Erfahren Sie, welche Möglichkeiten es gibt, Planungsunsicherheiten im Rahmen von Kaufpreisgestaltungen bei M&A-Transaktionen zu berücksichtigen.
Im Überblick

Aktuell verringern zahlreiche Faktoren die Planungssicherheit von Unternehmen: Lieferkettenprobleme, schwer vorhersehbare Inflationsentwicklungen und die Auswirkungen der aktuellen und noch zu erwartenden Leitzinserhöhungen der EZB auf die (Fremd-)Finanzierungsmöglichkeiten von Unternehmen und auch Unternehmenstransaktionen sowie auf den Absatz beziehungsweise die Kundennachfrage selbst verringern aktuell die Planungssicherheit von Unternehmen. Dies wirkt sich teilweise auch auf die Durchführung von laufenden und geplanten Unternehmenstransaktionen aus.

Wenn im Ergebnis dieser Entwicklungen die Kaufpreisvorstellungen zwischen potenziellem Erwerber und Veräußerer eines Unternehmens aufgrund unterschiedlicher Erwartungen zukünftiger Ertragspotenziale oder eben aufgrund bestehender Planungsunsicherheiten stark divergieren, kann dies zu einem Deal Breaker im Transaktionsprozess führen oder eine geplante (Verkaufs-)Transaktion bereits im Keim ersticken. Soweit muss es aber nicht kommen.

Denn es gibt Möglichkeiten, Planungsunsicherheiten im Rahmen von Kaufpreisgestaltungen bei M&A-Transaktionen zu berücksichtigen.

Der Kaufpreis beziehungsweise Unternehmenswert leitet sich üblicherweise aus dem zukünftigen zu erwartenden Cash-Flow beziehungsweise Ertragspotenzial des Transaktionsobjektes ab und ist damit in hohem Maße von einer Mehrjahresplanung eines Unternehmens abhängig. Diese sind aufgrund der aktuellen ökonomischen Herausforderungen häufig mit Unsicherheit behaftet. Besonders wichtig ist hierbei, dass bei der Unternehmensbewertung des Transaktionsobjektes inflationär geplante Umsatz- und Kostenentwicklungen modelltechnisch kongruent – das heißt die Inflation wird auch im Kapitalisierungszinssatz angemessen berücksichtigt – abgebildet werden.

Im Rahmen von Kaufpreismechanismen (wie der Ermittlung der Netto-Verschuldung und des Target-Working Capitals) ergibt sich derzeit auch das Erfordernis einer erhöhten Aufmerksamkeit für die angemessene Bilanzierung beziehungsweise Bewertung von Rückstellungen im Allgemeinen und Pensionsrückstellungen im Speziellen hinsichtlich der korrekten beziehungsweise tatsächlichen Berücksichtigung von Inflationsauswirkungen auf eben diese. Konkret können die nach Bilanzierungsvorschriften möglicherweise der Höhe nach zutreffend bilanzierten Rückstellungen zu tatsächlich höheren Zahlungsabflüssen in der Zukunft führen. Diese Abweichung sollte quantifiziert und als sogenanntes debt-like item vom Kaufpreis abgezogen oder beim Vergleich des Referenz Working Capitals mit dem tatsächlichen Working Capital zum Closing Stichtag zum Ansatz gebracht werden.

Hinsichtlich der Plausibilisierung der Planung ist aktuell insbesondere bei der vorgelagerten Vergangenheitsanalyse darauf zu achten, dass (zum Beispiel bei nicht geprüften Unternehmen) aufgrund von Unterauslastungen oder vollständigen temporären Produktionsunterbrechungen aufgrund von Lieferkettenstörungen keine Leerkosten im Vorratsvermögen aktiviert wurden. Im Ergebnis würde dies zur Darstellung einer erhöhten Marge führen, welche dann wiederum fälschlicherweise in die Zukunft im Rahmen der Unternehmensplanung fortgeschrieben werden könnte.

