article banner
Jetzt lesen

Beratungspraxis Unternehmenssteuern

Unser Thema im Dezember: "Brennpunktthemen zum Jahreswechsel 2021/2022"

Das erste Jahr unserer Beitragsreihe „Beratungspraxis Unternehmenssteuern“ ist nun fast vorüber. Die vergangenen knapp zwölf Monate waren geprägt durch eine Vielzahl spannender und wegweisender Entscheidungen, Verwaltungsanweisungen sowie gesetzgeberischer Maßnahmen im Bereich des nationalen und internationalen Unternehmenssteuerrechts, allen voran die Einführung des Optionsmodells für Personengesellschaften nach dem KöMoG mit Wirkung ab dem 1. Januar 2022. Die weitere Entwicklung der neuen Legislaturperiode bleibt ebenfalls mit Spannung zu erwarten. Wir werden Sie im Rahmen unserer Beitragsreihe auch weiterhin wie gewohnt aktuell und zeitnah zu allen unternehmenssteuerrelevanten Themen auf dem Laufenden halten.

Zum Jahresabschluss möchten wir im Folgenden das Augenmerk auf ausgewählte Themen zum Koalitionsvertrag, zur Organschaft und zum Forschungszulagengesetz lenken, die insbesondere zum Jahreswechsel von hoher Relevanz sind und – sofern noch nicht erfolgt – im Einzelfall einer kurzfristigen Umsetzung bedürften.

1.) Steuerliche Vorhaben der neuen Bundesregierung

Der Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP vom 24. November 2021 legt die wesentlichen Punkte für die geplante Regierungsarbeit von Ende 2021 bis 2025 dar. Die Ausführungen zum Bereich Steuern enthalten – auch vor dem Hintergrund der angespannten Haushaltslage und dem Ziel, die Neuverschuldung deutlich zu senken – nur wenige konkrete Punkte. Entwicklungslinien sind jedoch erkennbar. Folgende Aussagen zur Unternehmensbesteuerung können herausgestellt werden:

  • Investitionen für Klimaschutz und digitale Wirtschaftsgüter sollen in den Jahren 2022 und 2023 durch eine „Investitionsprämie“ gefördert werden. Gesprochen wird auch von einer „Superabschreibung“.
  • Mit dem Ziel der Stärkung der Selbstfinanzierungskraft sollen das Optionsmodell und die Thesaurierungsbegünstigung für Personenunternehmen evaluiert werden und insoweit soll eine Prüfung erfolgen, „inwiefern praxistaugliche Anpassungen erforderlich sind“.
  • Den Ländern soll mehr Freiraum bei der Gestaltung der Grunderwerbsteuer gegeben werden, um den Erwerb selbst genutzten Wohneigentums zu erleichtern. Zur Gegenfinanzierung sollen „steuerliche Schlupflöcher beim Immobilienerwerb von Konzernen (Share Deals)“ geschlossen werden.
  • Im Bereich der Unternehmensbesteuerung soll die Steuerprüfung modernisiert und beschleunigt werden. Vorgesehen sind verbesserte Schnittstellen, Standardisierung und der sinnvolle Einsatz neuer Technologien. Zur Sicherung der Anschlussfähigkeit der Steuerverwaltung an den digitalen Wandel und für eine spürbare Verringerung der Steuerbürokratie wird eine zentrale Organisationseinheit auf Bundesebene eingerichtet.
  • Zudem ist die weitere Einschränkung des steuerlichen Zinsabzuges über eine „Zinshöhenschranke“ geplant, wobei deren Ausgestaltung noch völlig unklar ist.
  • Geplant ist die Ausweitung der Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen auch auf nationale Steuergestaltungen von Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 10 Millionen Euro pro Jahr.
  • Um den Umsatzsteuerbetrug zu bekämpfen, plant die neue Bundesregierung die schnellstmögliche Einführung eines bundesweit einheitlichen elektronischen Meldesystems, das für die Erstellung, Prüfung und Weiterleitung von Rechnungen genutzt wird. 

Zu möglichen Tarifänderungen werden keine Aussagen getroffen.

