Aktuelles zu Blockheizkraftwerken und PV-Anlagen

Behandlung des Direktverbrauchs aus Stromerzeugungsanlagen

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Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat mit Schreiben vom 31. März 2025 zur umsatzsteuerlichen Behandlung von direktverbrauchtem Strom aus Blockheizkraftwerken (BHKW) Stellung genommen. Mit dem Schreiben setzt die Finanzverwaltung die hierzu ergangene Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) um. Zudem hat das BMF eine Übertragung auf ähnlich gelagerte Sachverhalte von Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) vorgenommen. Die Sichtweise des BMF kann im Einzelfall unter umsatzsteuerlichen Aspekten attraktiv sein. Wir beleuchten die jetzt geltenden steuerlichen Rahmenbedingungen.
INHALTE

Was Krankenhäuser mit BHKW jetzt wissen müssen

Ein BHKW produziert technisch gesehen primär Strom und als Nebenprodukt Wärme. Da Krankenhäuser in der Regel einen ständigen Grundbedarf an Strom und Wärme haben, verfügen diese häufig über eigene BHKW. Dabei wird die produzierte Wärme in der Regel vollständig im Krankenhaus für die Versorgung des Gebäudes mit Wärme und Warmwasser verbraucht. Auch ein wesentlicher Teil des produzierten Stroms wird in aller Regel im Krankenhausbetrieb verbraucht. Ist das BHKW so ausgelegt, dass der produzierte Strom lediglich die Grundlast des Krankenhauses abdeckt, kommt es nur gelegentlich und in untergeordnetem Umfang zur Einspeisung von Strom ins Netz des Stromnetzbetreibers. Liegt die Stromproduktion über der Grundlast, kann es zu einer regelmäßigen Einspeisung von Strom in das Stromnetz kommen. Bei BHKWs erhalten Anlagenbetreiber für eingespeisten und selbstverbrauchten Strom einen festen Zuschlag pro Kilowattstunde. 

Für Zwecke der Umsatzsteuer unterstellte die Finanzverwaltung bisher eine Lieferung des gesamten im BHKW produzierten Stroms an den Netzbetreiber zu einem fixen Entgelt zuzüglich KWK-Zuschlag sowie eine Rücklieferung des selbstverbrauchten Stroms für den gleichen festen Betrag ohne KWK-Zuschlag durch den Netzbetreiber an den Anlagenbetreiber. Diese Sichtweise wurde bisher aufrechterhalten, obwohl der BFH ausdrücklich bereits im Jahr 2022 entschieden hatte, dass es für eine solche fiktive Hin- und Rücklieferung keine Rechtsgrundlage gibt.

Bei Krankenhäusern hatte die bisherige Sichtweise der Finanzverwaltung zur Folge, dass nicht unerhebliche Umsatzsteuerbeträge auf die fiktive Rücklieferung entstanden sind. Zugleich hatten die Krankenhäuser aufgrund der Umsatzsteuerbefreiung von Krankenhausleistungen (§ 4 Nr. 14 UStG) im Wesentlichen keinen Anspruch auf Vorsteuerabzug. Damit entstand faktisch eine Umsatzsteuerbelastung auf den selbst produzierten und verbrauchten Strom. Zugleich bestand dann zwar in Bezug auf die Kosten für die Stromproduktion ein anteiliger Vorsteuerabzug auf die Eingangsleistungen (insbesondere für die Errichtung und die laufenden Kosten für Energieträger und Wartung). Bei wirtschaftlichem Betrieb eines BHKW sollte aber der durch die produzierte Energie entstehende Mehrwert die Investitionskosten übersteigen. Damit entsteht bei einer umsatzsteuerpflichtigen Behandlung der Stromproduktion eines wirtschaftlich betriebenen BHKW regelmäßig eine Umsatzsteuerbelastung, die den Vorsteuerabzug übersteigt. Die von der Finanzverwaltung angenommene fiktive Hin- und Rücklieferung von Strom führt damit in der Regel im Saldo zu einer höheren Steuerbelastung. 

Aufgabe der fiktiven Hin- und Rücklieferung durch das BMF

Das Konzept der fiktiven Hin- und Rücklieferung hat das BMF nunmehr aufgrund der Rechtsprechung aufgegeben. Der ins öffentliche Netz eingespeiste Strom unterliegt weiterhin als wirtschaftliche Tätigkeit gegen Entgelt der Umsatzsteuer. Der vom Netzbetreiber für diesen eingespeisten Strom gezahlte KWK-Zuschlag ist nach Ansicht des BMF ein gesetzlich vorgeschriebenes zusätzliches Entgelt und unterliegt ebenfalls der Umsatzsteuer. Der selbstverbrauchte Strom verbleibt – wie auch die selbst verbrauchte Wärme - beim Anlagenbetreiber und führt nicht zu einer umsatzsteuerpflichtigen Lieferung von Strom. Auch ein für den Direktverbrauch oder die Direktvermarktung gezahlter KWK-Zuschlag ist mangels Vorliegens eines Leistungsaustauschs zwischen Anlagenbetreiber und Netzbetreiber ein nichtsteuerbarer echter Zuschuss an den Anlagenbetreiber.

