz hinzuweisen und Dritte insoweit zu sensibilisieren (ausdrücklich erwähnt ist in DRL und UGV die Möglichkeit, das „D im Kreis“-Symbol mit der betreffenden Registereintragung zu verlinken). Markeninhaber kennen das Konzept aufgrund des „R im Kreis“ als gängiges Schutzsymbol.

Darüber hinaus bringt das EU-Designrechtspaket (insbesondere die DRL) einige weitere begrüßenswerte Klarstellungen, die die Harmonisierung der jeweiligen nationalen Rechtsordnungen weiter vorantreiben:

Es wird festgelegt, dass nur noch auf Ebene des Unionsgeschmacksmusters (und nicht auf nationaler Ebene) Schutz für nicht-eingetragene Designs gewährt wird. Voraussetzungen und Schutzlänge (Drei Jahre ab Veröffentlichung in der EU) des nicht-eingetragenen Unionsgeschmacksmusters bleiben unverändert.

DRL und UGV stellen für nationale Designs und Unionsgeschmacksmuster erstmalig klar, dass Designschutz nur für diejenigen Erscheinungsmerkmale des Erzeugnisses gewährt wird, die in der Anmeldung sichtbar wiedergegeben sind. Es ist im Rahmen künftiger Designanmeldungen also noch wichtiger geworden, sicherzustellen, dass alle relevanten Erscheinungsmerkmale des zu schützenden Erzeugnisses in den Anmeldeunterlagen wahrnehmbar wiedergegeben sind.

Auch auf nationaler Ebene sind künftig Vermutungsregelungen einzuführen, denen zufolge (i) die Rechtsgültigkeit eines eingetragenen Designs und (ii) die Verfügungsbefugnis des eingetragenen Inhabers eines eingetragenen Designs widerleglich vermutet wird.

Schließlich stellt die DRL klar, dass der Designschutz unabhängig vom (und ergänzend zum) Schutz aufgrund anderer Schutzrechte (Urheberrechte, Kennzeichen- und Markenrechte, technische Schutzrechte) oder Schutzkonzepte (zum Beispiel Schutz aus Lauterkeits-/Wettbewerbsrecht) besteht. Nach deutschem Rechtsverständnis ist dies selbstverständlich; die allgemeine Klarstellung ist trotzdem zu begrüßen.

Gebührenanpassung und formelle Aspekte der Design-Anmeldung

Schließlich bringt das EU-Designrechtspaket einige Änderungen bezüglich formeller Aspekte der Design-Anmeldung (zum Beispiel in Bezug auf sogenannte Sammelanmeldungen oder hinsichtlich des Adressaten der Anmeldung) sowie eine Anpassung der Gebührenstruktur.

Die bisher beim EUIPO zu entrichtenden Anmelde- und Eintragungsgebühren werden zu einer einheitlichen Gebühr zusammengefasst. Die Höhe der Gesamtgebühren ändert sich insoweit nicht. Allerdings erhöhen sich in Zukunft die – alle fünf Jahre fällig werdenden – Verlängerungsgebühren für ein Unionsgeschmacksmuster teilweise deutlich. Hintergrund ist, sicherzustellen, dass nur wirklich benötigte Unionsgeschmacksmuster im Register bleiben und „überholte“ Rechte ihren Schutzstatus verlieren.

Fazit zum EU Design Act

Insgesamt handelt es sich – jedenfalls aus Sicht des deutschen Rechtsanwenders – nicht um eine tiefgreifende Reform, sondern eher um ein „Update“ des bestehenden europäischen Designrechts an das digitale Zeitalter.

Dennoch enthält das EU-Designrechtspaket eine Reihe von begrüßenswerten Klarstellungen, die die Rechtsanwendung erleichtern und die Design-Rechtsordnungen in den EU-Mitgliedstaaten weiter harmonisieren.

An der einen oder anderen Stelle hat der europäische Gesetzgeber jedoch die Gelegenheit verpasst, eine weitere Modernisierung voranzutreiben. So wäre es wünschenswert gewesen, Regelungen zu akustischen Designs (Klang-/ Geräuschdesigns), etwa für synthetische Stimmen, nachgebildete Natur-Klänge, Motorengeräusche o.ä. einzuführen.

Ebenfalls keine Regelungen sieht das neue EU-Designrecht zu Designs/Geschmacksmustern vor, die autonom mittels künstlicher Intelligenz (KI) generiert worden sind. Die praktische Relevanz dieses Themenbereiches ist mit Händen zu greifen. Entsprechend haben andere Rechtsordnungen, etwa der Registered Design Act des Vereinigten Königreichs, Regelungen vorgesehen, die die Schutzfähigkeit KI-generierter Designs klarstellen und die Rechte klar einer Person zuordnen („the person by whom the arrangements necessary for the creation of the design are made“).

Im Ergebnis sind die Reformansätze des EU-Designrechtspakets aber zu begrüßen und als Schritt in die richtige Richtung anzusehen.