Anmerkung: Für Kapitalgesellschaften ist eine Absenkung der Ertragsteuerbelastung (insbesondere Absenkung des Körperschaftsteuersatzes und / oder Abschaffung des Solidaritätszuschlags) aktuell also nicht absehbar. Im internationalen Vergleich wäre dies im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft bei zunehmender Mobilität der Produktionsfaktoren geboten. Personengesellschaften dürfen hoffen, durch Verbesserungen der Option zur Körperschaftsbesteuerung und der Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG weiter gestärkt zu werden. Dies wird insbesondere ertragsstarken Unternehmen im Mittelstand zu Gute kommen.

2.) Aktuelles zur ertragsteuerlichen Organschaft

Änderung § 302 AktG durch das SanInsFoG - Handlungsbedarf bei Alt-EAV zum Jahresende

Durch das Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz (SanInsFoG) vom 22. Dezember 2020 wurde der Wortlaut der Verlustübernahmeregelung des § 302 Absatz 3 Satz 2 AktG angepasst. Die mit Wirkung zum 1. Januar 2021 in Kraft getretene Regelung enthält nunmehr einen Verweis auf den neu eingeführten Restrukturierungsplan, was zur Folge hat, dass etwaige noch vorhandene Alt-Ergebnisabführungsverträge (EAV) bei GmbH’s ohne dynamischen Verweis auf § 302 AktG in seiner jeweils gültigen Fassung auf einen möglichen Anpassungsbedarf geprüft werden müssen.

In der Praxis wurde dabei zunächst diskutiert, ob eine diesbezügliche Anpassung als Neuabschluss qualifiziert und eine erneute Mindestlaufzeit des EAV auslöst. Mit BMF-Schreiben vom 24. März 2021 hat die Finanzverwaltung allerdings klargestellt, dass aufgrund der Änderung des § 302 AktG die weitere ertragsteuerliche Anerkennung der Organschaft voraussetzt, dass die bisherigen Vereinbarungen zur Verlustübernahme im EAV angepasst werden und – sofern in der Vergangenheit noch nicht erfolgt – die Verlustübernahme durch Verweis auf die Vorschriften des § 302 AktG in seiner jeweils gültigen Fassung vereinbart wird. Der Anerkennung der Organschaft steht es dabei nicht entgegen, wenn die entsprechende Anpassung zur Aufnahme des dynamischen Verweises spätestens bis zum Ablauf des 31. Dezember 2021 vorgenommen wird. In diesem Fall soll die Anpassung des EAV keinen Neuabschluss darstellen und mithin keinen Neubeginn der 5-jährigen Mindestlaufzeit auslösen.

Betroffene Steuerpflichtige haben daher letztmalig die Möglichkeit, etwaige noch bestehende Alt-Verträge unter Ausnutzung der Übergangsregelung anzupassen. Es ist dabei allerdings zu beachten, dass die fristgemäße Umsetzung eine notarielle Beurkundung des Zustimmungsbeschlusses der Organgesellschaft sowie die Anmeldung der Änderung zur Eintragung in das Handelsregister bis spätestens zum 31. Dezember 2021 erfordert. 

Anwendung der „Einlagelösung“ im Rahmen organschaftlicher Mehr- und Minderabführungen ab dem 1. Januar 2022

Im Rahmen einer ertragsteuerlichen Organschaft waren bislang für organschaftlich verursachte Mehr- und Minderabführungen, die aus Abweichungen zwischen Handels- und Steuerbilanz bei der Organgesellschaft resultieren, aktive beziehungsweise passive Ausgleichsposten in der Steuerbilanz des Organträgers zu bilden. Durch die Bildung dieser „Merkposten“ soll eine Doppelbesteuerung aufgrund des Auseinanderfallens der steuerlichen Einkommenszurechnung und der handelsrechtlichen Gewinnabführung insbesondere im späteren Veräußerungsfall der Organbeteiligung vermieden werden.

