Hauptleistung oder steuerfreie Nebenleistung?

Lieferung von Strom an Mieter aus PV-Anlagen und BHKWs durch JPöR

Tobias El
Von:
insight featured image
Überblick

Wenn es um die steuerliche Behandlung der Stromlieferung an Mieter aus Photovoltaik-Anlagen (PV-Anlagen) und Blockheizkraftwerken (BHKW) geht, bestehen zwei Möglichkeiten: Es kann sich sowohl um eine steuerfreie Nebenleistung als auch eine steuerpflichtige Hauptleistung handeln. In die Beurteilung dieser Frage ist jetzt neue Bewegung gekommen. Wir informieren Sie über die aktuellen Entwicklungen.

INHALTE

Sichtweise BMF und BFH-Rechtsprechung

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist dabei eindeutig: Die Lieferung von Strom an die Mieter ist eine Nebenleistung zur Hauptleistung „Vermietung“ und damit nach § 4 Nr. 12 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) von der Umsatzsteuer befreit. 

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 17. Juli 2024 entschieden, dass die Stromlieferung an Mieter als eigenständige Hauptleistung zu qualifizieren ist, wenn eine vom Mietvertrag trennbare Vereinbarung besteht und der Mieter die Möglichkeit hat, den Stromlieferungsvertrag unabhängig vom Mietvertrag zu kündigen. Dieses Urteil wurde bisher nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht und hat damit keine direkte Bindungswirkung für die Finanzverwaltung. 

Auch das Finanzgericht (FG) Münster hat im Februar 2025 die Grundsätze des BFH-Urteils angewendet und eine gesonderte Hauptleistung für die Lieferung von Strom an die Mieter bejaht[1]. Diese Sichtweise hat das Gericht auch auf vom Vermieter für Zwecke der Weiterveräußerung eingekauften Strom übertragen.

Veröffentlichung der Oberfinanzdirektion Baden-Württemberg

Die Oberfinanzdirektion Baden-Württemberg (OFD BW) hat als erste OFD auf diese Rechtsprechung reagiert und am 14. August 2025 die Verfügung zur Besteuerung beim Betrieb von Anlagen zur Erzeugung von Strom (Photovoltaikanlagen) entsprechend angepasst[2].

Die OFD ordnet die Lieferung von Strom als eigenständige Hauptlieferung an den Mieter ein, wenn eine verbrauchabhängige Abrechnung des Stroms erfolgt. Es liegt damit eine vom Mietvertrag trennbare, umsatzsteuerpflichtige Hauptleistung vor. Bei einem in die Miete eingerechneten Entgelt für den aus der PV-Anlage zur Verfügung gestellten Strom bleibt es nach Meinung der OFD bei einer steuerlichen Nebenleistung zur Vermietungsleistung.

Aus den Anschaffungs- und Betriebskosten der PV-Anlage kann für den entsprechenden Anteil die gezahlte Vorsteuer geltend gemacht werden. Bei gemischt genutzten Anlagen erfolgt eine strommengenabhängige Aufteilung auf die steuerfreien und steuerpflichtigen Tätigkeitsbereiche. 

Bei juristischen Personen öffentlichen Rechts (jPöR) sind die Lieferungen von Strom an die Mieter, sofern sie als eigenständige Hauptleistung gesehen werden, wie die Einspeisungen in das öffentliche Netz dem entsprechenden Stromerzeugungs-Betrieb gewerblicher Art zuzuordnen. Dies gilt ebenfalls für den in diesem Zusammenhang zusätzlich eingekauften und weiterveräußerten Strom, da dieses durch den Betrieb und die Nutzung der PV-Anlage bedingt ist.

Die Verfügung der OFD BW gibt spezialisierte Regelungen für die Betreiber von PV-Anlagen vor und es kann vertreten werden, dass diese Spezialregelungen der allgemeineren Regelung des Umsatzsteueranwendungserlasses vorgehen. Diese Verfügung gilt allerdings nur für Finanzämter in Baden-Württemberg und bindet nicht die Finanzämter in den anderen Bundesländern.

Auch in einer Arbeitshilfe für PV-Anlagen des Landesamts für Steuern in Bayern wird die Lieferung von Strom aus einer PV-Anlage an Mieter als Betriebseinnahmen dem Unternehmen PV-Anlage zugeordnet. Dies jedoch ohne konkreten Bezug auf die umsatzsteuerliche Würdigung als Hauptleistung. Diese Zuordnung zum Betrieb verdeutlicht jedoch auch für Bayern die Behandlung als eigenständige Hauptleistung und nicht als Bestandteil einer Vermietungsleistung[3].

Übertragung auf BHKWs

Aufgrund der grundsätzlichen Ähnlichkeit zwischen BHKWs und PV-Anlagen sind die Ausführungen unverändert auf den Anteil der Stromproduktion von BHKWs zu übertragen.

Empfehlung zum weiteren Vorgehen

Es ist die vertragliche Ausgestaltung der Mietverträge zu prüfen und diese auf die Kriterien des BFH zu übertragen. Die rechtlich sicherste Vorgehensweise besteht darin, die Stromlieferung als eigenständige Hauptleistung zu behandeln, sofern die vom BFH definierten Kriterien, insbesondere die Trennbarkeit des Mietvertrags und die Kündigungsmöglichkeit, erfüllt sind. Sollte § 2b UStG noch nicht freiwillig angewendet werden, ist jedoch immer auch zu prüfen, ob der Stromerzeugungs-BgA das nötige wirtschaftliche Gewicht erreicht, um tatsächlich begründet zu werden. 

Sollte ein BgA begründet werden, so könnte die Behandlung als eigenständige Hauptleistung seitens der Finanzverwaltung (außer in Baden-Württemberg) zunächst abgelehnt werden, hätte aber vor jedem FG im Hinblick auf die bestehende Rechtsprechung zweifelsfrei bestand. 

Ist die Behandlung der Stromlieferung als Nebenleistung zur Vermietung wirtschaftlich vorteilhaft, etwa bei nicht vorsteuerabzugsberechtigten Mietern, sollten die Verträge so gestaltet werden, dass eine rechtliche und technische Trennung der Stromlieferung von der Vermietung ausgeschlossen ist.

So wird die bestehende Behandlung als Nebenleistung zur Vermietungsleistung rechtlich abgesichert.

Quellen:
[1] Vgl. FG Münster, Urteil v. 18.02.2025 – 15 K 128/21 U
[2] Oberfinanzdirektion Baden-Württemberg, 14.08.2025, S 7104, FM-NR202501421
[3] Hilfe zu Photovoltaikanlagen vom 1. November 2021, LfSt Bayern, IV. 5.