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Beratungspraxis Unternehmenssteuern

Unser Thema im August: "Steuervorteile aus dem Optionsmodell für Personengesellschaften - rechtzeitig bis zum Jahresende handeln."

Das neue Körperschaftsteuermodernisierungsgesetz ermöglicht Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften sich künftig ertragsteuerlich wie eine Kapitalgesellschaft behandeln zu lassen. Deshalb gilt es nun, etwaige Vorteile zu identifizieren und rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen, um diese Chance gegebenenfalls frühestmöglich ab dem 1. Januar 2022 nutzen zu können. Sollte die Option zur Körperschaftsteuer ausgeübt werden, ist noch bis zum 30. November 2021 ein entsprechender Antrag beim zuständigen Finanzamt zu stellen.

Vorteile der Option

Insbesondere für mittlere bis größere Familien-Personengesellschaften oder inhabergeführte Personengesellschaften ist die Option zur Körperschaftsteuer hochinteressant und kann zu nennenswerten steuerlichen Vorteilen führen.

Nach Maßgabe eines hohen Selbstfinanzierungsgrades und der verfolgten Strategie, erzielte Gewinne langfristig im Unternehmen zu belassen, bleibt es für die optierte Personengesellschaft in Bezug auf die laufende Ertragsbesteuerung zunächst bei dem Steuersatzniveau von Kapitalgesellschaften auf Gesellschaftsebene 15% Körperschaftsteuer (zuzüglich Solidaritätszuschlag ) sowie rund 15 % Gewerbesteuer (variiert je nach Gemeinde). Zusätzliche Steuern entstehen nur im Fall einer – bis auf Weiteres optimalerweise nicht beabsichtigten – Entnahme der Gewinne durch die Gesellschafter. Solch ein liquiditätsschonender und investitionsfreundlicher Effekt kann bei „normalen“ Personengesellschaften ansatzweise im Rahmen der Thesaurierungsbesteuerung nach § 34a EStG erreicht werden. Diese wird in der Praxis jedoch aufgrund der sehr restriktiven Regelungen, zum Beispiel in Bezug auf das Entnahmemanagement bei zahlreichen Gesellschaftern, oft als kaum handhabbar wahrgenommen und kann durch die Option zur Körperschaftsteuer umgangen werden. Vereinfacht gesprochen liegt die Ertragsteuerbelastung von transparent besteuerten Personengesellschaften einschließlich Gesellschafterebene bei bis zu 48% des Gewinns (zuzüglich Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer). Bei Inanspruchnahme der Thesaurierungsbegünstigung kann sich die Belastung zunächst auf etwa 32,5% reduzieren. Dagegen liegt die Belastung thesaurierter Gewinne bei einer optierenden Personengesellschaft bei nur rund 30%.

Für operativ tätige Gesellschaften oder auch Konzernholdinggesellschaften, die sich im internationalen Kontext bewegen, kann die Option zur Körperschaftsteuer zudem eine bedeutende Erleichterung in Bezug auf den Gleichklang von in- und ausländischer Besteuerung und die Vermeidung von Doppelbesteuerung sein. So ist beispielsweise das sogenannte Sonderbetriebsvermögen einzelner Gesellschafter, das unter anderem durch die Nutzungsüberlassung eines Wirtschaftsguts von einem Gesellschafter an seine Gesellschaft entsteht, ein spezifisch deutsches, im Ausland oft unbekanntes Konstrukt, das bei grenzüberschreitenden Sachverhalten zu komplexem Regelungsbedarf und darüber hinaus dennoch regelmäßig zu Konflikten führt. Anders als eine „normale“ Personengesellschaft ist die optierende, steuerlich intransparente Personengesellschaft dagegen direkt abkommensberechtigt im Sinne der deutschen Doppelbesteuerungsabkommen und dadurch deutlich einfacher in der internationalen Handhabung.

Auch jenseits der laufenden Besteuerung ist die Option zur Körperschaftsteuer durchaus attraktiv, da die Steuerbefreiung nach § 8b KStG für Gewinne aus der Veräußerung von Beteiligungen an anderen Kapitalgesellschaften hinzugewonnen wird.

Gleichzeitig bleiben außersteuerliche Vorteile einer Personengesellschaft, wie zum Beispiel die Vermeidung beziehungsweise Milderung der Folgen der Jahresabschlusspublizität oder Flexibilität bei der Kapitalbereitstellung und der Gewinnverteilung, uneingeschränkt erhalten und von der Option zur Körperschaftsteuer unberührt. Auch die erbschaftsteuerlichen Vorteile einer Personengesellschaft bleiben nach einer Option zur Körperschaftsteuer unverändert.

Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Option

Eine optionsberechtigte Personenhandels- oder Partnerschaftsgesellschaft (nicht zum Beispiel Einzelunternehmen oder Gesellschaften bürgerlichen Rechts) kann die Option erstmalig durch unwiderruflichen Antrag bis zum 30. November 2021 für das Jahr 2022 ausüben. Die Option betrifft zwingend alle Gesellschafter und es bedarf daher grundsätzlich eines einstimmigen Gesellschafterbeschlusses. Sollte der Gesellschaftsvertrag eine Mehrheitsklausel vorsehen, ist mindestens eine qualifizierte Mehrheit von 75% der abgegebenen Stimmen erforderlich.

Während die Personengesellschaft zivilrechtlich unverändert fortbesteht, kommt es steuerlich zu einem Wechsel des Besteuerungsregimes durch einen sogenannten fiktiven Formwechsel einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft. Im Grunde sind steuerlich insoweit die bekannten Regelungen des Umwandungssteuerrechts anzuwenden und auch die bekannten Probleme eines tatsächlichen Formwechsels von einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft zu lösen. Im Fokus dürfte dabei die Gewährleistung der steuerlichen Buchwertfortführung stehen. Das heißt, es gilt zu verhindern, dass stille Reserven der Personengesellschaft aufgedeckt und besteuert werden müssen. Neben dem Antrag auf Optionsausübung ist auch die Buchwerfortführung – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – für jeden Gesellschafter gesondert zu beantragen.

Es gibt einige wichtige Faktoren, die bereits im Vorfeld des Antrags beachtet und ggf. vorbereitet werden sollten, so zum Beispiel:

  • Einbringung des gesamten Mitunternehmeranteils: Aus steuerlicher Sicht umfasst der Mitunternehmeranteil auch das Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter, sodass auch dieses grundsätzlich in die optierte Personengesellschaft einzubringen ist. Das Zurückbehalten von funktional wesentlichem Sonderbetriebsvermögen auch nur eines Mitunternehmers ist bereits schädlich für die Buchwerteinbringung des Betriebes.
  • Weitere Voraussetzung für die (vollständige) Buchwertfortführung sind (steuerbilanziell) positive Kapitalkonten der einbringenden Mitunternehmer. Ansonsten muss eine Wertaufstockung zwingend bis zum Ausgleich des Defizits erfolgen.
  • Die Buchwerte werden in der „Eröffnungsbilanz“ der optierten Personengesellschaft unter Berücksichtigung von etwaigen Ergänzungsbilanzen Typischerweise bestehen Ergänzungsbilanzen abweichend von der allgemeinen Beteiligungsquote der Mitunternehmer (entstanden aus zum Beispiel Anteilsübertragungen oder später eingetretene Gesellschafter), weshalb ein besonderes Augenmerk auf ggf. notwendige Ausgleiche zwischen den Gesellschaftern gelegt werden sollte.
  • Anders als einkommensteuerliche Verlustvorträge, die durch ausgleichsfähige Verluste entstanden sind und daher auf Ebene der Gesellschafter festgestellt werden, gehen verrechenbare Verluste nach § 15a EStG auf Ebene der Gesellschaft im Rahmen des Formwechsels unter. Ebenso fallen gewerbesteuerliche Verlustvorträge in entsprechender Anwendung der Regelungen für den tatsächlichen Formwechsel durch die Option zur Körperschaftsteuer weg.

Vorbereitungen treffen und frühzeitig handeln

Alle verantwortungsvoll handelnden Gesellschafter von Personenhandelsgesellschaften sollten sich kurzfristig mit der Möglichkeit der Optionsausübung befassen und eine Meinung zur Vorteilhaftigkeit für ihre spezifische Situation bilden. Es ist somit unabdingbar, im Einzelfall die Voraussetzungen und Vorteilhaftigkeit der Optionsausübung abzuwägen, eine Entscheidung zu treffen und notwendige Maßnahmen zu ergreifen.

Ratsam ist es, bereits im Vorfeld einer Option zur Körperschaftsteuer Einigkeit unter den Gesellschaftern zu schaffen und den Gesellschafterbeschluss sowie eine Anpassung des Gesellschaftsvertrags mit Blick auf die Optionsausübung zu veranlassen. Dies erfordert eine rechtzeitige und umfassende Information der Gesellschafter. Auch kann geregelt werden, dass etwaige Vorteile einzelner Gesellschafter, beispielsweise aus bestehenden steuerlichen Ergänzungsbilanzen, auch weiterhin berücksichtigt werden können beziehungsweise wie einer disquotalen Verteilung von Mehr-Kapital Rechnung getragen wird. Da die Anteile an der optierten Personengesellschaft mit der siebenjährigen Sperrfrist nach § 22 UmwStG behaftet sind, muss die Option zur Körperschaftsteuer als mittel- bis langfristige Entscheidung verstanden werden.

Insbesondere möchten wir Ihnen den achtsamen Umgang mit Sonderbetriebsvermögen und etwaigen Leistungsbeziehungen zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern ans Herz legen. Durch die Option zur Körperschaftsteuer ergeben sich auf beiden Ebenen weitreichende Änderungen in der steuerlichen Beurteilung und damit einhergehend auch in Bezug auf die zukünftig zu beachtenden Vorschriften.