Die Rechtsnatur der organschaftlichen Ausgleichsposten wurde in der Vergangenheit kontrovers diskutiert; teilweise wurde eine Einordnung als besondere steuerliche Bilanzierungshilfe befürwortet, nach anderer Auffassung seien die Ausgleichsposten als Korrekturposten zur Organbeteiligung zu qualifizieren. Mit der Umsetzung des KöMoG hat diese Diskussion nunmehr dahingehend eine Entscheidung erfahren, als auf in organschaftlicher Zeit verursachte Mehr- und Minderabführungen künftig eine „Einlagenlösung“ anzuwenden ist.

Organschaftliche Minderabführungen führen hiernach bei der Organgesellschaft künftig zu einer Erhöhung des steuerlichen Einlagekontos und beim Organträger zu einer korrespondierenden Erhöhung des Beteiligungsbuchwerts. Organschaftliche Mehrabführungen sollen hingegen zu einer vorrangigen Minderung des steuerlichen Einlagekontos führen, während es auf Ebene des Organträgers zu einer entsprechenden Minderung des steuerbilanziellen Beteiligungsbuchwerts an der Organbeteiligung kommt.

Übersteigt die Mehrabführung den steuerbilanziellen Beteiligungsbuchwert, kommt es auf Ebene des Organträgers künftig zu einem steuerpflichtigen Ertrag. Handelt es sich bei dem Organträger um eine Kapitalgesellschaft, kommt insoweit allerdings die 95-prozentige Steuerbefreiung nach Maßgabe des § 8b KStG zur Anwendung.

Im Rahmen einer Übergangsregelung sind auf Ebene des Organträgers noch bestehende Ausgleichsposten für organschaftliche Minder- und Mehrabführungen in dem Wirtschaftsjahr aufzulösen, das nach dem 31. Dezember 2021 endet – in der Regel also im Wirtschaftsjahr 2022. Soweit es aufgrund der Auflösung bestehender passiver organschaftlicher Ausgleichsposten und der daraus resultierenden Minderung des steuerbilanziellen Beteiligungsbuchwerts beim Organträger zu einem steuerpflichtigen Ertrag kommt (also soweit sich ein „negativer Buchwert“ ergeben würde), kann eine Rücklage gebildet werden, die im Wirtschaftsjahr der Bildung und in den neun folgenden Wirtschaftsjahren zu je einem Zehntel aufzulösen ist. Im Falle besonders hoher passiver Ausgleichsposten kann dies im Einzelfall gleichwohl zu einer nicht unerheblichen und vorgezogenen Steuerbelastung kommen.

Nutzen Sie die Gelegenheit und sprechen Sie uns an. Gerne beraten wir Sie zu sämtlichen Fragen und Gestaltungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit der Neuregelung und Übergangslösung zu den organschaftlichen Ausgleichsposten.

3.) Forschungszulagengesetz

Anlässlich eines am 11. November 2011 ergangenen BMF-Schreibens zur Gewährung von Forschungszulagen nach dem zwischenzeitlich mehrfach geänderten Forschungszulagengesetz (FZulG) möchten wir Sie im Folgenden gerne über die Kernpunkte informieren.

Die Anspruchsberechtigung setzt die Durchführung eines begünstigten Forschungs- und Entwicklungsvorhabens voraus. Begünstigt ist ein solches FuE-Vorhaben, wenn es einer oder mehreren der Kategorien Grundlagenforschung, industrielle Forschung oder experimentelle Entwicklung zugeordnet werden kann. Für die Prüfung wird das Vorhaben anhand der drei übergeordneten Kriterien Neuartigkeit, Ungewissheit, das heißt in bestimmtem Maße risikobehaftet, und Planmäßigkeit der Umsetzung beurteilt. Ob die inhaltlichen Voraussetzungen für ein begünstigtes Vorhaben vorliegen, entscheidet die sogenannte Bescheinigungsstelle Forschungszulage (BSFZ) vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Insoweit bedarf es im ersten Schritt immer eines Antrags beim BSFZ für die Feststellung der Begünstigung des FuE-Vorhabens (Grundlagenbescheid). Erst in einem zweiten Schritt wird dann die eigentliche Forschungszulage unter Nachweis der entstandenen Aufwendungen beim Finanzamt beantragt.