Im Ergebnis unterliegen damit nach neuer Sichtweise der Finanzverwaltung lediglich noch Entgelt und KWK-Zuschlag für den tatsächlich eingespeisten Strom der Umsatzsteuer. Dies führt insbesondere bei hohen Einspeisequoten zu einer deutlichen Verminderung der Umsatzsteuerbelastung. 

Ausgehend davon, dass die produzierte Wärme und der überwiegende Teil des direktverbrauchten Stroms im Krankenhausbetrieb verbraucht werden und damit für umsatzsteuerbefreite Tätigkeiten genutzt werden, reduziert sich durch diese Änderung der umsatzsteuerpflichtig genutzte Teil des BHKW deutlich. Dadurch sinkt auch der Vorsteuerabzug auf die Eingangsleistungen entsprechend. Daraus ergibt sich jedoch eventuell ein Korrekturbedarf nach § 15a UStG für die geltend gemachten Vorsteuerbeträge aus dem BHKW. Der umsatzsteuerliche Berichtigungszeitraum für BHKW beträgt zehn Jahre. Durch eine Umstellung auf die neue umsatzsteuerliche Sichtweise der Finanzverwaltung können damit auch bereits geltend gemachte Vorsteuerbeträge rückwirkend zu korrigieren sein. Insbesondere bei BHKW, die innerhalb der vergangenen zehn Jahre angeschafft wurden, kann aufgrund der anteiligen Berichtigung der Vorsteuerbeträge auf die Anschaffung je nach Einzelfall eine erhebliche Korrektur erforderlich sein. Des Weiteren geht durch die geringere unternehmerische Nutzung auch die Vorsteuerbeträge aus den laufend bezogenen Leistungen für das BHKW zurück (Wartungskosten, Betriebsstoffe). Dafür sinkt dann aber auch die laufende Umsatzsteuerbelastung auf den produzierten Strom.

Für den Bereich der Wärmeerzeugung durch das BHKW ergeben sich keine Veränderungen.

Übertrag auf PV-Anlagen

Die Grundsätze der BFH-Rechtsprechung wurden von der Finanzverwaltung auch auf bestehende PV-Anlagen übertragen, die in den Jahren 2009 bis Juni 2012 in Betrieb genommen wurden und eine EEG-Vergütung für selbstverbrauchten Strom erhalten haben. Auch hier wird die gewährte EEG-Vergütung analog zum KWK-Zuschlag zukünftig als echter Zuschuss behandelt, da kein Leistungsaustausch mit dem Netzbetreiber erfolgt. Die Leistung ist dann nicht steuerbar.

Für danach in Betrieb genommene PV-Anlagen ergeben sich keine Auswirkungen, da für diese auch bisher schon keine fiktive Hin- und Rücklieferung angenommen wurde.

Zeitliche Anwendung

Grundsätzlich gilt die Änderung in allen offenen Fällen. Das BMF erlaubt jedoch eine freiwillige weitere Anwendung seiner bisherigen Auffassung bis höchstens zum 31. Dezember 2025. Spätestens ab 1. Januar 2026 muss die neue Auffassung der Finanzverwaltung aber von allen Krankenhäusern und Stromnetzbetreibern umgesetzt werden. 

Sollte nun eine rückwirkende Änderung der Behandlung des direktverbrauchten Stroms angestrebt werden, so ist zunächst zu prüfen, für welche zurückliegenden Veranlagungszeiträume die Umsatzsteuerfestsetzungen noch änderbar sind. Weiter sollte dann geprüft werden, welche Umsatzsteuerbeträge und Vorsteuerbeträge dann jeweils zu berichtigen sind und ob eine rückwirkende Berichtigung auf dieser Basis wirtschaftlich sinnvoll ist. Weiter ist zu beachten, dass in der Regel eine Abstimmung mit dem Netzbetreiber erforderlich ist, da dieser regelmäßig die fiktive- hin und Rücklieferung des Stroms über Gutschriften durchgeführt hat. In diesen Fällen kann, die zu viel gezahlte Umsatzsteuer erst vom Finanzamt zurückverlangt werden, wenn zuvor die betreffenden Gutschriften für die fiktive Hin- und Rücklieferung berichtigt wurden und eine Rückzahlung der berichtigten Umsatzsteuerbeträge erfolgt ist. Ansonsten ist die Rückforderung der an das Finanzamt zu viel gezahlten Umsatzsteuer nicht möglich, da aufgrund des dann unberechtigten Umsatzsteuerausweises durch die vom Netzbetreiber erstellten Gutschriften eine Umsatzsteuerpflicht nach § 14c UStG besteht.