Wenn eine Unternehmenstransaktion trotz bestehender Unterschiede zwischen Erwerber und Verkäufer hinsichtlich der Ertragserwartungen – etwa aus strategischen Gründen – durchgeführt werden soll, bieten sich verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten an:

  • Teilerwerb: Die einfachste Möglichkeit läge zum Beispiel darin, zunächst nur einen Teilerwerb einer Minderheits- bis zu einer Mehrheitsbeteiligung durchzuführen, um dann zu einem späteren Zeitpunkt über den verbliebenen noch nicht übernommenen Unternehmensanteil unter anderen Marktbedingungen neu zu verhandeln. So wäre es zum Beispiel möglich, strategische Ziele zu erreichen, ohne den möglicherweise zu hoch erscheinenden Gesamtpreis für das gesamte Unternehmen zahlen zu müssen.
  • Kauf-/Verkaufsoptionen: Die Möglichkeit eines Teilerwerbs ließe sich auch noch um Kauf- und Verkaufsoptionen für weitere Anteile der beim Verkäufer verbliebenen Geschäftsanteile erweitern. Vereinfacht bedeutet dies, dass dem Käufer das Recht eingeräumt wird, diese Anteile zu einem definierten Zeitpunkt oder in einem definierten Zeitraum zu einem vorher festgelegten Kaufpreis (zum Beispiel dem höheren von der Verkäuferseite erwarteten Werte) nachträglich zu erwerben oder dem Verkäufer ein vergleichbares Recht eingeräumt wird, seine verbliebenen Anteile an den Erwerber nachträglich entsprechend zu veräußern (gegebenenfalls zum niedrigeren für den Erwerber angemessenen Kaufpreis).
  • Earn-out Klauseln: In Ergänzung zu einem festen Basiskaufpreis - mit dem sich Erwerber und Veräußerer eines Unternehmens gleichermaßen identifizieren können - lassen sich sogenannte Earn-out Klauseln vereinbaren, die bei Erreichung von bestimmten (Teil-)Zielen von ausgewählten beziehungsweise definierten Parametern (wie etwa Umsatzerlösen, adj. EBITDA oder Free Cash Flow Größen) in zukünftigen Perioden zu (partiellen) Kaufpreiserhöhungen führen können. Der Planungsunsicherheit wird dadurch bereits im Kaufpreis Rechnung getragen, indem nur die tatsächliche Erreichung von konkreten (Ertrags-)Erwartungen - hier in der Regel primär der Verkäuferseite - auch zu einer entsprechend vorher vereinbarten zusätzlichen Kaufpreiszahlung führt.
  • Lizenzmodelle: Als Alternative zu Unternehmenstransaktionen bietet sich auch die Lizenzierung von ausgewählten materiellen oder immateriellen Technologien oder eines Technologiepools sowie für Produkt- oder Markennamen an. Durch diese Gestaltungsmaßnahme werden strategische Optionen gehoben, in dem für die Überlassung der Nutzung beziehungsweise der Rechte sogenannte Royalties (Lizenzgebühren) an den Technologiehalter geleistet werden, ohne dass sich Nutzer und Technologiehalter über einen Wert des gesamten Unternehmens auseinandersetzen müssen. Auch in diesem Fall lassen sich zusätzlich Kauf- beziehungsweise Verkaufsoptionen auf eben diese lizenzierten Technologie-Assets vereinbaren.

Aufgrund in der Tendenz sinkender Unternehmenswerte durch steigende Kapitalmarktzinsen und einer Erhöhung des systematischen Risikos lassen sich derzeit möglicherweise strategisch günstige Unternehmenskaufobjekte identifizieren. Insgesamt eröffnet sich dabei aktuell ein gutes Marktumfeld für Unternehmenserwerber (wie etwa Corporates oder Mittelstandsunternehmen), die in einem geringeren Maße (als zum Beispiel leverage-buy-out Funds) auf Fremdkapital zur Finanzierung von Unternehmenskäufen angewiesen sind. Interessante Finanzierungsmöglichkeiten ergeben sich auch durch alternative Finanzierungsformen (wie etwa Mezzanine oder online- bzw. plattformbasierte Finanzierungsmöglichkeiten).

Die Transaktionsberatung von Grant Thornton steht Ihnen zur Seite, um Sie in diesen herausfordernden Zeiten zu unterstützen und gemeinsam Ihre Pläne und (Transaktions-) Ziele umzusetzen.

Lesen Sie dazu auch: Inflation im Mittelstand