Das BSFZ nennt als Voraussetzungen für die Anerkennung eines FuE-Vorhabens folgende Aspekte:

  • es muss auf die Gewinnung neuer Erkenntnisse abzielen (neuartig)
  • es muss originär sein (schöpferisch)
  • einem Plan folgen und budgetierbar sein (systematisch)
  • es müssen Unsicherheiten in Bezug auf das Endergebnis bestehen (ungewiss) und
  • Möglichkeiten der Reproduzierbarkeit vorhanden sein (übertragbar)

Gleichzeitig nennt das BMF-Schreiben eine Reihe von Negativabgrenzungen, die für eine bessere Einordnung des FuE-Vorhabens hilfreich sein können. So darf es sich beispielsweise nicht um eine regelmäßige Verbesserung bestehender Produkte, Marktforschung, Umsetzung und Einhaltung neuer oder bestehender Normen oder Vorhaben mit dem primären Ziel der Marktentwicklung handeln (vgl. BMF-Schreiben Randziffer 33).

Begünstigt sind sodann FuE-Vorhaben, wenn mit den entsprechende Arbeiten nach dem 1. Januar 2020 begonnen wurde oder diese in Auftrag gegeben worden sind. Als Bemessungsgrundlage dienen die im Wirtschaftsjahr entstandenen förderfähigen Lohnaufwendungen (im Wesentlichen die Arbeitslöhne für mit FuE-Vorhaben betraute Arbeitnehmer), maximal 4 Millionen Euro (1.7.2021 bis 30.06.2026; 1.1.2020 bis 30.6.2021 und ab 1.7.2026 maximal 2 Millionen Euro). Hierfür ist eine detaillierte Stundenerfassung erforderlich. Davon werden je Wirtschaftsjahr und bezogen auf alle FuE-Vorhaben 25% erstattet, das heißt mithin beträgt die Förderung je Wirtschaftsjahr aktuell bis zu eine Million Euro. Diese Grenzen gelten auch für verbundene Unternehmen. Es sind hier darüber hinaus ggf. weitere beihilferechtliche Vorgaben zu berücksichtigen, die wir hier zunächst nicht thematisieren möchten.

Für die Beantragung der Bescheinigung beim BSFZ sind keine Antragsfristen zu beachten. Der Antrag kann vor, während oder nach Abschluss der Durchführung eines FuE-Vorhabens, das heißt bereits im Laufe des Wirtschaftsjahres oder auch erst nach Ablauf des Wirtschaftsjahres, für das die FZul beantragt werden soll, gestellt werden. In jedem Fall muss die Bescheinigung vor der Beantragung der FZul beim Finanzamt vorliegen. Insoweit kann also für Projekte aus 2020 und 2021 auch jetzt noch ein Förderantrag gestellt werden.

Die vorstehenden Ausführungen können nur einen allerersten Einstieg in die Thematik bieten. Gerne können wir in Betracht kommende Vorhaben, die weiteren Voraussetzungen sowie ggf. das weitere Prozedere gemeinsam mit Ihnen erörtern. Grundsätzlich bedarf es für die Förderung einer detaillierten Würdigung des Einzelfalls. Sprechen Sie uns auch hierzu gerne an.

Wir freuen uns darauf, Ihnen auch im nächsten Jahr Informationen und Hinweise zu spannenden und praxisrelevanten Themen des Unternehmenssteuerrechts geben zu können und danken Ihnen für Ihr Interesse an unserer Beitragsreihe.

Wir wünschen Ihnen und Ihren Familien eine schöne Adventszeit, ein besinnliches Weihnachtsfest und einen guten Start in das kommende Jahr. 

Passen Sie auch weiterhin gut auf sich auf!

 

Herzliche Grüße

Paul Forst         &          Dr. Christoph Kneip

 

 

list item with text on the right

GUT INFORMIERT!
Abonnieren Sie unsere kostenlosen Newsletter und Webinare

Jetzt anmelden!