Ertragsteuerliche Auswirkungen

Bei gemeinnützigen Krankenhäusern können sich in diesem Fall auch rückwirkend Auswirkungen auf die Sphärenzuordnung der Einnahmen und Ausgaben ergeben. Sofern das gesamte BHKW bereits als Selbstversorgungs-Zweckbetrieb der Zweckbetriebssphäre zugeordnet werden konnte, ergeben sich keine Auswirkungen. Wurden die Einnahmen aus der Einspeisung hingegen aufgrund der Überschreitung der 20% Grenze einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zugeordnet, ist auch ertragsteuerlich zu prüfen, ob nur der eingespeiste Strom oder aufgrund der fiktiven Hin- und Rücklieferung des gesamten produzierte Stroms bisher dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zugeordnet wurden. Ist letzteres der Fall, sollte eine Anpassung der Sphärenzuordnung dahingehend erfolgen, dass der im Krankenhaus selbst verbrauchte Strom dem Krankenhauszweckbetrieb zugeordnet wird.

Auch in Fällen der Direktvermarktung von überschüssigem Strom ergeben sich Auswirkungen, da auch hier der gewährte KWK-Zuschlag zukünftig als echter Zuschuss zu behandeln ist und damit ein nicht steuerbarer Umsatz vorliegt. Mangels Leistungsaustausch ist der KWK-Zuschlag nicht im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, sondern im ideellen Bereich/Zweckbetrieb zu erfassen.

Auswirkungen auf die Praxis

Mit der Änderung der Auffassung der Finanzverwaltung hinsichtlich der fiktiven Hin- und Rücklieferung von dezentral produziertem und verbrauchtem Strom ist nun auch die insoweit geltende BFH-Rechtsprechung aus dem Jahr 2022 endlich von der Finanzverwaltung weitgehend umgesetzt worden. Für die meisten Anlagen müssen daher nun zumindest ab dem Jahr 2026 neue Vorsteuerquoten ermittelt werden. Die produzierte Wärme und der produzierte Strom sind nach Marktpreisen zu bewerten und zu vergleichen. Der Umsatzsteuer unterliegt dann lediglich der eingespeiste Anteil. Im Krankenhaus selbst verbrauchte Strom und Wärme unterliegen nicht der Umsatzsteuer, berechtigen aber auch nicht mehr zum Vorsteuerabzug auf die laufenden Eingangsleistungen (zum Beispiel Kosten für Wartung und Energieträger). Bei Anschaffungen oder Investitionen in den vergangenen zehn Jahren muss zudem eine Anpassung der bisher hierauf geltend gemachten Vorsteuerbeträge gemäß § 15a UStG geprüft werden. 

Wichtig ist zudem zu prüfen, ob sich der Aufwand einer rückwirkenden Korrektur der umsatzsteuerlichen Beurteilung des eigenverbrauchten Stroms für alle noch änderbaren Veranlagungszeiträume lohnt oder nicht. Hier ist eine Einzelfallprüfung durchzuführen, da zwar zum einen die Umsatzsteuer für den fiktiven Eigenverbrauch erstattet wird, zugleich aber die Vorsteuerbeträge aus Anschaffungen und laufenden Kosten anteilig zu berichtigen sind. Weiter ist der Aufwand für die rückwirkende Berichtigung der Rechnungen und eventuell anfallende Beratungskosten zu berücksichtigten.

Bei gemeinnützigen Krankenhäusern sollte zudem geprüft werden, ob Korrekturen bei der Sphärenzuordnung des BHKW möglich/erforderlich sind. 

Im Ergebnis ist die Entscheidung der Finanzverwaltung zu begrüßen. Denn zumindest bei wirtschaftlich betriebenen BHKW sinkt auf dieser Basis die Steuerbelastung in der Regel. Dies kann im Einzelfall auch eine rückwirkende Berichtigung attraktiv machen. Auch und gerade bei BHKW, bei denen die Anschaffung der Anlage mehr als zehn Jahre zurück liegt, und damit keine Berichtigung des Vorsteuerabzugs auf die Anschaffungskosten mehr erforderlich ist, kann eine rückwirkende Berichtigung der Umsatzsteuerbeträge attraktiv sein. Letztlich ist dies aber stets im Einzelfall abzuwägen. Dabei unterstützen wir Sie gerne, sprechen Sie uns an!