Bei den Regelungen zur Umsetzung der globalen Mindestbesteuerung sind weiterhin viele Fragen offen. Wir geben ein Update zur aktuellen Situation rund um Pillar 2 sowie eine Einschätzung der weiteren Entwicklung.
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Am 20. Dezember 2021 hat die OECD die Model Rules zur Umsetzung der globalen Mindestbesteuerung (Pillar 2) veröffentlicht, nur zwei Tage später folgte die von der EU-Kommission entworfene Richtlinie zur Umsetzung dieser Regelungen in der EU. Derzeit werden auf Ebene der OECD mögliche Vereinfachungen beraten, mit deren Veröffentlichung jedoch erst zum Ende dieses Jahres gerechnet wird. Ausstehend sind auch noch Detailregelungen zum Deklarationsverfahren. Parallel hierzu wird die Umsetzung von Pillar 2 in das jeweilige nationale Recht in einigen Ländern vorbereitet, während in anderen Ländern der Prozess ins Stocken geraten scheint. Im Folgenden geben wir ein Update zur aktuellen Situation rund um Pillar 2 sowie eine Einschätzung der weiteren Entwicklung.

Hintergrund

Am 8. Oktober 2021 haben sich die Mitgliedstaaten des Inclusive Framework on Base Erosion and Profit Shifting (BEPS) auf die Einführung einer globalen Mindestbesteuerung von 15 Prozent geeinigt. Nach Veröffentlichung der OECD-Model Rules sowie des entsprechenden EU-Richtlinienentwurfs im Dezember 2021 folgte am 14. März 2022 die Veröffentlichung des OECD-Kommentars zu Pillar 2 sowie die Publikation der illustrativen Beispiele.

Im Fokus des Anwendungsbereichs der Mindestbesteuerung stehen multinationale Unternehmensgruppen (MNE) mit einem konsolidierten Konzernumsatz von mindestens 750 Millionen Euro pro Jahr. Abweichend von der OECD erfasst der EU-Richtlinienentwurf dabei auch rein nationale Unternehmensgruppen. Ziel der Regelungen ist es, eine effektive Besteuerung von mindestens 15 Prozent in jeder Jurisdiktion zu erzielen, in der eine MNE ansässig ist. Grundsätzlich erfolgt die Besteuerung dabei auf Ebene der Konzernmutter (Income Inclusion Rule); ist diese in einem Staat ohne Anwendung der Pillar 2 Regelungen ansässig, soll die Undertaxed Payment Rule auf Ebene der Tochtergesellschaften greifen. Die effektive Steuerbelastung und folglich die Höhe einer potenziellen Mindestbesteuerung wird dabei auf Basis des „GloBE-Einkommens“ sowie der „Covered Taxes“ geprüft. Ausgangsbasis für die Berechnung des „GloBE Einkommens“ sowie der „Covered Taxes“ sind dabei die Finanzdaten der Gesellschaft vor Konsolidierung zum Konzernabschluss (HB 2 Daten, nach IFRS oder HGB), auf die im Anschluss zahlreiche Anpassungen vorgenommen werden.

Aktuelle Entwicklungen

Nachdem sich in der ECOFIN Sitzung vom 15. März 2022 zunächst eine Tendenz zu einer einjährigen Verschiebung des Implementierungszeitpunkts vom 1. Januar 2023 auf den 1. Januar 2024 abzeichnete, konnte seitdem auf EU-Ebene keine abschließende Einigung zur Implementierung der Pillar 2 Regelungen erzielt werden. Während zunächst Polen in der ECOFIN Sitzung vom 5. April 2022 eine Einigung mit Verweis auf die fehlende rechtliche Verknüpfung der Regelungen zu Pillar 1 und Pillar 2 blockierte, verweigert seit der ECOFIN Sitzung vom 17. Juni 2022 vor allem Ungarn die notwendige Zustimmung. Die Regierung in Budapest verweist dabei offiziell auf Verzögerungen bei der Umsetzung der Pillar 1 Regelungen, die Unsicherheiten aus dem Ukraine Krieg sowie die starke Betroffenheit Ungarns von Pillar 2, weshalb einer Umsetzung der Regelungen zum jetzigen Zeitpunkt nicht zugestimmt werden könne.

Im Gegenzug haben nun die Vereinigten Staaten im Juli 2022 angekündigt, das Doppelbesteuerungsabkommen mit Ungarn aufgrund der Blockade bei Pillar 2 aufzukündigen. Doch auch in den USA ist die konkrete Umsetzung der Pillar 2 Regelungen weiter ungewiss. Insbesondere die jüngst beschlossene Einführung einer von Pillar 2 losgelösten globalen Mindestbesteuerung in den USA im Rahmen des „Build Back Better (BBB)“ Programms in Höhe von 15 Prozent und deren Zusammenspiel mit den Pillar 2 Regelungen bleibt ungewiss.

In Deutschland hat am 7. Juli 2022 der wissenschaftliche Beirat des BMF seine Stellungnahme zur OECD-Reform der Besteuerung multinationaler Unternehmen veröffentlicht. Bei dem wissenschaftlichen Beirat handelt es sich um ein vom BMF unabhängiges Gremium, das politische Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger durch wissenschaftlich fundierte Gutachten und Analysen in verschiedensten Themengebieten berät und unterstützt. In seinem Gutachten stellt der Beirat fest, dass das OECD-Projekt grundlegende Änderungen des internationalen Steuersystems vorsehe. Auf Ebene der EU empfiehlt der Beirat, die Verabschiedung der Richtlinie von der Umsetzung der „Pillar 2“ Regelungen bei wichtigen Staaten und Handelspartnern abhängig zu machen.

Ausblick

Vor dem Hintergrund des auf EU-Ebene weiterhin ausstehenden Kompromissvorschlags zur Verschiebung des Implementierungszeitpunkts von Pillar 2 um (mindestens) ein Jahr sowie den großen globalen Unsicherheiten rund um den Ukraine Krieg und die steigende Inflation bleibt die weitere Entwicklung abzuwarten. Auch die genaue Ausgestaltung der im vierten Quartal dieses Jahres erwarteten Umsetzungsrichtlinien der OECD zu einem global vereinheitlichten Deklarationsverfahren bleibt offen. Darüber hinaus werden mit Spannung intendierte Vereinfachungsregelungen der OECD zu bestimmten Bereichen der Ermittlung der effektiven Besteuerung erwartet. Betroffene Unternehmen sollten daher die Entwicklungen bezüglich der Umsetzung der Regelungen insbesondere auf Ebene der EU und in den USA weiter genau beobachten. Gleichzeitig sollten vor dem Hintergrund der hohen Komplexität der bis jetzt veröffentlichten Regelungen und der möglichen Einführung in 2024 konkrete Umsetzungspläne entworfen sowie mit der Prüfung grundlegender Fragestellungen begonnen werden.

 

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