Die Vorschriften des StaRUG stellen eine gesetzliche Pflicht zur Einführung einer integrierten Unternehmensplanung und eines Systems zur Krisenfrüherkennung dar. Obwohl diese Pflicht bereits seit dem Jahr 2021 gilt, wird vielen Geschäftsführern durch den neuen Standardentwurf erst jetzt bewusst, welches Haftungsrisiko sie bereits seit Jahren eingehen – denn das Fehlen eines solchen Systems hat unmittelbare Auswirkungen auf die Beurteilung, ob eine Insolvenzverschleppung vorliegt.
Ziel des IDW ES 16 ist es:
- die Bedeutung und Notwendigkeit einer angemessenen Unternehmensplanung hervorzuheben,
- die Anforderungen des § 1 StaRUG an die Krisenfrüherkennung praxisnah zu konkretisieren und
- Geschäftsleitern eine konkrete Hilfestellung bei der Implementierung und Ausgestaltung eines effektiven Krisenfrüherkennungssystems zu geben.
Bereits seit 1998 besteht durch die Regelung des § 91 Abs. 2 AktG die Pflicht für Aktiengesellschaften, ein Risikofrüherkennungssystem einzurichten. Die Risikofrüherkennung gemäß § 91 Abs. 2 AktG und die Krisenfrüherkennung gemäß § 1 StaRUG verfolgen beide das Ziel, die Fortführung des Unternehmens zu sichern, indem potenziell gefährdende Entwicklungen frühzeitig erkannt werden. Es bestehen jedoch wesentliche Unterschiede in Hinblick auf Anwendungsbereich, Fokus und Reaktionspflicht:
| Merkmal | § 91 Abs. 2 AktG (Risikofrüherkennung) | § 1 StaRUG (Krisenfrüherkennung & -management) |
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Anwendungsbereich |
Primär Aktiengesellschaften mit Ausstrahlungswirkung |
Alle haftungsbeschränkten Unternehmensträger |
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Fokus |
Allgemeine Risiken |
Konkrete bestandsgefährdende Entwicklungen |
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Ziel |
Einrichtung eines Risikomanagementsystems |
Frühzeitige Erkennung und aktives Krisenmanagement |
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Reaktionspflicht |
Maßnahmen zur Risikosteuerung |
Unverzügliche Gegenmaßnahmen & Informationspflicht |
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Krisenbezug |
Präventiv, zur Vermeidung von Krisen |
Reaktion auf sich abzeichnende Krisen |
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Explizites Management |
Weniger explizit geregelt |
Explizite Pflicht zum Krisenmanagement |
Man kann sagen, dass § 1 StaRUG die Pflicht zur Früherkennung erweitert und schärfer definiert hat, insbesondere hinsichtlich des Anwendungsbereichs und der klaren Verpflichtung zum aktiven Krisenmanagement. Ein funktionierendes Risikofrüherkennungssystem nach § 91 Abs. 2 AktG bildet in der Regel die Grundlage für ein Krisenfrüherkennungssystem im Sinne des StaRUG. Die Identifikation und Bewertung von Risiken sind ein zentrales Element bei der Erkennung bestandsgefährdender Entwicklungen.
Das StaRUG legt jedoch einen stärkeren Fokus auf die akute Unternehmensgefährdung und die daraus resultierenden unmittelbaren Handlungsverpflichtungen der Geschäftsleitung.
Im Falle einer frühzeitigen Befassung der Geschäftsführung – idealerweise unter Einbindung erfahrener Berater – ist ein gut implementiertes Frühwarnsystem ein zentraler Baustein eines proaktiven und präventiven Krisenmanagements. Es hilft Unternehmen, frühzeitig gegenzusteuern, Verluste zu minimieren und im besten Fall eine Krise vollständig abzuwenden.
Besonders der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) bietet hier erhebliche Potenziale: Dadurch werden die Fähigkeit zur Datenanalyse, Mustererkennung sowie Prognose verbessert und die Geschäftsleitung in der fundierten Entscheidungsfindung im Krisenfall unterstützt.
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