Ist die Option zur Körperschaftsteuer im Einzelfall nicht sinnvoll, so können diese Überlegungen Anlass sein, die bestehende Struktur steuerlich zu optimieren. Alternativ zur Option zur Körperschaftsteuer können ggf. auch andere Instrumente sinnvoll eingesetzt werden, wie etwa Beteiligungsgesellschaften.

Wir unterstützen Sie gerne bei Ihren Überlegungen, Ihrer Entscheidungsfindung sowie Ihren Detailfragen und begleiten Sie gerne auf Ihrem Weg in die Körperschaftsteuer!



Kurzhinweise

  • Gleichlautender Ländererlass (GLE) vom 11.8.2021 zum Gesellschafterwechsel in doppelt- und mehrstöckigen Personengesellschaftsstrukturen und deren Auswirkungen auf Fehlbeträge nach § 10a GewStG: Mit Urteil vom 24.4.2014 (IV R 34/10; BStBl. II 2017, 233) hatte der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass im Falle der Einbringung des Betriebs einer KG (Obergesellschaft) in eine atypisch stille Gesellschaft (Untergesellschaft) eine doppelstöckige Mitunternehmerschaft entsteht und es für die Frage der Verrechenbarkeit der bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen Gewerbeverluste nach § 10a GewStG auf die mittelbare Gesellschafterstellung der Gesellschafter der Obergesellschaft bei der Untergesellschaft ankomme. Mit GLE vom 11.8.2021 erklärt die Finanzverwaltung das Urteil über den Einzelfall hinaus für nicht anwendbar und hält damit an der bisherigen Auffassung fest, dass es für Zwecke des § 10a GewStG stets auf die unmittelbare Gesellschafterstellung ankommt. Bei der Beteiligung einer Obergesellschaft an einer Untergesellschaft ist damit die Obergesellschaft selbst und nicht deren Gesellschafter Träger des Verlustabzugs der Untergesellschaft.
  • Kein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten bei disquotalen Gewinnausschüttungen (FG Münster vom 30.06.2021 – 13K 272/19): Das Finanzgericht (FG) Münster hat entschieden, dass eine inkongruente Gewinnausschüttung an einzelne Gesellschafter nicht zwangsläufig eine unangemessene Gestaltung zur Erlangung eines gesetzlich nicht vorgeschriebenen Steuervorteils darstellt. Im Urteilsfall ergab sich dies bereits daraus, dass die Wirkung des § 42 Satz 1 AO überdehnt würde, wenn die fraglichen Beträge bei einem anderen Anteilseigner fiktiv als zugeflossen behandelt werden. Darüber hinaus gäbe es keinen Rechtssatz, wonach inkongruente Gewinnausschüttungen grundsätzlich einen Missbrauch begründen. Vielmehr sind zivilrechtlich ordnungsgemäß zustande gekommene inkongruente Gewinnausschüttungen gleichfalls steuerlich als zulässig anzuerkennen – insbesondere, wenn der Steuerpflichtige außersteuerliche Gründe für die gewählte Gestaltung nachweist.
  • Augen auf bei der Festlegung von Konzernumlagen (FG Hamburg vom 17.03.2021 – 2K 172/18): Eine Konzernumlage für die Erbringung diverser Dienstleistungen an eine Tochtergesellschaft in Höhe eines festen Prozentsatzes von deren Umsatz kann als verdeckte Gewinnausschüttung zu qualifizieren sein. Insbesondere, wenn die Konzernumlage in mehreren Jahren nicht kostendeckend und darüber hinaus auch keine Überprüfung der Angemessenheit vorgesehen ist, kann eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen werden.
  • Verfassungswidrigkeit des Zinssatzes vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden (Beschluss des Ersten Senats vom 08.07.2021 – 1 BvR 2237/14): 233a der Abgabenordnung ist mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar, soweit der Zinsberechnung für Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2014 von 0,5% pro Monat zugrunde gelegt werden. Allerdings ist das bisherige Recht für bis einschließlich in das Jahr 2018 fallende Verzinsungszeiträume weiter anwendbar. Nur für Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2019 ist der Gesetzgeber verpflichtet eine verfassungsgemäße Neuregelung zu treffen. Bis auf Weiteres dürfen die Regelung für diesen Verzinsungszeitraum mithin nicht mehr angewendet werden. Betroffen von der Anwendungssperre sind jedoch nur noch nicht bestandskräftige beziehungsweise rechtskräftig abgeschlossene Zinsfestsetzungen. Stundungszinsen (§ 234 AO), Hinterziehungszinsen (§ 235 AO) und Aussetzungszinsen (§ 237 AO) sind ausdrücklich vom Beschluss des BVerfG ausgenommen und müssen daher weiter erhoben werden.

 

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